Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
schöner Sommertag«, sagte sie, »ich hatte Lust zu reiten. Und natürlich... wollte ich auch gern zu Ihnen.« Dies letzte kam nur mit leiser Stimme, denn noch während sie sprach, schien es Joanna ein wenig übertrieben. So hatte sie noch nie mit Edward geredet, und vielleicht sollte sie nicht gleich ganz so verändert wirken.
Aber Edward wurde nicht mißtrauisch. Er hörte zum erstenmal, was er immer hatte hören wollen, und er hätte sich in seinem Glück keinen einzigen Zweifel erlaubt.
»Das freut mich«, erwiderte er, während seine Augen die von Joanna suchten, »wirklich, ich bin glücklich, daß Sie das sagen.«
Sie standen einander etwas verlegen gegenüber, bis aus einem Nebenzimmer die Stimme der alten Lady Gallimore ertönte.
»Haben wir Besuch?« fragte sie. Edward schrak zusammen.
»Joanna Sheridy ist gekommen«, antwortete er. Sie betraten nebeneinander den Salon, in dem Lady Gallimore gerade einen Strauß Rosen in eine Vase stellte. Sie war seit zwölf Jahren Witwe, eine liebenswürdige, weißhaarige Frau mit festgefügten Moralvorstellungen und ohne die geringste Falschheit. Sie mochte Joanna.
»Wie geht es Ihrer Mutter?« erkundigte sie sich gleich.
»Im Sommer geht es ihr recht gut«, erwiderte Joanna, »aber sie fürchtet sich vor dem Herbst.«
»Ach, das ist bei mir auch so. Diese Feuchtigkeit läßt einen jeden Knochen im Leib spüren!« Sie lächelte dabei und fügte dann herzlich hinzu: »Doch die liebe Lady Sheridy kann sehr glücklich sein über eine so verständige und reizende Tochter. Das muß doch vieles leichter für sie machen. Und ich freue mich auch, daß Sie heute zu uns gekommen sind.«
Sie tauschten noch ein paar höfliche Bemerkungen, dann fing Lady Gallimore die beschwörenden Blicke ihres Sohnes auf. Sie lächelte verständnisvoll.
»Ich werde jetzt mit der Köchin das Dinner besprechen«, sagte sie. »Sie bleiben doch zum Essen, nicht wahr, Miss Sheridy? «
»Vielen Dank, gern.«
Lady Gallimore verließ den Raum und schloß diskret die Tür hinter sich.
Joanna wurde sofort nervös, wie stets, wenn sie mit Edward allein war. Mühsam zwang sie sich zur Ruhe.
»Setzen Sie sich doch«, sagte Edward. Joanna nahm auf der äußersten Kante eines Sessels Platz. Sie schloß ihre beiden Hände fest ineinander, was Edward nicht entging. Er beobachtete sie fasziniert, denn so wie heute hatte er sie nie erlebt. Ihre Augen glänzten, um ihren Mund lag ein angespannter Zug, und sie schien sich in unmittelbarer Fluchtbereitschaft zu befinden. Irgend etwas mußte geschehen sein, vermutlich schon am vorigen
Abend, als sie vollkommen verstört das Hochzeitsfest verlassen hatte. Unter allen Umständen wollte Edward die Wahrheit herausfinden.
»Ich hoffe, Sie haben sich ein wenig beruhigt«, begann er vorsichtig. Joanna, dankbar, daß er die Stille unterbrach, reagierte sofort.
»Ich fürchte, ich habe mich ziemlich unmöglich benommen gestern«, sagte sie entschuldigend, »es tut mir leid.«
»Aber das muß Ihnen doch nicht leid tun. Wer weiß denn, was Ihnen Schreckliches widerfahren ist...« Er sah sie abwartend an.
»Nun... um ehrlich zu sein, es hing mit Elizabeth zusammen... Ich hatte Streit mit ihr, weil — na ja, Sie wissen vielleicht, daß ich ihr Zusammenleben mit John Carmody nie gebilligt habe.«
»Ich auch nicht«, stimmte Edward zu, »ich konnte nie verstehen, warum sie sich zu diesem Taugenichts hingezogen fühlt!«
»Nun ja«, sagte Joanna, »vielleicht besitzt er einige gute Eigenschaften, die wir nicht kennen, aber dennoch machte ich mir in der letzten Zeit große Sorgen um Elizabeth. Ich führte deshalb gestern ein langes Gespräch mit ihr, aber ohne Erfolg. Sie ist heute früh zurück zu ihm nach London gefahren.«
»Das tut mir leid für sie.«
»Ja, und in diesem aufgeregten Zustand wußte ich gar nicht mehr genau, was ich tat. Ich wollte nur nach Hause.«
»Ich verstehe Sie, Joanna. Ich habe Sie immer, in jeder Regung, verstanden.«
Joanna rutschte hin und her.
»Könnten wir vielleicht ein Fenster öffnen?« bat sie. »Es ist so warm hier!«
»Natürlich.« Edward sprang auf und öffnete das große Flügelfenster zum Park. Sonnenwarme Seeluft flutete in den Raum. Joanna atmete etwas leichter.
»Es stimmt, Sie haben mich immer verstanden«, fuhr sie fort, »und ich glaube, ich habe es Ihnen wenig gedankt.«
Edward lächelte.
»In Ihrer Nähe sein zu dürfen war fast schon mehr, als ich verdiene.
« Er lächelte, und Joanna überlegte, ob ihre
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