Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
wurde. Als Lady Macbeth sollte sie ihr Publikum in die Knie sinken lassen, weshalb Belinda schon manches Mal überlegt hatte, daß sie sie auch einmal sehen sollte, um nicht immer unwissend daneben zu stehen, wenn andere schwärmten.
»Drei Karten gleich?« fragte sie. »Das ist ziemlich teuer!«
»Ja, sie wollte so gern mit Seiner Lordschaft und noch einer Freundin dorthin gehen, aber nun ist das nicht möglich. Mylady hat schon hin und her überlegt, was sie tun solle, und heute früh rief sie mich zu sich und sagte: Samantha, wenn Seine Lordschaft und ich nicht gehen können, so ist das kein Grund, daß niemand geht. Gleich nachher bringst du die Karten zu meiner lieben Freundin Lady Darking und sagst ihr, sie soll sich einen schönen Abend in Covent Garden machen. Und sie soll den Earl und die Countess Locksley mitnehmen. Das hat sie zu mir gesagt, Mylady! «
»Das ist aber wirklich eine Überraschung!«
Belinda fühlte sich sehr geschmeichelt. Seltsam, sie hatte immer den Eindruck gehabt, Lady Stanford könne sie nicht besonders gut leiden, aber offenbar war das reine Einbildung gewesen.
»Das ist aber sehr reizend von Lady Stanford«, erklärte sie. »Sage ihr meinen aufrichtigen Dank, sobald du auch in Northumberland bist. Ich werde ihr noch einen Brief schreiben.«
»Das wird sie freuen. Hier, Mylady«, Samantha kramte in den schmutzigen Taschen ihres Kleides und reichte Belinda drei etwas zerknäulte Karten, »vergessen Sie nicht: am Freitag! Und der Earl und die Countess sollen mitkommen. Ich kann ihnen die Karten nun nicht mehr selbst bringen, weil ich gleich nach Northumberland aufbrechen muß.«
»Schon gut, ich werde sie ihnen geben. Das ist für dich!« Belinda drückte Samantha ein paar Farthings in die Hand, und die Zofe dankte ihr erfreut.
»Danke schön, Mylady, vielen Dank. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!«
Sie verschwand durch die Haustür, die Florence ihr öffnete. Belinda lächelte.
»Wie nett Lady Stanford doch ist«, meinte sie. Florence nickte.
»Es ist gut für Sie, wieder einmal unter Menschen zu kommen, Mylady. Und vielleicht auch neue Männer kennenzulernen, meinen Sie nicht?«
»Das geht zu weit«, verwies Belinda sie kühl, »sei nicht so vorlaut, Florence. Ich bin seit drei Monaten Witwe! So, ich werde jetzt frühstücken. Bring mir das Essen hinauf in mein Schlafzimmer! «
Am Nachmittag begab sich Belinda in die Fleet Street zu Elizabeth. Sie fand es außerordentlich günstig, daß Lady Stanford auch den Earl und seine Frau eingeladen hatte, denn so ergab sich an dem Abend für sie vielleicht eine Gelegenheit, mehr über Elizabeths Vergangenheit in den letzten fünf Jahren herauszufinden.
Es gab da so manches, was sie brennend interessierte, was aus John geworden war natürlich, aber auch, wie sie es geschafft hatte, Andrew zu heiraten. Und der Abend am Strand, als sie Zeugin des Gespräches zwischen Elizabeth und Joanna geworden war — zwar meinte sie sicher, irgend etwas falsch verstanden zu haben, war doch nur zwei Tage später die Verlobung Edward Gallimores mit Joanna bekanntgegeben worden, aber man hätte doch zu gerne Gewißheit. Joanna zu fragen, würde sie nie wagen, aber vielleicht hätte sie bei Elizabeth den Mut.
Im Haus des Earl platzte sie mitten in eine lebhafte Unterhaltung zwischen Andrew, Elizabeth, Edward und Joanna hinein. Sie saßen in der Bibliothek vor dem Kamin und unterhielten sich über Bonaparte und seinen sensationellen Sieg in der Schlacht von Austerlitz über österreichisch-russische Truppen im Dezember. Die Preußen, die sich aus dem Kampf fast völlig herausgehalten hatten, sollten von Frankreich zu einem französischpreußischen Bündnis gezwungen werden und dabei Hannover
erhalten. In England wartete man gespannt auf die Unterzeichnung des Vertrages, denn wenn Preußen tatsächlich Hannover ir Besitz nahm, wäre England gezwungen, militärisch gegen die Preußen vorzugehen, und es gab viele, die meinten, dies sei es genau, was Bonaparte habe erreichen wollen.
»Ah, ich kann diesen Namen einfach nicht mehr hören«, sagte Elizabeth, »dieser schreckliche Mann wird noch die ganze Welt durcheinanderbringen. Ich hasse ihn!«
»Lady Darking«, meldete das Hausmädchen, und eine in kostbare Pelze gehüllte Belinda betrat den Raum, eine Wolke vor Kälte und Schneegeruch mit sich bringend.
»Ich störe wohl gerade?« fragte sie bescheiden.
»Aber nein, ganz im Gegenteil, Lady Darking«, versicherte Andrew
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