Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
John Carmody die Schlagzeilen der Zeitungen und die Gesprächsrunden in den Salons erfüllte. Zwei Dinge bewegten die Gemüter am hitzigsten: der zur Unkenntlichkeit zusammengeschossene Soldat, den man in seinem Blut schwimmend vor den weit offenen Fenstern des Hauses gefunden hatte, und der Earl, den seit jener Nacht niemand mehr gesehen hatte und
von dem es hieß, er lebe abgeschieden von aller Welt in seinem Schloß in Devon. Was den toten Soldaten betraf, so glaubte jeder, John habe ihn erschossen, denn das war es genau, was man ihm zutraute, und Joanna, die einzige Zeugin des Geschehens, sagte nie etwas anderes, um Elizabeth in einem letzten Freundschaftsdienst vor dieser Schuld zu schützen und den Namen ihrer eigenen Familie von dem Geruch von Blut und Mord freizuhalten. Aber sie haßte Elizabeth Earl Locksleys wegen. Wenn Elizabeth an nichts sonst, nicht an Joanna, nicht an Harriet, nicht an ihrer Vergangenheit in Heron Hall schuldig geworden war, ihr Verhalten Andrew gegenüber war ihre Sünde, und davon würde niemand sie jemals freisprechen können.
    Harriet natürlich, die selten in die Tiefe blickte, stellte solche Überlegungen nicht an, sondern bemerkte nur, daß ihre Familie wieder einmal durch den Schmutz des ganzen Landes gezogen wurde, wie seinerzeit bei Cynthias Skandal, bloß daß sie diesmal, dank Joannas geschickter Heirat mit Edward Gallimore, genug Geld besaßen, um sich dahinter zu verstecken und den Sturm über sich hinwegbrausen zu lassen.
    Da Harriet es nach Phillips Tod ohnehin aufgegeben hatte, jemals wieder eine Rolle in der Gesellschaft spielen zu wollen, konnte sie Hohn und Verachtung ihrer Umwelt fast besser und weniger jammernd ertragen als ihre Gelenkschmerzen und nächtlichen Schwindelanfälle. Was sie in die Verzweiflung trieb, waren Georges Fortgehen und schließlich Joannas Ankündigung, dies auch zu tun.
    Es war zunächst Edward gewesen, der die Familie eines Morgens mit der Nachricht überraschte, er wolle nach Brüssel gehen und er wisse noch nicht genau, wann er zurückkomme. Harriet, deren Gedanken ständig an der Seite ihres Sohnes George weilten, der mit Wellingtons Armee gerade bei Brüssel stand, schrak sofort zusammen.
    »Edward, Sie doch nicht auch noch!« rief sie entsetzt. »Reicht es nicht, wenn einer der Familie dort bereitsteht, England mit seinem Blut zu verteidigen und...«
    »Im Augenblick will ja niemand England angreifen, und
George hilft nur, diesen dreisten Bonaparte in seine Grenzen zurückzuweisen«, unterbrach Joanna. »Aber wirklich, Edward, ich verstehe dich auch nicht! Du bist Leutnant bei der Navy gewesen, warum möchtest du ...?«
    »Ich gehe nicht als Soldat nach Brüssel«, entgegnete Edward, »aber halb England ist jetzt dort versammelt, und ganz Europa schaut auf diese Stadt. Ich möchte nur dabeisein.«
    »Was reizt dich denn daran?« fragte Lady Cecily nervös. »Es wird dort zu einem fürchterlichen, blutigen Zusammenstoß zwischen dem französischen Heer und den Armeen der Verbündeten kommen, und ich hätte nie gedacht, daß es dich verlocken könnte, Augenzeuge eines Gemetzels zu sein!«
    »Denken Sie nur an Trafalgar«, mischte sich Harriet erneut ein, »bis heute können Sie diese Bilder nicht vergessen!«
    »Ich denke ja an Trafalgar. Eben deshalb werde ich nach Brüssel gehen. Ich habe überhaupt nichts mehr zu verlieren. Und jetzt entschuldigt mich bitte.« Edward stand brüsk auf, warf seine Serviette auf den Tisch und verließ das Zimmer. Alle starrten ihm nach.
    »Das ist doch nicht zu glauben«, sagte Harriet verwirrt. »Was hat er denn nur?«
    Joannas Augen waren schmal und zornig geworden.
    »Irgendwann«, murmelte sie, »verliere ich die Geduld!«
    Sie erhob sich ebenfalls und folgte Edward hinaus. Sie erreichte ihn in der Halle, wo er auf der untersten Stufe der Treppe stand und mit düsterem Blick eine steinerne Vase neben sich anstarrte.
    »Weißt du«, sagte Joanna zu ihm, »ganz allmählich komme ich dahinter, was du mit deinem Benehmen wirklich bezweckst! «
    »So? Was denn?« Edward drehte sich langsam um und sah Joanna sehr blaß und sehr schmal im Zwielicht der Halle stehen und ihn so böse anblicken wie schon lange nicht mehr.
    »Ich glaube, du verfolgst ganz einfach nur einen ausgeklügelten Racheplan«, erwiderte sie, »du rächst dich an mir, indem du leidest. Du weißt genau, daß ich dir gegenüber ein so schlechtes
Gewissen habe, daß ich mir inzwischen auch schon Qualen, die ich gar nicht verursacht habe,

Weitere Kostenlose Bücher