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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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seine alte Macht wiederherzustellen, zu verzichten.
    Als Edward, Joanna, Belindas und Sir Wilkins eintrafen, war das Fest schon in vollem Gange. Es herrschte eine aufgeputschte, etwas zu hektische Fröhlichkeit, die die Ankommenden sogleich in ihren Bann schlug. Belinda bekam glänzende Augen.
    »Ist es nicht wunderhübsch hier?« fragte sie, während sie ihren schwarzen Samtmantel hinabgleiten ließ und ihre etwas zu fetten Schultern enthüllte. »Benjamin, du mußt mir sofort General Wellington zeigen. Ich brenne darauf, ihn kennenzulernen! «
    »Dort drüben steht er. Neben der Herzogin von Richmond!« Wilkins wies auf einen hochgewachsenen Herrn in Uniform, der ein ungeleertes Sektglas in der Hand hielt und mit verbindlichem Lächeln einer eleganten Dame zuhörte, die zu ihm sprach. Joanna fiel sein schmales, gutgeformtes Gesicht auf, dessen wacher, konzentrierter Ausdruck sie beeindruckte. Wellington galt
als ernst, ehrgeizig und vollkommen beherrscht, und Joanna begriff, daß alle diese Attribute tatsächlich auf ihn zutrafen.
    Ganz sicher ein harter Gegner für Boney, dachte sie bei sich. Nachdem sie von der Herzogin begrüßt worden waren und ein paar Worte mit Wellington geplaudert hatten, wollte Belinda tanzen. Sie und Sir Wilkins verschwanden, während sich Edward unschlüssig umschaute.
    »Möchtest du vielleicht auch tanzen?« fragte Joanna. Edward sah sie lustlos an.
    »Nein... ich glaube nicht.«
    »Wollen wir etwas essen? Oder trinken?«
    »Nein.«
    »Was möchtest du dann tun? Hier stehenbleiben und finster vor dich hin gucken?«
    »Ich wollte nicht kommen.«
    »Vielleicht«, sagte Joanna wütend, »hättest du es dann auch besser nicht tun sollen, anstatt mir den Abend auch noch zu verderben!«
    Edward zuckte mit den Schultern.
    »Es war dein Einfall, mich nach Brüssel zu begleiten.«
    »Und du tust alles, damit ich schnell wieder abreise. Mein Gott, laß dich nicht so gehen! Von den Soldaten hier ist in ein paar Tagen vielleicht schon die Hälfte tot, das ist schlimm, und darüber könntest du dich grämen und nicht immer nur an dich denken!« Sie drehte sich um, ließ Edward einfach stehen und ging davon. Sie war sehr zornig, obwohl bereits wieder Reuegefühle in ihr aufstiegen. Immer nahm sie sich vor, geduldig mit ihm zu sein, aber dann wieder konnte sie seine Hingabe an seine Wehmut einfach nicht ertragen. Bestimmt jedenfalls nicht an einem Abend wie diesem. Von ihrer Zofe hatte sie bereits am späten Nachmittag gehört, daß Bonaparte in Belgien eingefallen war, und seither quälten sie mehr als zuvor Angst und Traurigkeit. Sie fragte sich, ob den anderen Leuten der Anblick der tanzenden Soldaten auch so ins Herz schnitt wie ihr. Viele waren noch ganz jung, sie lachten übermütig, schwenkten schöne Mädchen im Kreis und flirteten voll ungestümer Lebenslust.

    So viele werden sterben, dachte Joanna, selbst wenn wir siegen. Ach, warum muß es so wahnsinnige Eroberer geben, die nur Unheil über die Menschen bringen?
    Immer dann, wenn sie wieder an einer Gruppe von Gästen vorbeikam und ein paar lustige, spöttische Bemerkungen über die bevorstehende Schlacht aufschnappte, krampfte sich etwas in ihr zusammen.
    »Wie viele Soldaten führt Boney nach Belgien?« erkundigte sich eine reich geschmückte Dame lachend bei ihrem Begleiter. »126 000? Du lieber Himmel, glaubt er etwa, das hier würde ein lustiges kleines Nachlaufspiel?«
    »Wahrscheinlich — nur leider werden er und die Franzosen es sein, die laufen!«
    Alle lachten. Joanna biß die Zähne aufeinander. So einfach würde das nicht werden. Bonaparte war am Ende, aber er war nicht umsonst jahrelang einer der größten Eroberer der Geschichte gewesen. Joanna glaubte nicht an einen leichten Sieg. Sie lief durch alle Räume und sah sich dabei sehr genau um. Sie hoffte, ihren Bruder George zu entdecken, den sie in den Tagen vorher noch nicht hatte ausfindig machen können. Sie nahm an, daß er ebenfalls zu diesem Fest eingeladen worden war, und malte sich gerade sein überraschtes Gesicht aus, das er machen würde, wenn ihm plötzlich seine Schwester gegenüberstand, als sie abrupt stehenblieb, weil jemand ihren Namen rief.
    Sie wandte sich um und erstarrte beinahe. Hinter ihr stand Andrew.
    Einen Moment blickten sie einander stumm an, als wollten sie sich vergewissern, daß der andere der war, für den sie ihn hielten. Endlich faßte sich Joanna und reichte Andrew ihre Hand.
    »Earl Locksley«, sagte sie lächelnd, »verzeihen Sie bitte

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