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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Angriff und hat deshalb Wellington um Verstärkung gebeten.«
    Joanna schwirrte der Kopf von so vielen Auskünften.
    »Und wo ist Napoleon selbst?«
    »Der zieht mit Grouchy nach Sombreffe. Blücher ist glücklicherweise auf ihn vorbereitet, denn heute früh ist einer der französischen
Generäle auf unsere Seite gewechselt und hat alle Pläne verraten. Blücher erwartet die Franzosen in Ligny.«
    »Elizabeth«, murmelte Joanna.
    »Das klingt ja furchtbar!« rief Belinda, »mein armer Benjamin !«
    »Versteht ihr, was Boney vorhat?« fragte George eindringlich. »Er muß unter allen Umständen versuchen, Blücher und die Preußen von uns abzuschneiden. Quatre Bras liegt zwischen Brüssel und Ligny. Wenn er das hat, könnte er eine Verbindung vielleicht verhindern oder wenigstens verzögern.«
    Die beiden Frauen blickten ihn voller Schrecken an. George seufzte. Er nahm Joannas Hände.
    »Ich muß auch gehen, Joanna«, sagte er leise. Joanna schrak zusammen.
    »Nein, geh nicht!« rief sie. »Ich bitte dich, geh nicht! Du bist mein einziger Bruder, dir darf nichts geschehen!«
    »Ich muß aber gehen.«
    »Nein, du mußt nicht! Niemand kann von dir verlangen, daß du dich einfach totschießen läßt! Laß uns doch weglaufen!«
    »Sei vernünftig, Joanna!« Er blickte sie bittend an, und sie vergrub schluchzend ihr Gesicht in den Händen.
    »Es war so kurz«, flüsterte sie, »es waren nur die wenigen Stunden hier. George, ich war nie wie eine Schwester zu dir. Du bist soviel jünger als ich, und nie habe ich dich richtig beachtet. Ich habe tatsächlich erst heute abend bemerkt, daß ich einen Bruder habe!«
    Sie versuchte ihre Tränen fortzuwischen, aber es wollte ihr kaum gelingen. George küßte sanft ihre Stirn.
    »Aber was redest du?« fragte er zärtlich. »Nach der Schlacht kehre ich doch zurück. Du tust so, als sei ich bereits tot!«
    »Es tut mir leid. Natürlich sehen wir uns bald wieder.«
    Sie ließ seine Hand los, und er trat zu Peter und zog ihn von seinem Sofa.
    »Wie konntest du soviel trinken!« tadelte er. »Komm mit, wir reiten nach Braine-le-Comte, und da steckst du deinen Kopf in einen Eimer mit kaltem Wasser.«

    »Du kannst ihn in diesem Zustand nicht mitnehmen!« rief Joanna, aber George schüttelte den Kopf.
    »Er muß mit. Aber ich bringe ihn schon wieder auf die Beine!« Die beiden Männer bahnten sich einen Weg zur Tür, George mit festen Schritten, Peter leicht schwankend. Joanna schossen schon wieder die Tränen in die Augen.
    »Ich muß jetzt Edward suchen«, sagte sie schnell, aber Belinda schrie auf und klammerte sich an ihr fest.
    »Nein, nein, Joanna, geh nicht weg von mir! Ich habe solche Angst um Benjamin, ich halte es einfach nicht aus! Joanna, ich bin schon einmal Witwe geworden...«
    »Dann komm in Gottes Namen mit. Ich will ja auch nichts weiter als Edward suchen!«
    Die beiden Frauen eilten zur Tür. Draußen im Gang sahen sie die Ordonnanzen der Offiziere in höchster Aufregung herumeilen. Sie gaben Befehle weiter, flüsterten miteinander, rannten Treppen hinauf und hinunter. Gegen die unverhohlene Spannung und überwache Erregung, wie sie in dem kühlen, nur von wenigen Kerzen erhellten Treppenhaus herrschten, wirkten Musik, Lichterglanz, Gelächter und der durch die Türen erkennbare Anblick bunter Kleider von vorübertanzenden Frauen nur noch wie eine aufgesetzte, verzweifelte Komödie.
    »Hier draußen ist Edward nicht«, sagte Joanna, sich unruhig umblickend, »aber im Saal habe ich ihn auch schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Warum regst du dich seinetwegen denn so auf?« fragte Belinda weinerlich. »Er ist doch gar nicht als Soldat hier, da kann ihm auch nichts zustoßen!«
    »Dennoch... ich will ihn eben finden!« Joanna mochte Belinda ihre Sorgen nicht verraten. Sie traute Edward jede nur denkbare unüberlegte Tat zu. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, wozu ihn dieser Abend bewegen mochte.
    Sie wollten wieder in den Saal zurück, als sie in der Tür fast mit Andrew zusammenstießen, der gerade herauskam. Belinda vergaß vor lauter Erstaunen über seinen Anblick fast ihren Kummer.

    »Ach«, sagte sie mit weit aufgerissenen Augen, »Euer Gnaden sind auch hier? Nein, so etwas! Sie einmal wiederzusehen! Erinnern Sie sich denn nicht mehr an mich? Nun bin ich aber wirklich sehr erstaunt. Daß Sie sich noch einmal in der Öffentlichkeit blicken lassen würden —wer hätte das gedacht? Ich glaubte, Sie würden sich für alle Zeiten in Ihrem Schloß vergraben... nach dem

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