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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gleichgültig sein! Natürlich gab es für sie keinen Zweifel über das Ziel ihrer Reise. Es gab nur einen einzigen Ort, der ihr Schutz gewährte, und nur einen einzigen Menschen, nach dem es sie verlangte. Sie wollte zu John nach Blackhill.

    Schließlich wußte sie seit dem Winter, daß er zurück war aus Frankreich und auf dem Landsitz seines Vaters lebte, und sie weigerte sich daran zu denken, er könne inzwischen wieder fort sein. In ihren Träumen stand er zwischen den uralten Linden auf der Auffahrt zu Blackhill und wartete mit der gleichen Sehnsucht auf sie, mit der es sie selbst zu ihm zog. Für sie verkörperte er die Welt, die jenseits des Lebens lag, das zu führen sie jetzt gezwungen war, er war das Gegenteil von Demütigung, Angst und Einsamkeit. Ein wohliger Schauder überkam sie allein bei der Vorstellung, wie Miss Brande und ihre ganze Wichtigtuerei durch einen einzigen lachenden Blick aus seinen Augen zu einem kläglichen Nichts zerschmelzen würden. Er konnte Elizabeths Dasein die verzweifelte Unwirklichkeit nehmen, und wenn sie zurückgehen mußte, so würde sie es gestärkt tun.
    Am nächsten Tag war aus Elizabeths Plan ein fester Entschluß geworden, und sie zögerte nun nicht mehr, ihn in die Wirklichkeit umzusetzen. In den Mittagsstunden, als alle anderen im Garten herumspazierten oder faul im Gras lagen, eilte sie selbst hinauf in den Schlafsaal, packte ein schönes blaues Kleid in eine Tasche, suchte alles Geld zusammen, das sie besaß, zog feste Schuhe an, stülpte einen riesigen Strohhut, mit Rosen verziert, auf den Kopf und war bereits reisefertig. Sie konnte keine Vorräte mitnehmen, denn in der Küche hielt sich immer jemand auf und hätte sicher unangenehme Fragen gestellt. Länger als vier Tage, so dachte sie, würde die Reise ohnehin nicht dauern, und sie könnte sich hin und wieder etwas zu essen kaufen. Es schadete sowieso nichts, wenn sie ein bißchen schlanker bei John eintraf.
    Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel, als Elizabeth aufbrach. Niemand hatte ihr Fortgehen bemerkt, aber um ganz sicher zu sein, nahm sie nicht den direkten Weg nach Cambridge, sondern marschierte querfeldein an einem Bach entlang, von dem sie wußte, daß er kurz vor den Stadttoren in die Cam mündete. Hier standen viele Bäume, so daß sie zumindest im Schatten gehen konnte, und ab und zu nahm sie einen großen Schluck Wasser aus dem Bach. Es war fürchterlich heiß an diesem Augusttag, schon bald klebten die Kleider am Körper, die
Schuhe drückten, die Stirn wurde naß vor Schweiß. Elizabeth, die sich noch wenige Stunden zuvor über das günstige Wetter für ihre Reise gefreut hatte, sehnte sich nun nach einem kühlen Herbsttag. Doch sie biß die Zähne zusammen und verbot sich das Jammern. Es war nicht mehr weit bis Cambridge, dort konnte sie dann eine Kutsche nehmen, und alles würde bequemer sein. Wie gut, daß sie Geld besaß.
    In Cambridge war gerade Markt. Entlang den Gassen waren die Stände aufgebaut, hinter denen die Besitzer laut schreiend ihre Waren anpriesen. Dazwischen drängelten sich Scharen von Leuten, hungrige Studenten mit bleichen Gesichtern, dicke Bauern und keifende Frauen, die sich um die verlockendsten Angebote stritten. Elizabeth kämpfte sich durch die Menge, stolperte über Hühnerkäfige, Blumenkörbe und Kisten mit buntem Obst und widerstand tapfer dem verführerischen Duft von Backwaren, geräuchertem Schinken und gebratenen Würstchen rechts und links ihres Weges. Sie durfte nicht trödeln, sondern mußte den Platz finden, von dem die Postkutschen in die verschiedenen Richtungen losfuhren, und dann versuchen, eine Fahrt nach London zu bekommen. In wenigen Tagen konnte sie die Hauptstadt erreicht haben, dann wollte sie weitersehen. Sie fragte schließlich eine ältere Frau, die ihr freundlich und eifrig den Weg beschrieb. Elizabeth gelangte so tatsächlich zu dem alten Wirtshaus am Stadtrand, dem Sammelplatz der Kutschen. Hier ging es ebenso lebhaft zu wie in den Straßen, überall standen Kutschen herum, einfache, ungefederte Wagen oder elegante Gefährte mit gepolsterten Sitzen. Manche Pferde tänzelten nervös, weil das Geschrei und die vielen Menschen sie erschreckten. Die Kutscher thronten auf den Kutschböcken und schrien mit sich überschlagenden Stimmen die Zielorte ihrer Wagen in die Menge, andere schwenkten Holzschilder, auf die sie mit Kreide »Ely« oder »York« geschrieben hatten. Reisende mit großen Taschen hasteten über den Platz, und jeder von

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