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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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etwas Schwarzes zum Anziehen. Man weint, und es tut weh im Innern. Aber alles andere ist nicht wahr. Und wenn sie im Fernsehen eine Sondersendung zeigen, dann passiert es in Kuwait oder in Amerika, bei uns wird höchstens mal ein Kind von einem Sandhaufen verschüttet. Reality-TV. Und im Kopf ein Knäuel Fragen. Er war ein so guter Fahrer, wie konnte das passieren? Überhöhte Geschwindigkeit, er wäre nicht gerast bei diesem Wolkenbruch und dem Sturm. Wer ist schuld daran? Irgendeiner muß schuld daran sein. Dann fuhren sie endlich los. Ich fror, weil ich vergessen hatte, mir den Mantel anzuziehen, und nur einen Rock und eine dünne Bluse trug. Ich schaute Vaters Wagen nach, hörte diesen Satz wie ein Echo.
    »Wenn da mal keiner nachgeholfen hat.«
    Es waren Eisstückchen im Kopf und im Bauch. Es war wie Schwindel, schwankte von dem, was ich glauben wollte, zu dem, was ich in unzähligen Filmen gesehen hatte. Im Geist sah ich Ullis Wagen auf einem Parkplatz bei einer Kneipe stehen oder irgendwo am Straßenrand. Alles war dunkel. Und neben dem Wagen lag jemand auf dem Boden, mit dem Oberkörper unter dem Renault. Ein paar Schrauben gelöst, einen Schlauch durchgeschnitten. Mir wurde übel. Und als ich mich wieder zum Haus umdrehte, sah ich den roten Kadett. Er kam aus der entgegengesetzten Richtung die Straße hinunter, fuhr sehr langsam. Im ersten Augenblick war ich steif, sah den Typ in der Windjacke noch einmal vor der Haustür stehen, den Finger auf unserem Klingelknopf. Ich hörte Ulli reden von einem, der sich nur vergewissern will, ob jemand zu Hause ist. Vielleicht war der Typ gar nicht weggefahren, oder nicht weit. Hatte sich mit seinem Kadett auf die Lauer gelegt. Zuerst bei uns angerufen und Ulli veranlaßt, die Wohnung zu verlassen. Er war ihm bis zur Klause gefolgt, und … In dem Moment dachte ich, er könnte Ullis Mörder sein. Er war der einzige, von dem ich mit Sicherheit wußte, daß er etwas von Ulli gewollt hatte. Etwas, das Ulli nicht wollte. Ich wollte ins Haus rennen und kam nicht vom Fleck. Vielleicht wollte ich auch gar nicht. Ich fragte mich, was Ulli in der Situation getan hätte. Er wäre stehengeblieben natürlich, hätte sich keinen hirnrissigen Phantasien hingegeben, sich Gewißheit verschafft. Den Typ zur Rede gestellt. Und Ulli hätte erfahren, was gespielt wurde. Ulli hätte nur ein paar Sekunden gebraucht, um zu wissen, es war eine harmlose Sache, eine normale, alltägliche Angelegenheit. Es war mir immer wichtig gewesen, zu denken wie Ulli. Ich mußte wenigstens versuchen, auch einmal so zu handeln. Herausfinden, wer der Typ war. Warum er bei uns geklingelt, ob er es, auf welche Weise auch immer, zu verantworten hatte, daß der eine Polizist zu mir sagte:
    »Ihr Mann hatte einen Unfall. Wir müssen Sie bitten …«
    Um was sie mich gebeten hatten, wußte ich nicht. Ich wußte gar nichts mehr, ich stand nur stocksteif auf einem Fleck und schaute dem Kadett entgegen. Er wurde noch langsamer, setzte den Blinker, scherte direkt vor mir ein und fuhr auf Ullis Parkplatz. Als der Typ ausstieg, brach mein Herz mir mit seinen Schlägen beinahe die Rippen. Ich hatte Angst, aber nicht lange. Es war so ähnlich wie am Abend vorher. Auf den zweiten Blick war er mir sympathisch. Und ich dachte, daß mein Vater sich gerne wichtig machte und mir mit seiner Bemerkung nur einen Floh ins Ohr gesetzt hatte. Wenn die Polizei sagte, es sei ein Unfall gewesen. Die hatten doch sicher alles untersucht. Er sah aus wie ein Wehrdienstverweigerer, friedlich, gutmütig und lustig. Ein großer Junge, der immer lieb und nett ist, damit ihn alle mögen. Der nicht weiß, was Sorgen sind. Der gerne in Discos geht und keinen Wert auf tolle Anzüge und teure Schuhe legt. Gleiche Windjacke, gleiche Hose, selbstverständlich trug er auch dieselben Schuhe und einen spitzbübischen Ausdruck auf dem Gesicht, der ihn harmlos machte. Er sah genauso aus, wie seine Stimme klang. Sanft, mit diesem verhaltenen Grinsen, das er nie völlig unterdrücken konnte. Der Sunnyboy, wo er auftaucht, ist Lachen. Er sah bestimmt nicht so aus, als wollte er über mich herfallen. Er kam auf mich zu, nachdem er den Wagen verschlossen hatte. Und daß er ihn sorgfältig verschloß, zeigte, daß er ein zuverlässiger Mensch war. Er wedelte sein Schlüsselbund in der rechten Hand, lachte mich an, als wären wir gute, alte Bekannte, und stellte fest:
    »Herr Meuser ist wohl gar nicht mehr heimgekommen, was?«

    »Doch«, sagte ich,
    »ist er. Aber

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