Verbrannte Träume.
andeutungsweise sagen könnte, was denn so dringend sei.
»Es geht um einen Typ namens Assenmacher«, sagte ich.
»Und wer ist das?«
fragte Marcia.
»Weiß ich nicht genau«, antwortete ich.
»Ulli weiß es auch nicht. Aber Rene Link kennt Assenmacher. Er muß ihn kennen, er hat ihn zu Ulli geschickt.«
»Ach so«, sagte Marcia. Dann versprach sie:
»Ich sage ihm Bescheid, wenn er kommt. Er meldet sich dann bestimmt bei dir. Vielleicht kommt er sogar heute noch, wir haben ja bis drei geöffnet. Wo bist du denn zu erreichen?«
Ich gab ihr die Telefonnummer durch. Aber ich hatte kaum die Vorwahl genannt, da stutzte Marcia bereits.
»Das ist doch Ullis Nummer. Die kenne ich. Rene kennt sie garantiert auch.«
Ich bedankte mich im voraus bei ihr. Dann ging ich ins Bett. Das Telefon nahm ich mit, um Rene Links Anruf nicht zu verpassen. Aber es kam kein Anruf, weder von Rene Link noch von sonst jemanden. In der Nacht nicht, den ganzen Sonntag wartete ich auch vergebens. Nicht ein einziges Mal klingelte das Telefon. Auch kein
»Falsch verbunden«, bei dem ohne ein Wort wieder aufgelegt wurde. So wie es samstags zweimal der Fall gewesen war. Normalerweise machte es mich nervös, wenn ich auf etwas warten mußte. In dem Fall war es anders. Es passierte nichts. Ich hatte bereits zwei Leuten den Köder serviert, und kein Fisch biß an. Kein komischer Anruf, niemand an der Haustür, alles ruhig und friedlich. Und dann: Zwei Whisky! Bei einem Mann, der normalerweise keinen Alkohol trank! Als ich am späten Sonntag abend ins Bett ging, war ich überzeugt, daß es gar nichts anderes gewesen sein konnte als ein Unfall. Daß es manchmal etwas länger dauert, ehe eine Botschaft ihr Ziel erreicht. Daß auch ein Mann, der gewohnt ist, eiskalt zu planen und schnell zu handeln, in gewissen Situationen überlegen muß, wie er reagieren soll, daran dachte ich nicht. Montags ging ich zur gewohnten Zeit zur Bushaltestelle. Ich war nicht versessen darauf, zu arbeiten und mich damit abzulenken. Ich fuhr auch nicht deshalb nach Köln, weil ich immer noch die Terminsache in meiner Tasche trug. Die hatte ich völlig vergessen. Irgendwann im Laufe des Vormittags fiel sie mir in die Hände, als ich in meiner Tasche nach Tüchern suchte, um mir die Augen abzutupfen. Da brachte ich sie schnell zur Post. Ich war um halb neun in der Kanzlei, Doktor Farngräber kam etwas später. Bis dahin hatte ich in unserer kleinen Teeküche Kaffee für ihn gemacht. Doktor Farngräber frühstückte morgens immer im Büro, brachte sich von unterwegs belegte Brötchen mit. Als er hereinkam, fragte ich ihn, ob er ein paar Minuten Zeit für mich hätte. Ich hatte den ganzen Sonntag überlegt, was ich tun sollte. Abwarten und alles laufen lassen, wie es lief, oder eine Untersuchung verlangen. Das mit der Untersuchung schien mir die bessere Lösung. Wenn nichts dabei herauskam, war ich wenigstens beruhigt. Im anderen Fall mußte ich der Polizei eben sagen, was ich wußte. Viel war das ja nicht. Aber eine Untersuchung verlangen, das sagt sich leicht. Man geht nicht zur Polizei und sagt:
»Ich glaube, mein Mann wurde umgebracht, mein Vater meint das auch.«
Da muß man schon etwas mehr bieten, wenn man nicht ausgelacht werden will. Ich dachte, wenn Doktor Farngräber es macht, ein Rechtsanwalt, der einen souveränen und integeren Eindruck macht, das hat mehr Gewicht. Natürlich hatte Doktor Farngräber Zeit für mich. Ich erzählte der Reihe nach. Daß ich am vierten Februar geheiratet, daß mein Mann sein Geld als selbständiger Kaufmann verdient hatte und sehr erfolgreich gewesen war. Ich erwähnte auch, daß Ulli aus beruflichen Gründen unentwegt hinter dem Steuer gesessen hatte. Und noch nie einen Unfall gehabt, auch keinen kleinen mit Blechschaden. Bei
»hatte«
und
»gewesen war«
stutzte Doktor Farngräber, aber er unterbrach mich nicht. Ich hielt mich soweit als möglich an die Wahrheit. Sprach von Ullis merkwürdigem Benehmen am Freitag abend, seinen Fragen nach Fremden, die das Haus beobachteten, und dem Anruf, nach dem Ulli überstürzt die Wohnung verlassen hatte, um sich mit einem Freund zu beraten. Lutz Assenmacher verschwieg ich. Wie hätte ich denn dagestanden, wenn die Polizei ihn vernahm und er ihnen von unserer Unterhaltung vor der Haustür berichtete? Auch das Geld im Umschlag und meinen Verdacht, daß Ulli krumme Geschäfte gemacht hatte, erwähnte ich nicht. Ich wollte nicht zuviel Staub aufwirbeln. Doktor Farngräber nickte mehrfach
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