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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Genaugenommen war nichts passiert. Mein Mann hatte einen tödlichen Unfall gehabt, so etwas kam alle Tage vor. Mein Vater hatte eine dumme Bemerkung gemacht. Und ich hatte einem Mann, den ich nicht kannte und nie wiedersehen würde, eine wilde Geschichte erzählt. Ich hatte ein paar Sekunden lang gedacht, ich könnte damit einen Mörder aus der Reserve locken. Ihn glauben lassen, daß sein Opfer überlebt hat. Daß es in einem Krankenhaus liegt, hilflos und verletzt, aber durchaus fähig, eine Aussage zu machen. Den Mörder zu einer unüberlegten Handlung veranlassen. Ich hatte wohl doch einen Film zuviel gesehen. Ich machte mir Abendbrot, ging mit meinem Teller ins Wohnzimmer, wie ich es immer tat. Es war still in der Wohnung. Es war wie jeden Abend, wenn Ulli unterwegs war und ich von der Arbeit kam. Ich war fast immer allein gewesen und hatte es genossen. Die tolle Wohnung und das Gefühl, daß ich hineingehörte. Daß ich tun und lassen konnte, was ich wollte. Daß niemand die Augen verdrehte, wenn ich ein neues Make-up ausprobierte. Daß mir niemand um zehn Uhr sagte:
    »Meinst du nicht, es wird langsam Zeit, daß du ins Bett gehst, Andrea? Denk mal dran, wann dein Wecker morgen früh abläuft. Und wasch dir das Zeug gründlich aus dem Gesicht, damit du mir nicht wieder das Kopfkissen versaust.«
    Meist hatte ich ein bißchen aufgeräumt. Es mir dann im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Ich hatte mir einen Spiegel mit Beleuchtung gekauft, den ich auf den Tisch stellen konnte. Damit ich nicht immer in der Dusche stehen mußte, um einen neuen Lidschatten oder ein neues Rouge auszuprobieren. So konnte ich dabei ein bißchen fernsehen. Dann hatte ich darauf gewartet, daß Ulli anrief. Er hatte oft angerufen. Nicht um zu sagen, daß er mich liebte, daß er mich vermißte, daß er sich nach mir sehnte und sich aufs Heimkommen am Wochenende freute. Das war nicht seine Art gewesen. Meine auch nicht. Ich brauchte das nicht, daß mir ständig jemand erzählte, wie sehr er mich liebt, braucht und vermißt. Meine Mutter hatte mir früher häufig vorgeworfen, ich sei ein oberflächlicher Mensch, ich würde mich nie darum kümmern, wie es anderen ging. Immer nur an mich denken. Und vor einem halben Jahr, als ich meine Sachen packte, um zu Ulli zu ziehen, als meine Mutter begriff, daß sie mit ihrer Unkerei nichts ausrichtete, war sie wütend geworden, hatte mich angeschrien:
    »Tu doch, was du willst. Wahrscheinlich paßt ihr sogar gut zusammen. Du bist genauso rücksichtslos wie er. Von mir aus werd’ glücklich mit ihm.«
    Ich war glücklich gewesen mit ihm. Wenn er da war. Und auch, wenn er nicht da war. Ich war frei gewesen mit ihm. Er hatte oft gesagt, daß wir moderne Menschen seien und daß jeder Mensch seinen Freiraum brauche. Manchmal, vor allem donnerstags, hatte er angerufen, wenn ich noch gar nicht daheim war, weil donnerstags die meisten Läden bis halb neun geöffnet haben. Da war ich oft noch in einer Parfümerie gewesen, hatte ein bißchen gestöbert, mir hin und wieder was Tolles gekauft. Dann rief er später noch einmal an, aber er fragte nie, wo ich mich herumgetrieben hätte. Höchstens, ob etwas Besonderes anlag, Post für ihn. Wenn Briefe gekommen waren, nannte ich ihm die Absender. Er wußte immer genau, worum es ging. Er sagte:
    »Das ist der Scheck, auf den warte ich bereits«, oder:
    »Das ist eine Bestellung. Ich kümmere mich am Montag darum.«
    Dann erzählte er mir, daß es den Tag über wieder gut gelaufen war für ihn, ein paar tolle Abschlüsse.
    »Der Rubel rollt, Mäuschen. Was kostet die Welt? Willst du sie haben? Ich kaufe sie dir.«
    Ein paar tolle Abschlüsse, dachte ich. Und ein paar krumme Geschäfte. Welche Geschäfte? Wie krumm? Für fünfzigtausend Mark mußte Ulli eine Menge Dosen nebenher verkauft haben. Oder Kugelschreiber oder Taschenkalender. Und er hatte auch auf normale Weise eine Menge verkauft. Vielleicht hatte er tatsächlich jemanden einstellen wollen. Es klang logisch und auch wieder nicht. Ein Freund, hatte Lutz Assenmacher gesagt. Nur hatte er von Rene Link nicht gesprochen wie von einem Freund. Link hatte er ihn genannt. Es hatte abfällig geklungen. Vielleicht war es ihm selbst nicht aufgefallen. Aber mir! Und dann war da noch etwas. Wenn Lutz Assenmacher von Rene Link zu Ulli geschickt worden war, warum hatte Ulli ihn dann nicht in die Wohnung gelassen? Hatte er nicht gewußt, daß der Mann auf Empfehlung eines Freundes kam? Hatte Rene Link ihm nichts davon gesagt?

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