Verbrechen im Mädchenpensionat
wunderte mich ein wenig, als ich den Griff des Messers sah,
mit dem Jean umgebracht worden war. Ich dachte, es könnte eines meiner Messer
sein — .« Er zuckte die Schultern. »Sie wissen, wie das so ist. Niemand läßt
sich gern in einen Mordfall verwickeln, wenn es sich vermeiden läßt.«
Ich betrachtete das königsblaue
Plüschfutter und die durch die Messer entstandenen Vertiefungen. »Wann haben
Sie die Messer zuletzt gesehen?«
»Ich bin nicht ganz sicher. Vor
einer Woche, vor zehn Tagen vielleicht — .« Seine Stimme schwankte. »Sie müssen
mir glauben, Lieutenant. Ich habe niemals...«
»Wollen Sie damit sagen, daß
Sie, nachdem Ihnen der Gedanke gekommen war, das Messer, das in Jean Craigs
Rücken steckte, könnte Ihnen gehören, nicht hierher zurückgekommen sind und
nachgesehen haben?«
Schweiß brach in kleinen Perlen
auf seiner Stirn aus. »Dazu hatte ich nicht viel Gelegenheit. Zuerst bat mich
Miss Bannister, ihr zu helfen, die Mädchen aus der Aula zu treiben, und dann
wurden wir gebeten, uns alle dort zu versammeln, um ausgefragt zu werden — «
»Sie haben meine Frage nicht
beantwortet.«
Er holte ein Taschentuch aus
seiner Gesäßtasche heraus und wischte sich den perlenden Schweiß ab. »Ich...«
Er brach ab und zuckte hilflos die Schultern. »Ich bin für einen Augenblick
hineingerannt. Beide Messer waren verschwunden.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn
Sie da aufrichtig zu uns gewesen wären, hätte sich vielleicht das andere nicht
in Nancy Ritters Rücken wiedergefunden.« Ich sah zu, wie er sich das Gesicht
abwischte. »Beschreiben Sie mir diese mittelalterlichen Messer.«
»Es handelt sich um Stilette.
Sehr wertvolle.« Er steckte das Taschentuch wieder ein. »Schmale dreikantige
Schneiden, in Brescia angefertigt — ein sehr berühmter Name im siebzehnten
Jahrhundert, Lieutenant. Sie waren natürlich ursprünglich als Wurfwaffe gedacht
gewesen, und das Temperament...«
»Ich bin nicht an
Gemütsverfassungen interessiert, sondern an der Beschreibung der Dinger«, fuhr
ich ihn an. »Das sind also die Messer. Und Sie behaupten, sie vor etwa einer
Woche in diesem Etui gesehen und vor heute abend keinen Blick mehr hineingeworfen zu haben.«
»Und da waren sie verschwunden«,
sagte er und nickte.
Ich wandte mich an Polnik und Slade . »Sergeant, Sie
gehen am besten in Miss Bannisters Büro zurück. Beenden Sie die Vernehmung der
Mädchen und des Lehrkörpers.« Er nickte und verschwand.
»Und ich, Lieutenant?« wollte Slade wissen.
»Sie erinnern sich doch an das,
was Sie beim Durchsuchen der Zimmer der Mädchen gefunden haben?« Er runzelte
einen Augenblick in voller Konzentration die Stirn, dann glätteten sich die
Falten wieder, und ein breites Lächeln zog seinen Mund auseinander. Er nickte.
»Gut«, sagte ich. »Holen Sie es hier herauf.«
Er berührte mit dem Finger
seinen Hutrand wie ein Polizeibeamter aus einem Warner-Brothers-Film aus dem
Jahr 1920. Dann drehte er sich um und eilte aus dem Zimmer. Ich begann,
allmählich zu dem Schluß zu kommen, man sollte es den Leuten zur Verpflichtung
machen, sich die Late - Late -Show
im US-Fernsehen anzusehen. Diese Polizeibeamten bewiesen Edward G. Robinson
gegenüber damals größten Respekt. Vielleicht konnten wir etwas Derartiges heute
gut brauchen.
Nachdem Slade verschwunden war, suchte ich in meinen Taschen nach einer Zigarette. So wie sich
die Dinge entwickelten, war ich auf dem besten Weg, ein Kettenraucher zu
werden. Ich hoffte nur, daß mir die Ketten nicht ausgehen würden.
Pierce blickte mich ängstlich
an. »Glauben Sie, daß mir der Mörder diese Messer gestohlen hat, Lieutenant?«
»Ich glaube, daß er sie benutzt
hat«, sagte ich.
»Was meinen Sie damit?«
»Wenn sie sein Eigentum waren,
brauchte er sie nicht zu stehlen, nicht wahr?«
Eine dumpfe Röte überzog sein
Gesicht. »Beschuldigen Sie mich vielleicht — ?«
»Noch nicht«, sagte ich.
Slade kam ins Zimmer zurück und
reichte mir den alten Colt. Er blickte enttäuscht drein, als ich ihm befahl,
hinunterzugehen und Polnik zu helfen.
Ich reichte Pierce den Colt.
»Vielleicht erkennen Sie das hier, nachdem Sie doch Experte auf dem Gebiet
alter Waffen sind.«
»Natürlich«, sagte er. »Es ist
ein alter nichtautomatischer Frontier-Colt — «
»Selbst ich weiß das«, sagte
ich. »Haben Sie ihn je zuvor gesehen?«
»Natürlich«, sagte er. »Er hat
mir gehört.«
»Er hat Ihnen gehört?«
»Ja — ich hatte ihn Jean Craig
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