Verbrechen ist Vertrauenssache
diese Gegenüberstellung mit Carmody keine Genehmigung von wem auch immer eingeholt, weil er genau gewusst hat, dass er keine kriegen würde.«
»Aha«, sagte Thorsen.
»Und jetzt«, sagte Macready, »sieht es so aus, als hätte Quindero sich mit unserem Schützen zusammengetan.«
»Zusammengetan?« sagte Thorsen. »Er war die Geisel.«
»Aber im Treppenhaus hat der Schütze sich die Zeit genommen, das Schloss an Quinderos Handschellen zu zerschießen und ihn zu befreien. Wir haben die Handschellen gefunden. Quindero hat wohl gedacht, er hat nichts mehr zu verlieren, also hat er sich mit dem anderen zusammengetan,und jetzt sind sie irgendwo unterwegs. Nicht mehr einer, sondern zwei.«
»Und Calavecci braucht Quindero unversehrt«, sagte Parker. »Ohne einen Kratzer.«
»Da kann ich nur sagen: viel Glück«, bemerkte Macready. Er sah Parker an und sagte: »Ich hab gehört, der Schütze war der Mann, hinter dem Sie her sind. Stimmt das?«
»George Liss«, sagte Parker und nickte. »Sah ganz so aus.«
Sie waren beinahe am Anfang der Schlange – Macready würde sie durch die Kontrolle schleusen. Er nickte und sagte: »Ich könnte mir vorstellen, wenn man diesem George Liss folgt, wird einem nie langweilig.«
ACHT
Es war kein Stall mit einer Krippe. Das Carlton Tower, wo William Archibald und seine Kreuzritter für Christus nach der Errettung der örtlichen Seelen ihre müden Häupter betteten, war eine vielstöckige Hochzeitstorte, weiß und in der Sonne leuchtend, geschmückt mit den Flaggen diverser schottischer Klans, die von horizontalen Stangen knapp oberhalb der ersten Etage hingen. (Die meisten Leute hatten keine Ahnung, was diese Flaggen symbolisierten, und die wenigen, die es wussten, fragten sich, was diese ausgerechnet hier zu suchen hatten.)
Die Hotelhalle war breit, zwei Stockwerke hoch und mit einem gemusterten Teppichboden ausgelegt, in dem Dunkelbraun vorherrschte. Die mit goldenen Türen versehenen Aufzüge waren diskret hinter einer Ecke zur Rechten plaziert. Thorsen ging durch die Drehtür voraus, hinein in eine Atmosphäre emsiger, aber gedämpfter Geschäftigkeit. Parker sah sich zufrieden um. Wenn er nichts weiter vorhatte, gefielen ihm solche Hotels. Bei der Arbeit allerdings mied er sie, denn zu ihren Merkmalen gehörte Service rund um die Uhr, und das bedeutete natürlich, dass die Gäste rund um die Uhr unter Beobachtung standen. Nein, bei der Arbeit bevorzugte Parker Hotels, wo man in Ruhe gelassen wurde, sobald man bezahlt hatte und wusste, wo der Eiswürfelautomat stand.
Archibald und seine Leute hatten die ganze elfte Etage oder jedenfalls den größten Teil davon belegt. Thorsen undParker fuhren in Gesellschaft eines errötenden, offenbar frisch verheirateten Pärchens hinauf, das höheren Höhen entgegenschwebte, und als sie in der elften Etage ausstiegen, stießen sie auf einen sehr adretten, muskulösen jungen Mann in grauem Anzug und blauer Krawatte, der in einem Sessel an der gegenüberliegenden Wand saß und in etwas las, das wie ein Messbuch aussah. Er blickte auf, erkannte Thorsen und sagte: »Morgen, Sir.«
»Morgen. Ist Archibald da?«
»Ich glaube, alle sind da, Sir.« Der junge Mann musterte Parker mit einem ausdruckslosen Blick, mit dem er lediglich die besonderen Merkmale registrierte, um sich später daran zu erinnern. Parker seinerseits erinnerte sich bereits an ihn: Er war einer der Männer im Geldraum gewesen.
Thorsen ging den Korridor entlang voraus und sagte: »Wir schauen mal bei Archibald vorbei, reden ein bisschen und gehen dann in mein Büro. Er ist ein interessanter Mensch.«
»Muss er wohl sein«, sagte Parker.
Am Ende des in Weiß und Gold gehaltenen Korridors befanden sich die Suiten. Thorsen klopfte an eine Tür, auf der anstelle einer Nummer das Wort Macleod stand. Sie wurde nach einer Weile von einem weiteren muskulösen jungen Anzugträger geöffnet, einer Kopie des Mannes am Aufzug, auch wenn Parker sich nicht erinnern konnte, ihn im Geldraum gesehen zu haben.
Thorsen trat ein und murmelte dem Mann etwas zu. Parker folgte ihm. Sie gingen durch ein kleines, verspiegeltes Vestibül mit zwei Türen, die vermutlich zu Wandschränken gehörten, in ein großes, sechseckiges Zimmer mit zwei großen Panoramafenstern, die einen Ausblick über die Stadt boten. An den übrigen Wänden hingen Bilder, der Teppich war dick, mit grünem Muster auf cremefarbenem Grund, und die Möbelwaren groß und dunkel, hauptsächlich Imitationen alter Möbel, die zu
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