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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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schwarzen Buchstaben: ACHTUNG – LEBENSGEFAHR.
    Parker verlangsamte seine Schritte und wartete, bis die beiden Wagen, die sich auf der Hauptstraße näherten, vorbeigefahren waren. Dann stieg er über die Kette und folgte mit raschen Schritten dem kurvigen, bergab führenden Weg.
    Er war jetzt auf dem Gelände, das der Bank gehörte. Es war ein unregelmäßig geformtes Grundstück, das wie eine Überdecke auf einem ungemachten Bett lag. Der stellenweise fast vollkommen überwucherte Weg wand sich, stieg an und fiel wieder ab und zog sich fast fünfhundert Meter weit hin, obwohl die direkte Entfernung von der Abzweigung zum Haus weit kürzer war. Unterwegs sah er nichts als Bäume, Büsche und Ranken und einmal den verblassten blauen Kofferraum eines Wagens, den jemand vor Jahren ins Unterholz gefahren oder geschoben hatte. Die Äste und Zweige wuchsen durch ihn hindurch, als wäre er gar nicht vorhanden.
    Früher musste das Haus beim ersten Anblick recht spektakulär gewesen sein. Der Weg stieg steil an und beschrieb eine Kurve, und dann stand man vor einer Wand aus Glas. Drinnen waren Lichter und elegantes Mobiliar, das Flackern des Kaminfeuers und die gelassenen Bewegungen seiner Bewohner. Und dahinter sah man durch die Fenster des Hauses die Aussicht: ungezähmte Natur, bergige Landschaft und einen weiten Himmel.
    Jetzt aber stand dort ein Zaun – das war das erste Hindernis. Es war ein zweieinhalb Meter hoher Maschendrahtzaun, und einen der Pfähle hatte man mitten auf dem Weg aufgestellt, wie um deutlich zu machen, dass dies kein Weg mehr war. Jenseits des Zauns waren die im Lauf der Jahre nachgedunkelten und verfärbten Sperrholzplatten. Das Haus sah nicht mehr aus wie ein Haus. Es sah nach gar nichts mehr aus.
    Rechts des Weges war der Zaun durchschnitten worden,als hätten hier Kriegsgefangene einen Ausbruch gewagt. Man konnte den Maschendraht gerade so weit anheben, dass man langsam durch das Loch schlüpfen konnte, ohne sich die Kleider zu zerreißen, auch wenn sich, aus den Stoffetzen an den Enden einiger Drähte zu schließen, ein paarmal Kleider darin verfangen hatten.
    Parker kroch hindurch, hielt sich rechts und ging über eine unkrautüberwucherte Fläche, die einst Rasen gewesen sein musste und noch nicht gänzlich von der Natur zurückerobert worden war.
    Er war schon einmal hiergewesen, zusammen mit Liss und Mackey, als sie den Überfall vorbereitet hatten. Mackey hatte das Haus entdeckt. Er hatte in Architekturbüchern in der Bibliothek darüber nachgelesen und war so stolz, als hätte er es selbst entworfen. »Ein tolles Ding, Parker. Keiner kennt es, es gibt dadrinnen ungefähr eine Million Verstecke, und es liegt gleich neben der Auffahrt zur Schnellstraße!«
    Anfangs war Parker nicht so sicher gewesen. Gebäude mit nur einem Ein- und Ausgang hatten ihm noch nie gefallen. In diesem Fall war es so, dass man, wenn man einmal drinnen war, nur auf demselben Weg wieder herauskam. Zu beiden Seiten des Hauses war undurchdringlicher Wald, und dahinter war die sich langsam mit Abfall füllende Schlucht, zu tief, um hinabzusteigen, zu steil, um hinaufzuklettern.
    Doch in einem Punkt hatte Mackey recht: In dem Haus gab es jede Menge Verstecke für ein paar Seesäcke. Und sie wollten ja nicht dort bleiben, sondern nur die Beute dort lassen und dann zum Motel zurückkehren. Der Gedanke dahinter war: Sollte einer von ihnen tatsächlich geschnappt oder von der Polizei durchsucht und verhört werden, würde er das Geld jedenfalls nicht bei sich haben.
    Also hatten sie sich, angeführt von Mackey, im Haus umgesehen,und Mackey war es auch gewesen, der sie darauf hingewiesen hatte, dass sich dort, wo jetzt diese Wandschränke waren, früher ein Aufzug befunden hatte und dass der dazugehörige Motor auf dem Boden des Schachts installiert war. Die Bodenplatten der Schränke, die nach der Demontage und dem Verkauf der Aufzugkabine eingebaut worden waren, bestanden lediglich aus Sperrholz. Mackey hatte ihnen demonstriert, wie mühelos man die in der untersten Etage entfernen konnte. In der Grube darunter stand der alte schwarze Motor – die Staubschicht, die sich auf dem Fettfilm gebildet hatte, sah aus wie ein Pelz –, und daneben war genug Platz für die Seesäcke. Es bedeutete zwar, dass man sie drei Stockwerke hinunter- und später wieder hinauftragen musste, aber für ein paar Tage waren sie dort unten auf jeden Fall sicher.
    Wenn alles nach Plan gelaufen wäre.
    Jetzt brauchte Parker einen Ort, wo er sich

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