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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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nur,« rief er aus, »vor einer halben Stunde erst hatten wir einander noch nicht gesehen, wir hielten uns für Feinde; zwischen uns stand noch eine unerledigte Angelegenheit; und nun schoben wir diese Angelegenheit zur Seite und sind in diese literarische Diskussion geraten! Nun, hatte ich nicht recht, als ich sagte, daß wir beide vom gleichen Holze sind?«
    »Tun Sie mir den Gefallen,« fuhr Raskolnikow gereizt fort, »gestatten Sie mir, Sie zu bitten, sich schneller zu erklären und mir mitzuteilen, weshalb Sie mir die Ehre Ihres Besuches erwiesen haben ... und ... und ... ich habe Eile, ich habe keine Zeit, ich will fortgehen ...«
    »Ich bitte sehr. Ihre Schwester Awdotja Romanowna heiratet doch den Herrn Pjotr Petrowitsch Luschin?«
    »Können Sie nicht irgendwie jede Frage über meine Schwester vermeiden und ihren Namen überhaupt nicht nennen? Ich verstehe wirklich nicht, wie Sie es wagen, ihren Namen in meiner Gegenwart auszusprechen, wenn Sie tatsächlich Swidrigailow sind!«
    »Ich bin ja gekommen, um über sie zu sprechen; wie soll ich da ihren Namen nicht nennen?«
    »Gut. Sprechen Sie, doch schneller!«
    »Ich bin überzeugt, daß Sie sich über diesen Herrn Luschin, mit dem ich durch meine Frau verwandt bin, schon Ihre Meinung gebildet haben, wenn Sie ihn nur eine halbe Stunde lang gesehen oder etwas Sicheres und Genauers über ihn gehört haben. Für Awdotja Romanowna ist er nicht der richtige Mann. Meiner Ansicht nach bringt sich Awdotja Romanowna in diesem Falle höchst großmütig und selbstlos zum Opfer für ... für ihre Familie. Nach allem, was ich über Sie gehört habe, nahm ich an, daß Sie Ihrerseits sehr zufrieden sein würden, wenn diese Heirat ohne Verletzung der Interessen nicht zustande käme. Und jetzt, wo ich Sie persönlich kennengelernt habe, bin ich davon sogar überzeugt.«
    »Ihrerseits ist das alles sehr naiv, entschuldigen Sie mich, ich wollte sagen: unverschämt«, sagte Raskolnikow.
    »Das heißt, Sie wollen damit sagen, daß ich an meinen eigenen Nutzen denke. Seien Sie unbesorgt, Rodion Romanowitsch; wenn ich an meinen Nutzen dächte, so würde ich nicht so offen sprechen, ich bin doch nicht ganz dumm. In dieser Beziehung will ich Ihnen ein gewisses psychologisches Kuriosum mitteilen. Als ich vorhin meine Liebe zu Awdotja Romanowna rechtfertigte, sagte ich, daß ich selbst das Opfer gewesen sei. Nun sage ich Ihnen, daß ich jetzt gar keine Liebe empfinde, nicht die geringste, so daß ich mich sogar selbst darüber wundere, denn ich habe früher doch wirklich etwas empfunden ...«
    »Das kommt von Müßiggang und Ausschweifung«, unterbrach ihn Raskolnikow.
    »Das stimmt, ich bin ein liederlicher und ausschweifender Mensch. Ihre Schwester hat aber so viele Vorzüge, daß ich einem gewissen Eindruck unbedingt unterliegen mußte. Aber das alles ist Unsinn, wie ich es jetzt selbst einsehe.«
    »Ist es lange her, daß Sie es eingesehen haben?«
    »Ich fing schon früher an, es zu merken, aber die endgültige Überzeugung gewann ich erst vorgestern, fast im Augenblick meiner Ankunft in Petersburg. Übrigens hatte ich mir noch in Moskau eingebildet, daß ich herreise, um um die Hand Awdotja Romanownas zu werben und mit Herrn Luschin in Wettbewerb zu treten.«
    »Entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbreche, aber tun Sie mir den Gefallen: können Sie sich nicht kürzer fassen und direkt auf den Zweck Ihres Besuches kommen? Ich habe Eile, ich muß fortgehen ...«
    »Mit dem größten Vergnügen. Nachdem ich hier angekommen war und den Entschluß gefaßt hatte, einen gewissen ... Ausflug zu unternehmen, wollte ich vorher einige notwendige Anordnungen treffen. Meine Kinder sind bei der Tante geblieben; sie sind reich; mich persönlich brauchen sie nicht. Was bin ich auch für ein Vater! Für mich selbst habe ich nur das genommen, was Marfa Petrowna mir vor einem Jahre geschenkt hat. Für mich langt es. Entschuldigen Sie, gleich komme ich auf die Sache selbst. Vor dem Ausflug, der vielleicht wirklich zustande kommt, will ich auch mit dem Herrn Luschin ein Ende machen. Ich will nicht sagen, daß er mir unausstehlich wäre, doch seinetwegen war mein Streit mit Marfa Petrowna entstanden, als ich erfuhr, daß sie diese Heirat eingefädelt habe. Ich möchte jetzt durch Ihre Vermittlung mit Awdotja Romanowna zusammenkommen und ihr, vielleicht sogar in Ihrer Anwesenheit, vor allen Dingen erklären, daß sie von Herrn Luschin nicht nur nicht den geringsten Vorteil, sondern sogar einen sicheren

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