Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
ist vielleicht übertrieben, aber ich bin schon öfter hier gewesen.«
»Also brauchen Sie niemanden, der Ihnen den Weg zeigt. Dann nehmen Sie jetzt Kishitani und fahren hier hin.« Er zog einen Zettel hervor, auf dem eine Adresse in Shinagawa, Bezirk Edogawa, und der Name Yoko Yamabe stand.
»Wer ist das?«
»Haben Sie ihm von dem Fahrrad erzählt?«, erkundigte Mamiya sich bei Kishitani.
»Ja, Chef.«
»Sie meinen das Fahrrad, das man in der Nähe des Toten gefunden hat?«, fragte Kusanagi mit einem Blick auf die gestrenge Miene seines Vorgesetzten.
»Genau das. Wir haben herausbekommen, dass es als gestohlen gemeldet ist. Die Registriernummer stimmt überein. Diese Frau Yamabe ist die Eigentümerin. Sie ist schon benachrichtigt. Ihr fahrt jetzt zu ihr und hört euch an, was sie zu sagen hat.«
»Wurden Fingerabdrücke auf dem Fahrrad sichergestellt?«
»Darüber brauchen Sie sich jetzt keine Gedanken zu machen. Auf geht’s«, scheuchte Mamiya sie unwirsch aus dem Raum, und die beiden verließen eilig das Revier.
»Na toll, das Fahrrad ist geklaut. So etwas Ähnliches hatte ich mir schon gedacht.« Kusanagi schnalzte mit der Zunge, während er den Wagen auf die Straße steuerte. Er fuhr schon seit fast acht Jahren einen schwarzen Skyline.
»Glauben Sie, der Mörder hat das Fahrrad gestohlen und dort abgestellt?«
»Kann sein. Aber es wird uns nicht viel nützen, die Besitzerin zu fragen. Woher soll sie wissen, wer ihr Fahrrad gestohlen hat? Aber wenn wir wissen, wo es gestohlen wurde, können wir vielleicht ungefähr bestimmen, welchen Weg der Mörder genommen hat.«
Dem Stadtplan folgend kurvten Kusanagi und Kishitani durch Shinozaki. Bald hatten sie die Adresse auf dem Zettel gefunden. Es war ein weißes Gebäude in westlichem Stil. Yamabe stand auf dem Namensschild. Yoko Yamabe, die Hausherrin, war eine Dame von etwa Mitte 40. Augenscheinlich hatte sie sich sorgfältig geschminkt, nachdem sie erfahren hatte, dass sie Besuch von der Polizei erhalten würde.
»Kein Zweifel, das ist mein Fahrrad«, verkündete sie entschieden, als Kusanagi ihr das Foto zeigte, das er von der Spurensicherung bekommen hatte.
»Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mit aufs Revier kommen könnten, um es zu identifizieren.«
»Sehr gern. Ich bekomme es aber doch wieder?«
»Natürlich, aber leider müssen Sie sich etwas gedulden, bis unsere Kollegen noch einiges geklärt haben.«
»Aber ich brauche es jetzt. Ich kann sonst überhaupt nicht einkaufen.« Frau Yamabe runzelte unwirsch die Brauen. Ihrem Ton nach gab sie der Polizei die Schuld, dass ihr Fahrrad überhaupt gestohlen worden war. Sie schien nicht zu ahnen, dass es möglicherweise in einem Mordfall eine Rollespielte. Ob sie noch Lust hätte, darauf zu fahren, wenn sie es erführe?
Kusanagi ahnte schon, dass sie Entschädigung von der Polizei verlangen würde, wenn sie sah, dass die Reifen durchstochen waren. Ihren Angaben zufolge war das Rad am Tag zuvor, also am 10. März, zwischen 10 und 22 Uhr gestohlen worden. Sie hatte sich in Ginza mit einer Freundin getroffen, sie hatten eingekauft und waren essen gegangen. Als sie wieder am Bahnhof Shinozaki ankam, war es bereits nach 22 Uhr. Sie war dann mit dem Bus nach Hause gefahren.
»Hatten Sie das Fahrrad in dem Unterstand geparkt?«
»Nein, an der Straße.«
»War es abgeschlossen?«
»Ja, sicher, ich hatte es mit der Kette am Geländer befestigt.«
Soweit Kusanagi gehört hatte, hatte niemand ein Kettenschloss am Tatort gefunden.
Er fuhr Frau Yamabe zum Bahnhof Shinozaki, um zu sehen, wo das Fahrrad gestohlen worden war.
»Es war ziemlich genau hier«, sagte sie und deutete auf ein Stück Gehsteig etwa 20 Meter von dem kleinen Supermarkt am Bahnhof entfernt. Auch jetzt standen dort mehrere Fahrräder.
Kusanagi sah sich um. In der Nähe gab es noch eine Bankfiliale und einen Buchladen. Tagsüber und am frühen Abend wimmelte es hier sicher von Passanten.
Wenn man sich geschickt anstellte, durfte es nicht schwierig sein, rasch die Kette zu durchschneiden und so zu tun, als hole man sein eigenes Fahrrad. Wahrscheinlicher war jedoch, dass der Diebstahl begangen wurde, als kaum noch jemand unterwegs war. Als Nächstes brachten die KommissareYoko Yamabe aufs Revier Edogawa, damit sie das Fahrrad identifizierte.
»Wissen Sie, ich habe wohl einfach Pech«, vernahm Kusanagi ihre Stimme vom Rücksitz. »Ich hatte das Fahrrad erst letzten Monat gekauft. Als mir klarwurde, dass es gestohlen worden war, habe
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