Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
telefonierezwar auch jetzt noch manchmal mit ihr, aber von einem Lehrer hat sie nie gesprochen.«
»Wie sieht es überhaupt mit Beziehungen zu Männern aus? Hat sie Sie in dieser Hinsicht mal um Rat gebeten oder etwas erzählt?«
Bei dieser Frage entfuhr Sonoko ein spöttisches Lachen. »Der andere Kommissar, der vor Ihnen hier war, hat mir die gleiche Frage gestellt. Ich kann Ihnen nur sagen, was ich ihm auch gesagt habe. Sie hat nie jemanden erwähnt. Vielleicht trifft sie sich ja mit jemandem und behält es für sich, aber ich glaube das nicht. Sie hat mit Misato alle Hände voll zu tun und sicher keine Zeit für Affären dieser Art. Sayoko hat das auch schon gesagt.«
Kusanagi nickte schweigend. Er war nicht sonderlich enttäuscht, da er ohnehin nicht erwartet hatte, in diesem Klub etwas über eine mögliche Beziehung zwischen Yasuko und Ishigami zu erfahren. Aber als er hörte, dass es keinen besonderen Mann in Yasukos Leben gab, geriet seine Überzeugung, dass Ishigami ihr Komplize war, etwas ins Wanken.
Ein neuer Gast betrat das Lokal. Sonoko warf einen routinierten Blick zur Tür.
»Sie sagten, Sie telefonieren noch hin und wieder mit Frau Hanaoka. Wann haben Sie das letzte Mal mit ihr gesprochen?«
»Das war an dem Tag, als die Sache mit Herrn Togashi in den Nachrichten kam. Ich war so erschrocken, dass ich sie angerufen habe. Das habe ich aber auch schon Ihrem Kollegen gesagt.«
»In welcher Verfassung war Frau Hanaoka bei diesem Gespräch?«
»Sie war eigentlich wie immer. Sie sagte, die Polizei sei schon bei ihr gewesen.«
Kusanagi sagte ihr nicht, dass er das gewesen war.
»Aber Sie hatten ihr vorher nicht erzählt, dass Togashi im Klub nach ihr gefragt hat?«
»Nein, ich brachte es nicht über mich. Ich wollte sie nicht beunruhigen.«
Dann hatte Yasuko Hanaoka also nicht wissen können, dass Togashi auf der Suche nach ihr war. In diesem Fall hätte sie auch nicht mit seinem Besuch rechnen und natürlich auch keinen Mord planen können.
»Ich hatte daran gedacht, es ihr zu sagen, aber damals wirkte sie so fröhlich, und so habe ich den richtigen Moment verpasst.«
»Damals? Das letzte Mal, als Sie mit ihr gesprochen haben? Als Togashi in den Nachrichten erwähnt wurde? Oder ein anderes Mal?«
»Ein anderes Mal, etwa drei oder vier Tage, nachdem Togashi bei uns aufgetaucht war. Sie hatte eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen, und ich rief sie zurück.«
»Wann war das ungefähr?«
»Tja, wann war das?« Sonoko Sugimura zog ihr Handy aus der Tasche ihres Kostüms. Kusanagi dachte, sie würde die Liste der ein- und ausgehenden Anrufe abrufen, aber sie öffnete stattdessen den Kalender. Nach einem Blick darauf hob sie das Gesicht. »Am 10. März.«
»Am 10.?« Kusanagi sprach unwillkürlich etwas lauter und wechselte einen Blick mit Kishitani. »Sind Sie sicher?«
»Ja, ich denke schon.«
Der Tag, an dem Shinji Togashi getötet worden war.
»Wissen Sie noch, um wie viel Uhr das war?«
»Kurz nachdem ich nach Hause gekommen bin, also wahrscheinlich gegen ein Uhr morgens. Sie hatte vor zwölf angerufen, aber da war ich im Klub.«
»Wie lange haben Sie sich unterhalten?«
»Das kann eine halbe Stunde gewesen sein. Wir reden immer so lange.«
»Und Sie haben Frau Hanaoka auf ihrem Handy angerufen?«
»Nein, zu Hause auf ihrem Festnetz.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich pedantisch bin, aber da es bereits ein Uhr war, haben Sie nicht am 10., sondern am 11. März mit ihr telefoniert, nicht wahr?«
»Ja, natürlich, Sie haben recht.«
»Welchen Inhalt hatte die Nachricht, die Frau Hanaoka Ihnen auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte? Falls es Ihnen nichts ausmacht, es mir zu sagen.«
»Sie sagte nur, sie habe etwas zu besprechen, und ich möge sie nach der Arbeit anrufen.«
»Was gab es denn zu besprechen?«
»Nichts Besonderes. Sie wollte nur den Namen der Shiatsu-Praxis, in der ich wegen meiner Rückenschmerzen in Behandlung bin.«
»Shiatsu, ich verstehe … Hat sie Sie schon früher in solchen Belangen um Rat gefragt?«
»Ja, wir telefonieren wegen aller möglichen Dinge. Eigentlich ist es nie etwas Wichtiges. Sie möchte nur ein bisschen reden. Und ich auch.«
»Telefonieren Sie immer so spät?«
»Zumindest ist das keine Seltenheit. In meiner Branche wird es eben immer spät. Normalerweise telefonieren wir an meinen freien Tagen, aber da sie mich angerufen hatte …«
Kusanagi nickte. Aber er war nicht zufrieden. Auf dem ganzen Weg vom
Klub Marian
bis zum
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