Verdammnis
gesichtet wurde. Das hatte einen früheren Kollegen zu dem Kommentar verleitet, dies sei genauso unpassend, als wenn ein Polizist mit Turban herumlaufen würde. Weitere Debatten wurden jedoch im Keim erstickt, als ein Journalist den Kommentar aufschnappte und nachhakte, woraufhin der Kollege sich hastig in sein Büro zurückzog.
Bublanski gehörte zur Gemeinde von Söder und bestellte sich vegetarisches Essen, wenn kein koscheres zu bekommen war. Er war jedoch nicht so orthodox, dass er am Sabbat nicht gearbeitet hätte. Auch Bublanski erkannte recht bald, dass der Doppelmord in Enskede keine Routineermittlung werden würde. Als er nun kurz nach acht durch die Tür trat, nahm Richard Ekström ihn sofort beiseite.
»Sieht nach einer üblen Geschichte aus«, sagte Ekström statt einer Begrüßung. »Ein Journalist und eine Kriminologin … entdeckt von einem anderen Journalisten.«
Bublanski nickte. Das allein dürfte garantieren, dass die ganze Sache von den Massenmedien mit Argusaugen überwacht werden würde.
»Und um noch mehr Salz in die Wunden zu reiben - der Journalist, der das Paar gefunden hat, war Mikael Blomkvist von der Zeitschrift Millennium .«
»Uups«, machte Bublanski.
»Nur zu bekannt vom ganzen Zirkus um die Wennerström-Affäre.«
»Wissen wir irgendetwas über das Motiv?«
»Derzeit überhaupt nichts. Keines der Opfer war uns bekannt. Schien ein ganz anständiges Pärchen zu sein. Das Mädchen sollte in ein paar Wochen promovieren. Diese Sache muss höchste Priorität erhalten.«
Bublanski nickte. Für ihn hatte jeder Mord höchste Priorität.
»Wir stellen ein Team zusammen. Sie müssen so schnell arbeiten, wie Sie nur können, und ich werde dafür sorgen, dass Ihnen alle erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Sie bekommen Hans Faste und Curt Svensson zur Seite. Jerker Holmberg auch. Er arbeitet zwar gerade am Rinkeby-Totschlag, aber es sieht so aus, als hätte sich der Täter sowieso ins Ausland abgesetzt. Holmberg ist einfach großartig, wenn es darum geht, einen Tatort zu untersuchen. Bei Bedarf können Sie auch Personal von der Reichskriminalbehörde anfordern.«
»Ich will Sonja Modig.«
»Ist die nicht ein bisschen jung?«
Bublanski hob die Augenbrauen und sah Ekström verwundert an.
»Sie ist 39, also gerade mal drei Jahre jünger als Sie. Außerdem sehr intelligent.«
»Nun gut, Sie entscheiden, wen Sie in Ihrem Team haben wollen, solange es nur schnell geht. Wir haben jetzt schon Druck von oben gekriegt.«
Was Bublanski für leicht übertrieben hielt. Zu dieser frühen Morgenstunde war die Führungsspitze der Polizei wahrscheinlich noch nicht mal vom Frühstückstisch aufgestanden.
Die polizeilichen Ermittlungen begannen mit der Sitzung um kurz vor neun, für die Kriminalinspektor Bublanski sein Team in einem Konferenzraum versammelte. Ganz zufrieden war er eigentlich nicht mit der Zusammensetzung.
Sonja Modig war die Person im Raum, der er am meisten vertraute. Sie war seit zwölf Jahren bei der Polizei, von denen sie vier in der Abteilung für Gewaltverbrechen verbracht hatte. In dieser Zeit hatte sie an vier Ermittlungen unter Bublanskis Leitung mitgearbeitet. Sie war sorgfältig und methodisch, aber Bublanski hatte schon bald festgestellt, dass sie über die Eigenschaften verfügte, die er in kniffligen Ermittlungen für die wichtigsten hielt: Sie hatte Fantasie und Assoziationsvermögen. In mindestens zwei verzwickten Fällen hatte Sonja Modig bemerkenswerte und lange vergeblich gesuchte Zusammenhänge gefunden, die schließlich zu einem Durchbruch in den Ermittlungen geführt hatten. Außerdem besaß sie einen trockenen, intellektuellen Humor, den Bublanski sehr schätzte.
Bublanski freute sich auch, Jerker Holmberg in seinem Team zu haben. Er war 55 Jahre alt und kam ursprünglich aus Ångermanland. Ein vierschrötiger, langweiliger Mensch, dem die Fantasie abging, die Sonja Modig so unschätzbar wertvoll machte. Dafür war er nach Bublanskis Ansicht der beste Mann im ganzen schwedischen Polizeikorps, wenn es einen Tatort zu untersuchen galt. Sie hatten im Laufe der Jahre bei verschiedenen Ermittlungen zusammengearbeitet, und Bublanski war der festen Überzeugung, wenn es am Schauplatz des Verbrechens irgendetwas zu finden gab, dann würde Holmberg es auch finden. Seine primäre Aufgabe bestand also darin, das Kommando über alle Arbeiten in der Wohnung in Enskede zu übernehmen.
Der Kollege Curt Svensson war Bublanski relativ unbekannt. Er war ein
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