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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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hatte keinen einzigen Querverweis zu den Ereignissen von 1991 gefunden. Das ließ nur einen sonderbaren Schluss zu: Er kannte den Ermittlungsbericht tatsächlich nicht.
    Eine Weile war sie unschlüssig. Dann warf sie einen Blick auf ihr PowerBook. Das war doch genau das Richtige für Kalle Fucking Blomkvist . Sie fuhr ihren Computer wieder hoch, ging auf seine Festplatte und hinterließ das Dokument »MB2«.
     
    Staatsanwalt E gibt heimlich Informationen an die Medien weiter. Frag ihn, warum er nicht auch den alten Ermittlungsbericht der Polizei weitergegeben hat.
     
    Das musste erst mal reichen, um ihn in Bewegung zu setzen. Geduldig blieb sie zwei Stunden sitzen und wartete, bis Mikael wieder online war und seine E-Mails las. Fünfzehn Minuten später entdeckte er ihr Dokument, und noch einmal fünf Minuten später antwortete er mit dem Dokument »Kryptisch«. Er biss nicht an. Stattdessen quengelte er herum, er wolle wissen, wer seine Freunde ermordet habe.
    Das war ein Argument, das Lisbeth verstehen konnte. Sie wurde weich und antwortete mit »Kryptisch2«.
     
    Was machst Du, wenn ich es war?
     
    Was tatsächlich als persönliche Frage gemeint war. Er antwortete mit dem Dokument »Kryptisch3«, das sie aufrüttelte.
     
    Aber ich glaube nicht, dass Du Dag und Mia ermordet hast. Ich hoffe und bete, dass ich mit dieser Annahme recht habe.
     
    Mikaels Anspielung auf Peter Teleborian machte sie zuerst rasend. Dann wurde ihr jedoch klar, dass er ihr damit nicht das Leben sauer machen wollte. Er hatte keinen Schimmer, wer Teleborian war, und hatte ihn höchstwahrscheinlich nur im Fernsehen gesehen, wo er als der verantwortungsvolle und international respektierte Experte für Kinderpsychiatrie auftrat.
    Was sie aber wirklich aufrüttelte, war seine Anspielung auf Wennerströms Milliarden. Sie hatte keine Ahnung, wie er das herausgefunden hatte. Dabei war sie doch überzeugt gewesen, dass sie keinen Fehler gemacht hatte und kein Mensch auf der ganzen Welt davon wissen konnte.
    Sie las den Brief noch ein paarmal.
    Auch seine Anspielung auf ihr Gespräch über Freundschaft bereitete ihr Kopfzerbrechen. Sie wusste nicht, wie sie antworten sollte.
    Schließlich schrieb sie »Kryptisch4«:
     
    Ich werde drüber nachdenken.
     
    Dann loggte sie sich aus und setzte sich in den Fenstersturz.
     
    Erst am Freitagabend um elf, neun Tage nach den Morden, verließ Lisbeth Salander ihre Wohnung in Mosebacke. Ihr Vorrat an Billys Pan Pizza und anderen Lebensmitteln, ebenso wie das letzte Krümelchen Brot und die letzte Ecke Käse waren zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Tagen aufgebraucht. Während der letzten drei Tage hatte sie sich von einem Paket Hafergrütze ernährt, das sie einmal mit dem Hintergedanken gekauft hatte, sich ein bisschen gesünder zu ernähren. Sie stellte fest, dass ein Deziliter Hafergrütze mit ein paar Rosinen und zwei Dezilitern Wasser nach einer Minute in der Mikrowelle einen akzeptablen Haferbrei ergaben.
    Aber sie ging nicht nur aus dem Haus, weil ihr das Essen ausgegangen war. Sie musste eine Person finden. Sie nahm ihre blonde Perücke aus dem Kleiderschrank und wappnete sich mit dem norwegischen Pass, der auf den Namen Irene Nesser ausgestellt war.
    Irene Nesser existierte tatsächlich. Sie war Lisbeth Salander äußerlich sehr ähnlich und hatte vor drei Jahren ihren Pass verloren. Durch Plague war er in Lisbeths Hände gekommen, die sich seit fast achtzehn Monaten immer mal wieder dieser zweiten Identität bediente.
    Lisbeth nahm sich den Piercingring aus der Augenbraue und schminkte sich vor ihrem Badezimmerspiegel. Dann zog sie eine dunkle Jeans an, einen einfachen, aber warmen braunen Pullover mit gelbem Strickmuster und Stiefel mit hohen Absätzen. Von ihrem kleinen Vorrat an Tränengaspatronen, die sie in einem Karton verwahrte, steckte sie auch eine ein. Sie holte die Elektroschockpistole hervor, die sie seit einem Jahr nicht mehr benutzt hatte, und lud sie. In eine Nylontasche packte sie sich Kleider zum Wechseln. Spätabends verließ sie schließlich ihre Wohnung. Als Erstes steuerte sie den McDonald’s in der Hornsgatan an. Sie entschied sich für dieses Lokal, weil es hier weniger wahrscheinlich war, dass ihr einer ihrer ehemaligen Kollegen von Milton Security über den Weg laufen würde als im McDonald’s am Slussen oder am Medborgarplatsen. Sie aß einen Big Mac und trank eine große Cola dazu.
    Nach ihrer Mahlzeit nahm sie den 4er-Bus über die Västerbron zum St.

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