Verdammnis
Bluff in Nevada zur Welt gekommen war, als Landwirt, Geschäftsmann, Schulhausmeister, als Lokalreporter für eine Zeitung in New Mexico und Manager für eine christliche Rockband gearbeitet hatte, bevor er sich im Alter von 31 Jahren der Church of Austin South anschloss. Er war ausgebildeter Buchhalter und hatte außerdem Archäologie studiert. Einen offiziellen Doktortitel hatte Bilbo jedoch nicht in Erfahrung bringen können.
In der Gemeinde hatte Forbes Geraldine Knight kennengelernt, die einzige Tochter des Ranchbesitzers William F. Knight, ebenfalls eine tonangebende Persönlichkeit in Austin South. Richard und Geraldine hatten 1997 geheiratet, woraufhin Forbes’ Karriere innerhalb der Kirche richtig in Schwung gekommen war. Er wurde Vorsitzender der Santa-Maria-Stiftung, deren Auftrag darin bestand, »Gottes Gelder in Ausbildungsprojekte für Not leidende Menschen zu investieren«.
Forbes war zweimal verhaftet worden. Im Alter von 25 Jahren, 1987, war er in Zusammenhang mit einem Autounfall der schweren Körperverletzung angeklagt gewesen. Im folgenden Prozess wurde er jedoch freigesprochen. Soweit Lisbeth den Zeitungsausschnitten entnehmen konnte, war er auch tatsächlich unschuldig. 1995 war er angeklagt worden, weil er Gelder der christlichen Rockband veruntreut haben sollte, die er managte. Auch in diesem Fall war er freigesprochen worden.
In Austin war er im Laufe der Zeit eine bekannte Persönlichkeit geworden und saß im städtischen Ausbildungsausschuss. Er war Mitglied der Demokratischen Partei, nahm fleißig an Wohltätigkeitsveranstaltungen teil und sammelte Geld, um Kindern minderbemittelter Familien den Schulbesuch zu ermöglichen. Die Church of Austin South nahm sich bei ihrer Mission zum Großteil Spanisch sprechender Familien an.
Im Jahre 2001 hatte man Forbes im Zusammenhang mit der Santa-Maria-Stiftung gewisser finanzieller Unregelmäßigkeiten beschuldigt. Laut einem Zeitungsartikel wurde er verdächtigt, einen größeren Teil der Einnahmen in Fonds angelegt zu haben, als in den Statuten der Organisation festgelegt war. Jedoch wies die Kirche diese Anklagen zurück, und Pastor Clegg stellte sich in der folgenden Debatte eindeutig hinter Forbes. Es wurde keine Anklage erhoben, und eine Untersuchung förderte keine weiteren Anhaltspunkte zutage.
Lisbeth widmete Forbes’ privaten finanziellen Verhältnissen besonderes Interesse. Er verfügte über ein jährliches Einkommen von 60 000 Dollar, was schon als anständiger Lohn durchging, aber andere persönliche Einnahmen hatte er nicht. Wer in dieser Familie die ökonomische Stabilität garantierte, war vielmehr Geraldine Forbes. 2002 war ihr Vater gestorben und Geraldine als Alleinerbin knapp 40 Millionen Dollar zugefallen. Das Paar hatte keine Kinder.
Richard Forbes war also von seiner Frau finanziell abhängig. Lisbeth runzelte die Stirn. Keine gute Ausgangslage für einen Mann, der regelmäßig seine Frau misshandelte.
Lisbeth wählte sich ins Internet ein und schickte eine knappe, verschlüsselte Mail an Bilbo, in der sie sich für den Bericht bedankte. Außerdem überwies sie noch 500 Dollar auf die Kontonummer, die er angegeben hatte.
Dann betrat sie den Balkon und lehnte sich gegen das Geländer. Die Sonne ging gerade unter. Ein auffrischender Wind schüttelte die Palmen durch, die an der Mauer zum Strand standen. Mathilda war nicht mehr weit von Grenada entfernt. Lisbeth folgte Ella Carmichaels Rat und packte ihren Computer, Dimensions in Mathematics , ein paar persönliche Gegenstände und Kleider zum Wechseln in eine Nylontasche, die sie neben dem Bett auf den Boden stellte. Anschließend ging sie an die Bar und bestellte sich ein Fischgericht und eine Flasche Carib.
Das einzig Interessante, was es zu beobachten gab, war Dr. Forbes, der sich umgezogen hatte und jetzt Sportschuhe, einen hellen Tennispullover und kurze Hosen trug. Er stellte Ella hinterm Tresen neugierige Fragen zu Mathilda, schien aber nicht weiter beunruhigt. Er trug ein Goldkettchen mit einem Kreuz um den Hals und sah gesund und attraktiv aus.
Lisbeth Salander war nach der trostlosen Wanderung durch Saint George’s erschöpft. Nach dem Essen machte sie einen kurzen Spaziergang, aber es blies bereits ein kräftiger Wind, und die Temperatur war spürbar gefallen. Da zog sie sich lieber in ihr Zimmer zurück und ging bereits um neun Uhr zu Bett. Sie hatte noch ein wenig lesen wollen, doch dann schlief sie sofort ein, während vor ihrem Fenster der Wind
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