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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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hinunter. George Bland zerrte Lisbeth am Arm, um sie durch das Tor zu ziehen, doch sie riss sich los und stützte sich an der Mauer ab, während sie versuchte zu erkennen, was dort unten vor sich ging. Ein paar Sekunden lang verlor sie im Regen die Umrisse der beiden aus den Augen, aber dann wurde der Himmel jäh von einem Blitz erleuchtet.
    Sie wusste bereits, dass es sich um Richard und Geraldine Forbes handelte. Sie befanden sich ungefähr an der Stelle, wo Lisbeth am Abend zuvor beobachtet hatte, wie Richard Forbes auf und ab wanderte.
    Als der nächste Blitz krachte, sah sie, wie Richard Forbes anscheinend seine Frau hinter sich herzerrte, die sich mit allen Kräften zur Wehr setzte.
    Auf einmal fielen alle Puzzleteilchen an ihren Platz. Die wirtschaftliche Abhängigkeit. Die Anklagen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten in Austin. Seine nervöse Wanderung und das grübelnde Herumsitzen im »Turtleback«.
    Er will sie umbringen. 40 Millionen sind im Jackpot. Der Sturm soll ihm Deckung geben. Das ist seine große Chance.
    Lisbeth Salander schubste George Bland durch das Eingangstor. Rasch sah sie sich um und entdeckte den klapprigen Stuhl des Nachtwächters, der nicht weggeräumt worden war. Sie packte ihn, schlug ihn mit aller Kraft gegen die Mauer und bewaffnete sich mit einem abgebrochenen Stuhlbein. Während sie auf den Strand hinauslief, rief der erstaunte George Bland ihr irgendetwas hinterher.
    Die Sturmböen rissen sie fast von den Füßen, aber sie biss die Zähne zusammen und kämpfte sich Schritt für Schritt voran. Als sie fast schon beim Ehepaar Forbes angelangt war, erleuchtete der nächste Blitz den Strand. Geraldine Forbes kniete am Wassersaum. Richard Forbes stand über sie gebeugt und holte mit einem Eisenrohr oder etwas Ähnlichem zum Schlag aus. Lisbeth sah, wie der Arm in einem Bogen auf den Kopf seiner Frau niederging. Sie bewegte sich nicht mehr.
    Richard Forbes bemerkte Lisbeth Salander gar nicht.
    Als sie ihm das Stuhlbein über den Hinterkopf zog, ging er vornüber zu Boden.
    Lisbeth beugte sich zu Geraldine Forbes herab. Während der Regen auf sie herniederpeitschte, drehte sie den Körper der leblosen Frau um. Plötzlich hatte sie Blut an den Händen. Geraldine Forbes hatte eine böse Kopfwunde. Sie war bleischwer. Lisbeth sah sich fieberhaft um, während sie überlegte, wie sie den Körper zum Hotel transportieren könnte. Im nächsten Augenblick tauchte George Bland neben ihr auf und schrie ihr etwas zu, was sie im Sturm nicht verstehen konnte.
    Sie warf einen kurzen Blick auf Richard Forbes. Er drehte ihr immer noch den Rücken zu, hatte sich aber auf alle viere aufgerappelt. Lisbeth nahm Geraldine Forbes’ linken Arm, legte ihn sich über die Schultern und bedeutete George, dasselbe mit dem anderen Arm zu machen. Mühsam schleppten sie den Körper über den Strand.
    Auf halbem Wege war Lisbeth bereits völlig erschöpft, als wäre das letzte bisschen Kraft aus ihrem Körper gewichen. Doch ihr Herzschlag überschlug sich, als sie auf einmal eine Hand auf der Schulter fühlte. Sie ließ Geraldine Forbes los, wirbelte herum und verpasste Richard Forbes einen Tritt zwischen die Beine, sodass er in die Knie ging. Lisbeth nahm kurz Anlauf und trat ihn ins Gesicht. Sie fing George Blands erschrockenen Blick auf, kümmerte sich aber nicht weiter darum, sondern fasste Geraldine Forbes wieder unter und zog sie weiter über den Strand.
    Nach ein paar Sekunden wandte sie sich nochmals um. Richard Forbes stolperte ihnen mit zehn Schritten Abstand hinterher, aber er taumelte unter den Windböen hin und her wie ein Betrunkener.
    Als ein weiterer Blitz den Himmel teilte, riss Lisbeth die Augen auf.
    Sie war vor Schreck wie gelähmt.
    Hinter Richard Forbes, hundert Meter weit draußen auf dem Meer, sah sie Gottes Finger.
    Eine eingefrorene Momentaufnahme im Schein des Blitzes, eine pechschwarze Säule, die sich endlos auftürmte, bis sie aus ihrem Blickfeld verschwand.
    Mathilda.
    Das ist doch nicht möglich.
    Ein Orkan - ja.
    Ein Tornado - unmöglich.
    Grenada ist kein Tornadogebiet.
    Auf dem Meer können sich keine Tornados bilden.
    Das ist wissenschaftlich bewiesen.
    Ein einmaliges Ereignis.
    Er ist gekommen, um mich zu holen.
    George Bland hatte den Tornado ebenfalls entdeckt. Sie brüllten sich gegenseitig zu, sich zu beeilen, ohne dass der eine verstand, was der andere sagte.
    Noch zwanzig Meter bis zur Hotelmauer. Zehn. Lisbeth stolperte und ging in die Knie. Fünf. Am Eingangstor warf

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