Verdammnis
Bauch.«
Lisbeth entspannte sich. Bevor sie bei ihm war, würde er vielleicht zwei- oder dreimal treffen, und wahrscheinlich verwendete er Munition, die sie innerhalb weniger Minuten verbluten lassen würde.
»Du siehst einfach grauenhaft aus«, bemerkte Zalatschenko und zeigte auf ihr Augenbrauenpiercing. »Wie ein verdammtes Flittchen.«
Lisbeth fixierte ihn.
»Aber du hast meine Augen«, fuhr er fort.
»Tut das weh?«, erkundigte sie sich und nickte in Richtung seiner Prothese.
»Nein. Nicht mehr.«
Lisbeth nickte.
»Du möchtest mich zu gerne töten«, stellte er fest.
Sie antwortete nicht, und er lachte plötzlich auf.
»Ich habe in all den Jahren immer wieder an dich gedacht. Ungefähr jedes Mal, wenn ich in den Spiegel gesehen habe.«
»Du hättest meine Mutter in Ruhe lassen sollen.«
Zalatschenko lachte.
»Deine Mutter war eine Hure.«
Lisbeths Augen wurden pechschwarz.
»Sie war keine Hure. Sie arbeitete in einem Lebensmittelgeschäft an der Kasse und versuchte, irgendwie mit dem Geld klarzukommen.«
Zalatschenko lachte wieder.
»Du kannst dir über sie zusammendichten, was du willst. Aber ich weiß, dass sie eine Hure war. Sie sorgte dafür, dass sie so schnell wie möglich schwanger wurde, und versuchte, mich zu einer Hochzeit zu überreden. Als ob ich eine Hure heiraten würde.«
Lisbeth schwieg. Sie sah in die Mündung seiner Pistole und hoffte, dass seine Konzentration nur für den Bruchteil einer Sekunde nachlassen würde.
»Die Brandbombe war hinterhältig. Ich habe dich gehasst. Aber dann wurde das alles unwichtig. Du warst die Energie nicht wert. Hättest du die Dinge einfach gelassen, wie sie waren, hätte ich mich nicht mehr darum gekümmert.«
»Blödsinn. Bjurman hat dich gebeten, mich umzulegen.«
»Das war etwas völlig anderes. Das war eine geschäftliche Abmachung. Er brauchte einen Film, den du hast, und ich betreibe nun mal ein kleines Geschäft.«
»Und du glaubtest, ich würde dir den Film geben?«
»Aber ja, meine liebe Tochter. Ich bin überzeugt, dass du das gemacht hättest. Du ahnst ja gar nicht, wie kooperativ die Leute werden, wenn Ronald Niedermann sie um etwas bittet - besonders wenn er seine Motorsäge anwirft und dir einen von deinen Füßen absägt. In meinem Fall wäre das außerdem eine passende Entschädigung … Fuß um Fuß.«
Lisbeth dachte an Miriam Wu, die im Lager in Nykvarn in Niedermanns Hand gewesen war. Zalatschenko deutete ihren Gesichtsausdruck falsch.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Wir haben nicht vor, dich zu zerstückeln.«
Er sah sie nicht an.
»Hat Bjurman dich wirklich vergewaltigt?«
Sie antwortete nicht.
»Verdammt, der muss ja echt einen miesen Geschmack gehabt haben. Ich hab in der Zeitung gelesen, dass du so eine Scheißlesbe bist. Wundert mich nicht. Ich kann schon verstehen, dass dich kein Mann haben will.«
Lisbeth gab immer noch keine Antwort.
»Vielleicht sollte dich Niedermann mal richtig rannehmen? Du siehst aus, als könntest du’s brauchen.«
Er überlegte.
»Obwohl, Niedermann hat ja eigentlich gar keinen Sex mit Mädchen. Nein, schwul ist er nicht. Er hat nur einfach keinen Sex.«
»Dann musst du mich wohl rannehmen«, meinte Lisbeth provokativ.
Komm näher. Mach einen Fehler.
»Nein, wirklich nicht. Das wäre doch pervers.«
Sie schwiegen ein Weilchen.
»Worauf warten wir eigentlich?«, wollte Lisbeth wissen.
»Mein Kompagnon kommt gleich zurück. Er soll nur dein Auto wegbringen und noch eine Kleinigkeit erledigen. Wo ist deine Schwester?«
Lisbeth zuckte mit den Schultern.
»Antworte mir.«
»Ich weiß es nicht, und ehrlich gesagt ist es mir auch scheißegal.«
Er lachte wieder.
»Geschwisterliebe? Camilla war immer die, die was im Kopf hatte, während du eine nutzlose Versagerin warst.«
Lisbeth antwortete nicht.
»Aber ich muss zugeben, es freut mich sehr, dich aus der Nähe zu sehen.«
»Zalatschenko«, sagte sie, »du bist so was von erzlangweilig. Hat Niedermann eigentlich Bjurman erschossen?«
»Natürlich. Ronald Niedermann ist ein perfekter Soldat. Er befolgt nicht nur seine Befehle, sondern ergreift auch selbst die Initiative, wenn es nötig wird.«
»Wo hast du den eigentlich aufgegabelt?«
Zalatschenko betrachtete seine Tochter mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. Er machte den Mund auf, als wollte er etwas sagen, hielt dann jedoch inne. Er warf einen Blick zur Haustür und lächelte Lisbeth plötzlich an.
»Willst du mir etwa sagen, dass du das noch nicht
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