Verdammnis
Lisbeth auf die Füße. Sie sah ihm in die Augen.
»Ich werde dich auch töten«, sagte sie.
»Selbstvertrauen hast du jedenfalls«, meinte ihr Vater.
Niedermann lächelte sie sanft an und schob sie durch die Haustür und hinaus auf den Hof. Dabei hielt er sie am Genick fest. Seine Finger schlossen sich problemlos um ihren Hals. Er steuerte sie zum Wald, der nördlich vom Kuhstall begann.
Sie kamen nur langsam voran, und Niedermann blieb in regelmäßigen Abständen stehen, um auf Zalatschenko zu warten. Sie hatten starke Taschenlampen dabei. Als sie in den Wald kamen, ließ Niedermann Lisbeth los. Er zielte mit seiner Pistole aus einem Meter Entfernung auf ihren Rücken.
Ungefähr vierhundert Meter folgten sie einem unwegsamen Pfad. Lisbeth stolperte zweimal, wurde aber jedes Mal wieder auf die Füße gezogen.
»Hier rechts«, befahl Niedermann.
Nach zehn Metern erreichten sie eine Waldlichtung. Lisbeth sah die Grube im Erdboden. Im Schein von Niedermanns Lampe sah sie einen Spaten neben einem Erdhaufen. Plötzlich verstand sie, was für eine Kleinigkeit Niedermann vorhin hatte erledigen müssen. Er gab ihr einen Schubs, sodass sie auf die Grube zutaumelte. Sie stolperte und landete auf allen vieren, wobei sie mit den Händen tief in dem aufgeworfenen Erdhügel versank. Sie stand wieder auf und sah ihn ausdruckslos an. Zalatschenko ließ sich Zeit, und Niedermann wartete geduldig auf ihn, ohne dabei die Pistolenmündung von Lisbeth zu nehmen.
Zalatschenko war völlig außer Atem. Es dauerte über eine Minute, bis er wieder sprechen konnte.
»Ich sollte wohl irgendwas sagen, aber ich glaube, ich hab dir nichts zu sagen«, sagte er.
»Schon okay«, gab Lisbeth zurück. »Ich hab dir auch nicht viel zu sagen.«
Sie grinste ihn schief an.
»Dann bringen wir es am besten doch hinter uns«, schlug Zalatschenko vor.
»Ich bin jedenfalls zufrieden, dass meine letzte Tat darin bestand, dich hinter Gitter zu bringen«, erwiderte Lisbeth. »Die Polizei wird noch heute Nacht bei dir anklopfen.«
»Unsinn. Ich hab schon die ganze Zeit erwartet, dass du so einen Bluff versuchst. Du bist hergekommen, um mich zu töten, sonst nichts. Du hast mit niemandem gesprochen.«
Lisbeth Salander grinste noch breiter. Plötzlich sah sie bösartig aus.
»Soll ich dir mal was zeigen, Papa?«
Sie steckte langsam die Hand in ihre linke Tasche und zog einen viereckigen Gegenstand heraus. Ronald Niedermann überwachte jede ihrer Bewegungen.
»Jedes Wort, das du in der letzten Stunde gesagt hast, ist per Internetradio übertragen worden.«
Sie hielt ihren Tungsten-Palm T3 in die Höhe.
An der Stelle, wo seine Augenbrauen hätten sein müssen, kräuselte sich Zalatschenkos Stirn.
»Zeig her«, sagte er und streckte seine gesunde Hand aus.
Lisbeth warf ihm den Palm zu, und er fing ihn in der Luft auf.
»Unsinn«, meinte Zalatschenko. »Das ist ein ganz gewöhnlicher Palm.«
Als Ronald Niedermann sich vorbeugte, um einen Blick auf ihren Minicomputer zu werfen, pfefferte ihm Lisbeth eine Handvoll Sand in die Augen. Obwohl ihm die Sicht genommen war, gab er automatisch einen Schuss aus seiner schallgedämpften Pistole ab. Doch Lisbeth war bereits zwei Schritte beiseite gesprungen, und so durchlöcherte die Kugel nur die Luft. In der nächsten Sekunde packte sie den Spaten und hieb mit der scharfen Kante auf die Hand, die die Pistole hielt. Sie traf ihn mit voller Wucht am Knöchel und sah, wie seine Sig Sauer in hohem Bogen durch die Luft segelte und im Gebüsch landete. Lisbeth bemerkte, dass aus einer tiefen Wunde unterhalb seines Zeigefingers das Blut schoss.
Er müsste doch vor Schmerzen schreien.
Niedermann tastete mit der verletzten Hand in der Luft herum, während er sich mit der anderen verzweifelt die Augen rieb. Ihre einzige Möglichkeit, den Kampf zu gewinnen, bestand darin, ihm sofort eine massive Verletzung zuzufügen. Wenn es erst einmal zu einer direkten Auseinandersetzung kam, war sie hoffnungslos verloren. Sie brauchte eine Frist von fünf Sekunden, um in den Wald fliehen zu können. Also nahm sie Anlauf und holte dabei mit dem Spaten weit über ihre Schulter aus. Sie versuchte, den Griff so zu drehen, dass sie wieder zuerst mit der Kante traf, aber sie stand ungünstig und traf ihn daher nur mit der Breitseite ins Gesicht.
Niedermann grunzte auf, als zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage sein Nasenbein brach. Er war noch immer geblendet vom Sand, schlug aber mit dem rechten Arm wild um sich und
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