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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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groß. Es war alles eine Frage der Logistik: Wie transportierte man das gewünschte Produkt von A nach B oder genauer gesagt: von einem Laborkeller in Tallinn zum Freihafen von Stockholm?
    Das war sein stets wiederkehrendes Problem: Wie organisiert man den regelmäßigen Transport von Estland nach Schweden? Das war der Kernpunkt und das schwache Glied in der Kette, denn nach mehrjährigen Anstrengungen hatten sie immer noch nicht mehr auf die Beine stellen können als ständige Improvisationen und vorübergehende Lösungen.
    Leider hatte es in der letzten Zeit allzu oft Schwierigkeiten gegeben. Der blonde Riese war eigentlich stolz auf sein Organisationstalent. Im Laufe weniger Jahre hatte er eine gut geölte Maschinerie von Kontakten geschaffen, die er mit wohldosiertem Einsatz von Zuckerbrot und Peitsche pflegte. Er hatte die Fußarbeit geleistet, die Partner gefunden, Abmachungen ausgehandelt und dafür gesorgt, dass die Lieferungen am richtigen Ort ankamen.
    Das Zuckerbrot war der Anreiz, den man Unterhändlern wie Magge Lundin bot - ein guter und ziemlich risikofreier Gewinn. Ein unfehlbares System. Magge Lundin brauchte keinen Finger zu rühren, um die Waren geliefert zu bekommen - keine langwierigen Akquisitionsreisen oder erzwungenen Verhandlungen mit Personen, die genauso gut von der Rauschgiftpolizei wie von der russischen Mafia kommen und ihn jederzeit auffliegen lassen konnten. Lundin wusste, dass der blonde Riese ihn belieferte und danach seine 50 Prozent kassierte.
    Die Peitsche war unentbehrlich, weil es in letzter Zeit immer öfter zu Komplikationen gekommen war. Ein schwatzhafter Straßendealer, der zu viel wusste, hatte den Namen des Svavelsjö MC ins Spiel gebracht. Der Blonde hatte eingreifen und ihn bestrafen müssen.
    Der blonde Riese wusste, wie man Leute bestraft.
    Er seufzte.
    Er merkte, dass das ganze Geschäft immer undurchschaubarer wurde. Es war einfach zu vielseitig.
    Methamphetamin war eine erstklassige, diskrete und praktisch zu handhabende Einkommensquelle - großer Gewinn bei kleinen Risiken. Auch die Waffengeschäfte warfen einiges ab, sofern man nicht auf gefährliche Nebengleise geriet. Doch wenn man das Risiko mit einkalkulierte, war es wirtschaftlich kaum zu verantworten, einigen verrückten Rotzlöffeln, die den Kiosk an der Ecke überfallen wollten, für ein paar Tausender zwei Handfeuerwaffen zu besorgen.
    Einzelne Fälle von Industriespionage oder der Schmuggel von Elektronikbauteilen nach Osten lohnten sich da schon eher - wenngleich dieser Markt in den letzten Jahren auch dramatisch geschrumpft war.
    Nutten aus dem Baltikum waren vom wirtschaftlichen Standpunkt her gänzlich unverantwortlich. Nutten brachten Kleingeld und ansonsten nur Komplikationen, die jederzeit heuchlerische Artikel in den Massenmedien nach sich ziehen konnten. Der Vorteil an Nutten war, dass sie zumindest in juristischer Hinsicht keine Risiken mit sich brachten. Alle mochten Nutten - Staatsanwälte, Richter, Bullenschweine und auch das eine oder andere Mitglied des Reichstags. Niemand würde allzu hartnäckig graben, um diesen Geschäften Einhalt zu gebieten.
    Nicht einmal eine tote Nutte stellte eine sonderlich große Gefahr dar. Wenn die Polizei innerhalb weniger Stunden einen dringend Tatverdächtigen ergriff und dieser noch Blutflecken auf seiner Kleidung hatte, kam es rasch zu einer Verurteilung. Ein paar Jahre Gefängnis oder Verwahrung in irgendeiner obskuren Anstalt. Doch wenn ein Verdächtiger nicht innerhalb von achtundvierzig Stunden ergriffen wurde, das wusste der Blonde aus Erfahrung, dann wandte sich die Polizei schnell wieder anderen Dingen zu.
    Aber der blonde Riese mochte das Geschäft mit den Huren nicht. Ihm missfielen die Nutten mit ihren verspachtelten Gesichtern und ihrer grellen, besoffenen Lache. Sie waren unrein. Sie waren Humankapital - aber von der Sorte, die ebenso viel kostete, wie sie einbrachte. Und da es sich um Humankapital handelte, bestand immer das Risiko, dass eine von ihnen durchdrehte und sich einbildete, sie könnte abspringen oder mit der Polizei, Journalisten oder anderen Außenstehenden quatschen. Dann war er wieder gezwungen, einzugreifen und sie zu bestrafen. Waren ihre Enthüllungen detailliert genug, mussten Staatsanwalt und Polizei handeln - ansonsten gab es nämlich tatsächlich Zunder in diesem verfluchten Reichstag. Nein, das Geschäft mit den Nutten bedeutete nichts als Ärger.
    Die Brüder Atho und Harry Ranta waren das Paradebeispiel für solchen

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