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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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werden, ohne diesen ganzen Kram. Aber jetzt hatte ich ihr dummerweise genau das serviert, worauf sie schon so lange gehofft hatte.
    Leander schien das zu gefallen. Er feixte mich an und reckte den Daumen hoch.
    »Klasse Überleitung, Luzie. Jetzt kommt das Aufklärungsgespräch, wirst sehen!«
    »Ich bin schon aufgeklärt!«, blaffte ich ihn an und biss mir im selben Moment auf die Zunge. Reumütig sah ich Mama an. »Ich meine, ich … ach, Mama, das ist alles so furchtbar kompliziert …«
    »Oh ja, mein Schatz, das ist es!«, rief Mama mit Tränen in den Augen und drückte mich fest an ihre Brust. Ich japste auf. Mamas Umarmungen konnten gefährlich werden. Sie hatte ihre Diskuswerfermuskeln nicht optimal unter Kontrolle, wenn sie heulen musste. Das war so ähnlich wie bei mir und dem Schwung. »Jetzt ist es also so weit – mein kleines Mädchen wird erwachsen.«
    »Ähm – ja. So ist es wohl«, murmelte ich.
    »Die wird nie erwachsen«, tönte es vom Fußende. »Da kann ich warten, bis ich schwarz werde.«
    »Wenn du etwas von mir wissen möchtest, Luzie: Du kannst mich immer fragen! Immer!« Sie zwinkerte mich verschwörerisch an. »Hast du denn schon …?«
    »Nein, habe ich nicht«, antwortete ich schnell, obwohl ich mir nicht sicher war, was Mama überhaupt meinte. Doch was immer es sein konnte – diese Themen waren definitiv nicht für Leanders Ohren bestimmt.
    »Ich würde jetzt gerne ein bisschen allein sein«, sagte ich und gab mir Mühe, einen möglichst mädchenhaften Gesichtsausdruck aufzusetzen. Leander ließ sich mit einer geschmeidigen Rückwärtsrolle vom Bett fallen.
    »Dass ich das noch erlebe! Das hässliche Entlein versucht, wie ein Schwan zu gucken! Halleluja!«, johlte er.
    »Natürlich lasse ich dich ein bisschen allein, natürlich, mein Liebes! Oh, das ist ja alles so aufregend …« Mama stand auf, drückte mir einen Kuss auf die Haare und verschwand händereibend aus meinem Zimmer.
    Doch Leander sah nicht ein zu verschwinden. Dabei hatte mein Wunsch, allein zu sein, für beide gegolten und das wusste er ganz genau. Er lupfte sich auf meinen Schreibtisch, kreuzte lässig die Beine, lehnte die Unterarme auf seine Knie und hörte nicht damit auf, mir sein Grübchen zu zeigen.
    »Kannst du nicht endlich mal dein dämliches Grinsen abschalten?«, schnauzte ich ihn an. »Das ist nicht witzig! Mama denkt, ich hab ’ne Essstörung, weil du ständig unseren Kühlschrank leer frisst und ich dir immer eine Extraportion ins Zimmer schmuggeln muss!«
    In den ersten Tagen nachdem Leander seinen Körper erschuf, hatte er weder viel Essen noch viel Schlaf gebraucht. Doch nun futterte er wie ein Scheunendrescher. Es begann aufzufallen.
    »Ist doch gut, dass deine Mutter sich um dich sorgt. Kann mir nur recht sein. Wir lieben besorgte Mütter. Dann müssen wir nicht so viel …« Er schnitt sich selbst das Wort ab und schaute betont unschuldig aus dem Fenster.
    »Nicht so viel arbeiten, was?«
    »Ups, erwischt«, sagte er unbekümmert und setzte wieder sein selbstverliebtes Grinsen auf. Es war inzwischen kein Geheimnis mehr, dass Leander Phasen hatte, in denen er stinkfaul war. In anderen Momenten war er jedoch übereifrig und richtete mehr Schaden an als Nutzen – wie gestern, als er wie ein Bekloppter durch die Wohnung rannte und Kerzen ausblies. Und dann hoffte er noch, Karriere machen zu können …
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als das Abendessen Leander zu überlassen und selbst darauf zu verzichten – was Mama und Papa nicht mitbekamen, da sie Oma Anni nach Hause fuhren und anschließend zum Weihnachtsdinner bei einem befreundeten Bestatterehepaar aus Oggersheim eingeladen waren. Mama hatte mir eine Portion von Oma Annis mitgebrachtem Wildgulasch in den Kühlschrank gestellt. Ich liebte ihr Gulasch und noch mehr liebte ich ihre selbst gemachten Knödel. Ich wärmte alles auf, knallte es Leander vor die Füße und nutzte die Gelegenheit, um mir im Flur die Jacke überzuziehen und zu verschwinden. Hungern wollte ich auf keinen Fall.
    Ich lief über die Straße zur Pizzeria der Lombardis. Dort würde ich zwar kein Wildgulasch bekommen, aber bestimmt ein Stück Pizza.
    »Fröhliche Weihnachten!«, rief ich, kletterte auf einen Barhocker und schob Frau Lombardi eine Tüte mit Mamas scheußlichen Plätzchen zu.
    »Lucia!«, schmetterte sie erfreut, schnappte mich und schleppte mich in die Küche zu ihrem Mann.
    Genau so hatte ich mir das vorgestellt. Die Küche der Lombardis war ein besonderer

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