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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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mich. Von jemandem verfolgt zu werden, der mich kein einziges Mal ansah, war gruselig. Ganz besonders gruselig wurde es aber, wenn Mogwai und SpongeBob beim Training im Zweierpack an mir klebten.
    »Hast wieder ein Tief, was?«, fragte Billy, als ich mich nach zehn schwachen Klimmzügen entnervt vom Reck fallen ließ. Sobald ich mich auf die Bank setzte und meine Beine ausstreckte, wandte Mogwai sich von mir ab und begann an einem der Mülleimer herumzuschnüffeln.
    »Jaja, jetzt isse berühmt und denkt, sie muss sich nicht mehr anstrengen«, witzelte Seppo, ohne dabei zu lachen. War er etwa immer noch sauer, weil Serdan mir gemailt hatte? Das musste er nicht. Serdan hatte den ganzen Tag noch kein Wort mit mir gewechselt, wie fast immer, und im Moment hatte er nur Augen für meinen gestörten Hund. Und obendrüber schwebte mein gestörter Schutzengel.
    »Red keinen Scheiß«, schnauzte ich Seppo an. »Hab einfach zu viel gegessen an Weihnachten. Das ist morgen schon wieder anders.«
    Ich kehrte ihm den Rücken zu und beobachtete, wie Serdan den Hund mit einer Rinde Brot aus seiner Tasche (Serdan hatte immer etwas zu essen in seinen Hosentaschen) fütterte und ihm das Nackenfell kraulte. Mogwai seufzte schwer und lehnte sich an Serdans Bein. Ich war ein bisschen eifersüchtig, weil Mogwai sich noch nie an mich gelehnt hatte, aber in erster Linie fand ich es gut. Ja, es war gut, wenn Serdan Mogwai mochte, denn vielleicht konnte er sich um ihn kümmern, während ich an meinen Runs feilte.
    »Er mag dich«, sagte ich und versuchte, ein möglichst cooles Grinsen aufzusetzen (zu nett durfte man Jungs nie angrinsen, denn das war ihnen peinlich und Serdan erst recht).
    »Hm«, machte Serdan – kein ganzes Wort, aber immerhin eine Reaktion. Er murmelte etwas auf Türkisch zu Mogwai. Der Hund ließ sich auf die Seite fallen und zeigte Serdan seinen Bauch. Serdan streckte die Hand aus, um ihn ausgiebig zu streicheln. Mogwai grunzte selig.
    Ich schaute zu SpongeBob, der schwach schimmernd zwischen den kahlen Ästen des Baums hing und so schwammig war, dass ich kaum mehr ein Gesicht erkennen konnte. Nur der exakt gezogene Scheitel und die Nickelbrille stachen heraus. Mogwai war nun untergebracht; ich musste ihm beibringen, sich von Serdan befummeln zu lassen, wenn ich trainierte. Aber was war mit dem Schwamm?
    »Ich hau ab, ich hab ein Problem zu lösen«, rief ich den Jungs zu und pfiff Mogwai zu mir. Er kam natürlich nicht. Ich musste ihn von Serdan losreißen und ihm die Leine anlegen, damit er mir folgte. Die Amöbe aber schwebte schon eilfertig und vollkommen blind über meinem Kopf.
    Es war kein Wunder, dass Billy mir ein Formtief vorwarf. Ich hatte mich schon an diesem ersten Trainingstag nach den Ferien verändert. Ich registrierte auf einmal Sachen, die mir vorher völlig egal gewesen waren. Letzten Winter hatte ich mich nicht für den kalten Wind oder die Eisschicht an der Reckstange oder glitschige Untergründe interessiert. Es war mir gleichgültig, wenn ich zu sehr gefroren hatte, und niemals hatte ich eine Flasche Wasser dabei, um genug zu trinken. Jetzt aber lenkten mich solche Dinge ständig ab – falls ich es denn mal schaffte, Mogwais durchbohrende Blicke oder die Amöbe zu ignorieren.
    Ich war von mir selbst genervt, als ich nach Hause kam, und auch das Video auf YouTube konnte mich nicht trösten. Ich hatte mich beim Training auf nichts konzentrieren können. Mir war die Reckstange aus den Händen gerutscht, ich war entweder zu flach oder zu hoch gesprungen, ich hatte zu wenig Schwung (und das war noch nie mein Problem gewesen; eigentlich hatte ich immer zu viel Schwung!) und ich hatte über jeden Schritt und jede Drehung nachgedacht. Normalerweise dachte ich über nichts nach, ich fühlte es einfach. Und jetzt hatte ich nicht einmal Lust, morgen wieder zu trainieren. Nein, mir war eher danach, mich ins Bett einzukuscheln und irgendein blödes Buch zu lesen.
    Das war nicht ich! Das war irgendjemand anderes, aber nicht die Luzie aus meinem Video. Ob ich vielleicht krank wurde? Manchmal ging es mir so, wenn mir etwas in den Knochen steckte, wie Mama es immer formulierte. Bei ihr fingen Krankheiten in den Knochen an. Doch meine Knochen taten nicht weh, auch nicht meine Ohren, ich hatte keinen Schupfen und keinen Husten und kein Halsweh. Ich setzte mich aufs Klo, um in Ruhe nachzudenken. Mogwai, der immer mit ins Bad wollte, rollte sich vor mir auf dem Teppich zusammen und begann zu schnarchen.
    Warum hatte ich

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