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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Wikipedia auf und gab »Pubertät« ein. Doch das half mir nicht weiter. Der Artikel handelte nur von allen möglichen Geschlechtsmerkmalen, Samensträngen, Eierstöcken und explodierenden Haaren an den unpassendsten Körperstellen. Diesen ganzen Kram kannte ich schon aus dem Biounterricht, obwohl ich kaum aufgepasst hatte. Und was ich nicht in Biologie gelernt hatte, hatte Mama mir schon vor Jahren erzählt. Mama redete gerne und lang über solche Dinge, und es war ihr total egal, ob ich sie hören wollte oder nicht.
    Nein, Haare und Brüste interessierten mich nicht. Damit würde Vitus nichts anfangen können. Er hielt seine Augen geschlossen und kam nicht mit ins Badezimmer – dem Himmel sei Dank. Ich kehrte zurück zu Google, wühlte mich kreuz und quer durchs Internet und stieß schließlich auf eine Seite, die ein wenig nützlicher klang. Hmm, mal sehen …
    In der Pubertät wirst du dich nicht nur körperlich verändern, nein, wahrscheinlich wirst du auch die eine oder andere seelische Krise durchstehen müssen.
    Aha. Seelische Krisen. Ich hätte schwören können, dass ich eine solche Krise genau jetzt gerade hatte. Mindestens eine. Eigentlich bestand mein Dasein nur noch aus Krisen. Gespannt las ich weiter:
    Dein früheres Leben kommt dir nun sicherlich einfacher und fröhlicher vor. Unbeschwerter! Doch jetzt scheinst du von einem Konflikt in den nächsten zu stolpern, ganz besonders in der Schule oder im Zusammenleben mit deinen Eltern.
    Bingo! Probleme in der Schule hatte ich zwar schon immer gehabt, aber Streit mit den Eltern noch nie. Zumindest nicht so schlimm wie jetzt. Ich rückte etwas näher an den Bildschirm.
    Pu solltest diese neuen Probleme niemals als eine Strafe betrachten, sondern sie als eine Herausforderung sehen. Denn wenn du sie löst, schaffst du damit Meilensteine deiner Entwicklung und wirst an ihnen wachsen.
    Oh Gott. Das klang ja ätzend. Meilensteine der Entwicklung. Hatte Leander diesen Text geschrieben? Und von wegen Probleme nicht als Strafe sehen: Mein größtes Problem war tatsächlich eine Strafe – mein Hausarrest. Wie sollte ich daraus nur einen Meilenstein basteln? Allerdings würde es ein Meilenstein sein, wenn ich es als einziger Mensch schaffte, eigenständig meinen Wächter zu vertreiben.
    Also befand ich mich vielleicht doch schon mitten in der Pubertät und wusste es nur nicht? Ich blickte zweifelnd an mir herunter. Einen BH brauchte ich immer noch nicht, und ich hatte keine Ahnung, wie man sich schminkt und die Hüften bewegt beim Laufen oder sich die Haare schön macht. Ich fand meine Haare schön, wie sie waren. Sollte ich mir jetzt etwa ein Glitzerspängchen an die Schläfe pappen wie Mama an Silvester?
    Moment, was hatte Leander über die Spürer gesagt? Sie sehen dann hin und peilen sich neu ein, wenn die Menschen sich verändern. Meinte er damit auch äußerliche Veränderungen?
    Und hieß das, ich musste nun anfangen, wie ein Mädchen auszusehen und mich wie ein Mädchen zu benehmen, damit die Amöbe mir die Sache mit der Pubertät abkaufte und mich endlich wieder allein ließ?
    Noch einmal begutachtete ich kritisch mein Aussehen. Oje, ich hatte mich sogar schon ein bisschen verändert. Mama hatte heute Morgen während unserer Streitereien meine Sportschuhe versteckt und all meine bequemen Cargohosen und Kapuzenpullis in die Waschmaschine geschmissen, weil sie genau wusste, dass ich diese Klamotten immer angehabt hatte, wenn ich »rausgegangen« war.
    Ich musste meine Lederstiefel anziehen, die ich sonst nur an Weihnachten trug, und dazu die enge, dunkle Jeans, die Mama mir zum Geburtstag geschenkt hatte und die am Hintern zwickte. Hatte Seppo mich deshalb so ausführlich angeschaut, als ich den Jungs gesagt hatte, dass ich aufhöre? Womöglich gefielen ihm meine Klamotten …
    »Das ist alles furchtbar kompliziert«, stellte ich ernüchtert fest. Die Pubertät schien eine anstrengende Sache zu sein. Und ich durfte es nicht zu schnell angehen. Am Ende wurde SpongeBob misstrauisch.
    Vielleicht sollte ich mich fürs Erste mit Mama versöhnen. Aber nicht heute. Morgen oder übermorgen. Und dann musste ich wohl oder übel diese Hannah-Montana-Nacht durchstehen. Denn am Schluss dieser Internetseite über die Pubertät hieß es:
    Du wirst all die Klippen besser überwinden können, wenn du gute Freunde und eine enge Vertraute an deiner Seite hast, mit der du über alles sprechen kannst, was dich belastet.
    Eine enge Vertraute. Ich hatte nur eine einzige Freundin

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