Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Sohle.«
Dann läßt Oberst von Gregory die britischen Offiziere in sein Büro bitten. Es geht sehr höflich zu. Der Oberst stellt sie einander vor: » Kapitän Tapken vom Reichsmarineamt, sein Adjutant Oberleutnant Seiler. Captain Trench, Royal Marine Light Infantry, Lieutenant Brandon, Admiralty Survey Service.«
Sie verneigen sich voreinander. Der Oberst führt sie durch eine Flügeltür ins Nebenzimmer, in dem sich sechs bequeme Ledersessel um einen niedrigen Tisch gruppieren. Er bittet, Platz zu nehmen, kündigt an, daß eine Ordonnanz gleich Tee servieren werde, und läßt sie dann allein.
Die britischen Offiziere sehen sich ähnlich. Beide Ende zwanzig, groß und schlank, Brandon etwas kleiner als Trench, beide tragen kurzgestutzte Schnurrbärte. Beide in schwarzen Anzügen mit weißem Hemd und Krawatte.
» Gentlemen«, beginnt Tapken in Englisch, » ich freue mich, Sie wohlauf zu sehen, soweit es Ihnen die Umstände gestatten. Ich bin hier, um mich mit Ihnen noch einmal über Ihren Einsatz in Ostfriesland zu unterhalten. Ich darf vorausschicken, daß Ihnen aus dieser Unterhaltung, wie immer sie verlaufen mag, keinerlei Nachteile entstehen werden. Im Gegenteil besteht die Möglichkeit einer vorzeitigen Amnestie, eventuell bereits im Lauf des kommenden Jahres.«
Seiler wundert sich. Von einer Amnestie hat ihm Tapken nichts gesagt. Will er das als Lockmittel benutzen?
Captain Trench antwortet: » Well, Sir, ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Sie sich mit unseren Prozeßakten vertraut gemacht haben. Unseren Aussagen vor Gericht ist eigentlich wenig hinzuzufügen.«
» Just dieses wenige würde mich interessieren«, schmunzelt Tapken.
Es klopft, und ein blau uniformierter Soldat schiebt ein Teewägelchen herein. Sie schweigen, während der Mann Tassen auf den Tisch stellt, dazu die Kanne, eine Zuckerdose und ein Kännchen Milch. Dann schenkt er ihnen der Reihe nach Tee ein und geht wieder.
Lieutenant Brandon bemerkt: » Wie Sie sicher wissen, Sir, war ich in England im Hydrographic Department des Admiralty Survey Service tätig. Wenn Sie so wollen, ließe sich dieser mit Kiplings Ethnological Survey vergleichen.«
Seiler muß grinsen, damit spielt der Engländer auf Kim an, einen der ersten Spionageromane, wenn nicht gar der erste überhaupt.
Tapken lacht. » Danke für den Hinweis«, sagt er, » ich brauche mir also nur den Punjab als unsere Nordsee vorzustellen?«
» Yes, Sir«, erwidert Brandon bescheiden.
» Sagen Sie, was hat Sie speziell so an Borkum interessiert?«, will Tapken wissen.
» Nun, die Art und Stärke der Befestigung«, erwidert Brandon, » die Positionierung der Batterien, solche Dinge.«
Seiler wirft ein: » Das ist ja alles bereits in der Verhandlung zur Sprache gekommen. Aber wovon sind Sie ausgegangen? Haben Sie denn vermutet, daß aus der Ems heraus eine Invasion Englands beabsichtigt sein könnte?«
» Womit wir bei Riddle of the Sands wären«, sagt Captain Trench.
» Keine abwegige Vermutung«, sagt Tapken, » Sie haben den Roman ja buchstäblich nachgespielt. Ich halte allerdings nichts von der im Buch geäußerten Vermutung, Deutschland plane eine Invasion Englands aus den ostfriesischen Flußmündungen im Rücken der vorgelagerten Inselkette von Borkum bis Wangerooge. Das sind eindeutig Hirngespinste!«
» Nun, das sollte mich freuen«, meint Brandon, » ich dachte, es könne nicht schaden, einmal nachzusehen.«
» Niemand hier denkt im Ernst an so etwas«, versichert ihm Tapken. » Betrachten Sie die Sache mal vom Strategischen her. Angenommen, wir würden eine Invasion Englands versuchen, so wie Childers sich das gedacht hat. Mit Schuten und Lastkähnen voller Soldaten, von Schleppern gezogen. Mit viel Glück könnte das gelingen, wenn es auch äußerst unwahrscheinlich wäre. Aber hier kommt die große Strategie ins Spiel, Gentlemen. Würden die Franzosen und die Russen nicht die Gunst der Stunde nutzen und uns in den Rücken fallen? Krieg an drei Fronten gleichzeitig? Ein Risiko, das unsere Oberste Heeresleitung nie im Leben einzugehen bereit wäre!«
Trench entgegnet: » Mag sein. Aber ihr Deutschen habt die stärkste und beste Armee auf dem Kontinent. Wir trauen euch schon einiges zu.«
» Besten Dank!«, lacht Tapken. » Aber ich denke da an den Vertrag, den ihr mit den Franzosen gemacht habt. Heißt es darin nicht, daß im Fall eines Krieges zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich England eine Expeditionary Force in Belgien und vielleicht
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