Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Mannschaftsraum. » Vormittagswache sich klarmachen!«
Seiler ist mit eingeteilt. Um acht löst er mit Obersteuermann Traebert und dem Rudergänger die Brückenwache ab, im Speckpäckchen, wie das schwere graue Lederzeug genannt wird. Das schützt gut gegen den Wind. Aber draußen scheint die Sonne, der Himmel ist blau, Wolken treiben im leichten Westwind. Eine sanfte Dünung geht, das Boot rauscht flott dahin und wiegt dabei sacht auf und ab. Ein rascher Rundblick, die Kimm ist frei, weit und breit kein Schiff. Gelblichweiß qualmt es aus dem hohen, silbern angestrichenen Auspuffrohr. Traebert hat seinen Sextanten mit hochgenommen, zum Sonneschießen, aber zuerst steckt er sich eine Pfeife an und pafft ein paar Züge. Er ist ein kräftig gebauter, fast hünenhafter Mann, eigentlich zu groß für die Enge in einem U-Boot. Sein Gesicht ist breit, der Ausdruck fast immer grimmig, dabei ist er so gutmütig, daß ihn die Leute Papi nennen.
Eine halbe Stunde später werden voraus mehrere Rauchfahnen am Horizont gesichtet. Das werden die übenden Aufklärungskreuzer der Hochseeflotte sein. Als sie über die Kimm kommen, beobachtet Seiler sie durchs Glas. Dreischornsteiner, deutsche Schiffe. Zwei Kleine Kreuzer auf Nordostkurs, hohe Fahrt laufend und mächtig qualmend, vorneweg und gerade noch erkennbar ein Rudel Torpedoboote.
Ob die ihr niedriges Boot auf die Entfernung sehen können? Niemand darf wissen, wohin sie fahren. Der Kommandant kümmert sich nicht darum. Sie sind weit weg, so daß keine Veranlassung besteht, Kurs zu ändern oder gar zu tauchen. Bald kommen sie außer Sicht und lassen nur einen dunklen Rauchschleier zurück.
Die Mannschaft rätselt. Für eine Fahrt ins Kattegat oder die Ostsee ist ihr Kurs zu westlich.
Zum Abendessen gibt es Erbsensuppe mit Speck. Der Schmut hat sie an Deck gekocht, mit dem norwegischen Petroleumpatentkocher, denn die elektrischen Kochtöpfe in der Kombüse sind durch Kurzschluß ausgefallen.
S. M. U 9, auf See, 5. März 1913, Mittwoch
Es rummst im Maschinenraum, dann knallen ein paar Fehlzündungen wie Kanonenschüsse durch das Boot. Das Hämmern der Maschinen kommt aus dem Takt. Der Leitende hastet durch die Zentrale nach achtern. Blauer Rauch weht ihm entgegen. Eine Minute später ist er wieder da und ruft mit schiefgelegtem Kopf zum Turmluk hinauf: » Kolbenbodenriß! Vordere Steuerbordmaschine gestoppt!«
Der Kommandant hangelt sich herunter. » Bringen wir besser gleich in Ordnung«, brummt er, » solange es hier in der Gegend noch ruhig ist.«
Er setzt gerade den Fuß auf die Leiter, um wieder aufzuentern, als von oben ein lauter Ruf kommt: » An Kommandant! Rauchfahnen an Backbord, siebzig Grad!«
» Ausgerechnet!« schimpft Weddigen und steigt eilig hinauf. Seiler stellt sich neben die Leiter und versucht zu hören, was oben auf der Brücke los ist. Maschinenlärm und das Rauschen der See sind aber zu laut. Dann ein Ruf von oben: » Tauchbereitschaft!«
Zwei Matrosen der Seewache entern auf, das Deck tauchklar machen. Ein paar Minuten später poltern sie mit der Brückenwache wieder herunter.
» Auf Tauchstationen!«
» Englische Fischerflotte! Kommt eben über die Kimm«, erklärt Weddigen und zuckt die Achseln. » Dürfen uns nicht sehen, die Brüder. Wir legen uns zur Reparatur auf Grund.«
Stille. Auch das Summen der E-Motoren ist verstummt. Ab und zu ist ein Schurren und Schleifen zu hören, und das Boot bewegt sich unruhig, wiegt sich von einer Seite auf die andere.
» Tiefe hier nur zwanzig Meter«, erklärt Traebert, » da spüren wir die Dünung noch.«
Aus dem offenen Schott zum Maschinenraum dringen laute Hammerschläge, das Klirren von Werkzeug auf den eisernen Flurplatten, Flüche. Der kaputte Zylinder muß herausgekippt und der zersprungene Kolben ersetzt werden.
» Passiert öfter«, sagt Spieß, » deswegen haben wir zwölf Reservekolben dabei.«
Nicht ganz eine halbe Stunde später meldet der Leitende die Maschine klar, und der Kommandant läßt auf Sehrohrtiefe gehen. Minutenlang beobachtet er gebückt durchs Zentralperiskop, dann richtet er sich auf und sagt: » Mindestens ein Dutzend Fischdampfer im Anmarsch. Wir bleiben unten und sehen zu, daß wir vorbeikommen, bevor sie uns ihre Netze in den Weg schleppen.«
Laut befiehlt er: » Auf zwölf Meter gehen! Unterwassermarschfahrt. Kurs bleibt Westnordwest.«
S. M. U 9, auf See, 6. März 1913, Donnerstag
Nachts und morgens starke Dünung. Das Boot steigt mit den Wellenkämmen hoch und
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