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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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die paar Schritte zu Petermans Laden, bleibt kurz davor stehen und tupft sich den Schweiß von Stirn und Kinn. Erst zehn Uhr und schon so warm! Die Zeitungen schreiben bereits von einem ungewöhnlich heißen Sommer.
    Er will gerade nach der Klinke fassen, als jemand von innen die Tür öffnet und beinahe mit ihm zusammenstößt. Wohl Peterman, der Buchhändler, denn er tritt sofort zur Seite und macht eine einladende Geste: » Good Morning, Sir! Bitte treten Sie ein!« Drummond erwidert: » Good Morning, thank you! Ich suche nichts Bestimmtes. Ich möchte nur mal sehen, was es bei Ihnen so an Büchern gibt.«
    » Natürlich, Sir, gern«, entgegnet der Buchhändler, » fragen Sie einfach, wenn Sie etwas wissen möchten!«
    Drummond schiebt die Hände in die Hosentaschen, wandert langsam die Regale entlang und überfliegt mit schiefgelegtem Kopf die Titel. Die Bücher sind nach Sachgebieten geordnet und die Regale entsprechend beschildert: Seewege, Seerecht, Seekriegsgeschichte. Navigation, Segelhandbücher, Tidentabellen, Wetterkunde, Meereskunde. Maschinenkunde, Schiffbau, Handelsschiffe, Kriegsschiffe, Seezeichen, Signalwesen und so weiter. Ein Fach ist als German – Naval, Nautical & Maritime beschriftet. Er nimmt einen dünnen Band heraus: Seestern 1906. Das Wort bedeutet Starfish, wie er zufällig weiß, sonst kennt er nur wenige deutsche Wörter. Er blättert darin herum, aber es ist nicht illustriert, also stellt er es zurück.
    Da und dort entdeckt er ein Buch, das er kennt oder von dem er zumindest gehört hat. Da ist Mahans The Influence of Seapower upon History, man könnte sagen, die Bibel aller Admiralitäten und Kriegsmarinen weltweit. Drummond hat Mahan selbstverständlich gelesen, und gleich fällt ihm der Satz ein: Great Britain cannot help commanding the approaches to Germany. Das ist wahr. Großbritannien liegt wie ein riesiger Sperriegel über den Seewegen der Deutschen hinaus in den Atlantik. Kein Wunder, wenn die sich eine große Schlachtflotte bauen. Sollten sie mit Frankreich, das mit Rußland verbündet ist, in einen Krieg verwickelt werden, könnte England ihnen leicht den Seehandel abschneiden und sie so möglicherweise zum Aufgeben zwingen.
    Seine Oberlippe juckt unter dem aufgeklebten Schnurrbart, und er kann sich gerade noch beherrschen, bevor er daran herumkratzt. Er ist natürlich nicht hier, um in Büchern zu blättern. Er soll sich mit Peterman unterhalten, einen Eindruck von ihm gewinnen, ihn aushorchen, mit aller Vorsicht natürlich.
    Melville hatte ihn heute morgen um acht Uhr abgeholt und mit zu Clarksons, den Maskenbildnern, genommen. Die residieren in der Victoria Street, nicht weit von den Army & Navy Stores. Während der Maskerade, die er als peinlich empfunden hat, hat er über seine Situation nachgedacht, seinen seltsamen neuen Beruf. Er hat die Stelle angenommen, nicht sosehr, um England gegen heimtückische Feinde zu schützen, eher weil er, eine Zeitlang zumindest, an Land bleiben will. Und natürlich, weil er Geld braucht. Er sei jetzt Beamter im Intelligence Department des War Office, hatte man ihm erklärt, doch das Secret Service Bureau existiere offiziell nicht.
    Und nun folgt er Fremden durch Londons Straßen und soll in Verkleidung einen Buchhändler aushorchen. Ein Geheimpolizist ist er geworden. Kein sehr schöner Gedanke im liberalen England. Ob er sich anders entschieden hätte, wenn er gewusst hätte, was er jetzt empfindet?
    Schließlich war die Prozedur abgeschlossen und sein Äußeres verändert. Er hat sich selbst kaum wiedererkannt. Die Haare sehr kurz geschnitten und viel dunkler als zuvor, dazu passende Augenbrauen und ein falscher Schnurrbart. Trotz dieses Bartes wirkt er ein paar Jahre jünger. Er hat eine Drahtgestellbrille aus dem Fundus, den Melville dort zu seiner Verfügung hält, erhalten, einen Strohhut, ein leichtes Jackett und dazu eine Krawattennadel, wie sie Offiziere der Handelsmarine tragen. Anschließend hat man ihn photographiert, von vorn und von beiden Seiten, damit sich diese Verkleidung wiederholen läßt, falls nötig. Inzwischen ist er am Ende der Regalwand angelangt und holt sich in die Gegenwart zurück. Peterman ist beschäftigt. Er steht über seinen Schreibtisch gebeugt und liest mit gerunzelter Stirn in einer Kladde. Er wirkt konzentriert, und Drummond zögert, ihn anzusprechen.
    Schließlich räuspert er sich und sagt: » Excuse me, Mr. Peterman, Sie haben nicht zufällig ein Buch von diesem Le Queux?«
    Peterman blickt

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