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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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Kell nicht, nimmt es aber an.
    Kell beauftragt Mr. Westmacott, seinen Clerk, die Photographie Seilers zu vervielfältigen. Sie soll im Lauf der nächsten Woche an die Chief Constables verteilt werden, die für die Häfen zum Kontinent und die großen Bahnhöfe zuständig sind. Sollte Seiler irgendwo erkannt werden, ist das sofort an Kell zu melden. Er soll, sicher ist sicher, so unauffällig wie möglich beobachtet werden, bis jemand vom SSB übernehmen kann. Keinesfalls ist er zu verhaften. Es muß auf jeden Fall vermieden werden, daß er Verdacht schöpft.
    London, Bedford Square, 5. August 1911, Samstag
    Während des Frühstücks wird Seiler ans Telephon gerufen. Am Apparat ist Reimers. Seiler soll sich mit ihm treffen, in der kleinen Parkanlage am Bedford Square. Das ist gleich um die Ecke. Als er zehn Minuten später dorthin kommt, sitzt Reimers auf einer Bank, in Hemdsärmeln, eine halbgerauchte Zigarre zwischen den Zähnen, und blättert in der Times herum. » Morgen, Seiler!«, begrüßt er ihn. » Das ist ein Wetterchen, was? Kommt mir mehr wie Sansibar vor.«
    Seiler fragt: » Waren Sie da mal?« Reimers nickt. » Ja, während des Araberaufstands, anno 1889. War damals bei der Marine, auf dem Aviso Pfeil, mit Admiral Deinhardt. Höllische Hitze, sogar vor der Küste!«
    Da niemand in der Nähe ist, der sie hören könnte, unterhalten sie sich auf deutsch.
    » Übrigens ist es überall in Europa genauso heiß, und sogar an der Ostküste der USA «, sagt Reimers und klopft auf die Zeitung. Er faltet das Blatt zusammen und steht auf. » Kommen Sie, gehen wir ein Stückchen.«
    Sie schlendern die Bloomsbury Street entlang in Richtung Russell Street, und Reimers teilt ihm mit, Widenmann habe jetzt einen konkreten Auftrag für ihn: » Er möchte, daß Sie übermorgen nach Edinburgh fahren und sich von dort aus einmal Rosyth ansehen, gleich hinter der großen Firth-of-Forth-Brücke. Die britische Admiralität will den Platz nämlich zum Hauptstützpunkt der Flotte an der nördlichen Nordsee ausbauen. Von dort aus könnte sie dann jeden deutschen Flottenvorstoß verhindern und die Handelsschiffahrt in den Atlantik unterbrechen. Durch den Ärmelkanal ist für uns ja sowieso kein Durchkommen.«
    Seiler erinnert sich an die Karte, die er für den Attaché bei Peterman abgeholt hat, und nickt.
    Reimers zieht ein Kuvert aus der Brusttasche und hält es ihm hin. » Sie nehmen den Flying Scotchman nach Edinburgh, Abfahrt zehn Uhr, Kings Cross Terminus. Hier drin sind Ihre Fahrkarten und genug Geld für Auslagen und Unterkunft. Gehen Sie aber keinesfalls in ein großes Hotel, sondern suchen Sie sich lieber eine unauffällige kleine Pension irgendwo am Stadtrand. Noch ein Tip: Geben Sie Ihr Gepäck heute abend oder morgen früh auf, und gehen Sie danach wieder nach Hause. So werden Sie übermorgen am Bahnhof nicht gleich als Reisender erkannt. Und verraten sie keinem, daß Sie Deutscher sind!«
    Seiler nickt wieder: » Natürlich. Ich werde mich hüten, Herr Reimers.«
    » Gut. Sehen Sie sich Rosyth an, aber mit aller Vorsicht! Betreten Sie keinesfalls einen gesperrten Bereich, wenn es dort so etwas gibt, was ich stark vermute.« Er bleibt stehen, holt ein Taschentuch heraus und wischt sich damit den Schweiß von der Stirn. » Gott, ist das heiß! Na ja, die Hundstage.«
    » Widenmann wundert sich jedenfalls über den angeblich schleppenden Ausbau von Rosyth«, fährt er fort, » und hält es für ein Manöver, um den Fortschritt der Arbeiten zu verschleiern. Stellen Sie also fest, wie es dort aussieht, Hafenanlagen, Docks, Schleusen, Kräne, Werkstätten und so weiter. Ob dort viel Betrieb ist oder nicht. Schauen Sie, ob Kriegsschiffe dort liegen, und wenn, was für welche.«

Sie biegen um die Ecke und gehen vor bis zum Haupteingang des British Museum. Hier sind viele Leute unterwegs, und Reimers spricht deshalb auf englisch weiter: » Okay. Now listen: Sie müssen am 10. August zurückfahren, und zwar wieder mit dem Flying Scotchman, der fährt ebenfalls um zehn von der Edinburgher Waverley Station ab. Verpassen Sie den Zug ja nicht! Sie fahren aber nicht bis London, sondern steigen in Peterborough aus, eine gute Stunde vor London. Nicht vergessen! Ich warte dort auf Sie.«
    London, Petermans Bookshop, 6. August 1911, Sonntag
    Vivian macht den letzten Eintrag und klappt das Rechnungsbuch zu. » Fertig, Vater«, sagt sie, steht auf und streicht ihren Rock glatt. Sie schickt sich an, nach oben zu gehen, aber Peterman sagt:

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