Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
ihr, daß er nach Edinburgh reisen wird. Von seiner Baedeker-Tarnung sagt er nichts, das wäre doch zu merkwürdig für einen Marineoffizier, nebenher als Reiseschriftsteller zu arbeiten.
» Was hast du denn vor in Edinburgh?«, fragt sie. » Die Marine schickt dich dorthin, nicht wahr?«
» Ja«, gibt er zu, » man möchte, daß ich mir den Flottenstützpunkt dort einmal ansehe.«
» Heißt das, du sollst dort spionieren?«
Er lacht. » Nein, eigentlich nicht. Es ist ganz normal, daß sich Seeoffiziere auf Reisen für Marinedinge interessieren, das tun die von der Royal Navy auch.«
» Hm. Aber wenn ich mich richtig erinnere, sind doch einmal zwei oder drei englische Offiziere deswegen in Deutschland ins Gefängnis gekommen? Wann war das, vor zwei Jahren?«
» Ja, ungefähr. Aber die haben geheime Anlagen betreten und Pläne davon angefertigt. Ich werde mir aber nur das anschauen, was ohnehin jedermann sehen kann.«
Da sieht er plötzlich die zwei steilen Falten auf ihrer Stirn, die ihn jedesmal erschrecken. » Ich weiß nicht. Ist es nicht trotzdem riskant? Was ist, wenn du jemandem auffällst?«
» Was soll schon sein?«, fragt er zurück. » Ich bin doch ein ganz normaler Engländer. Oder meinst du, man merkt mir doch einen deutschen Akzent an?«
» Nein, das nicht. An deinem Englisch ist wirklich nichts auffällig.«
Sie rührt in ihrem Tee herum. Die Falten teilen ihre schöne Stirn noch immer.
» Was denkst du?«, fragt er.
Sie blickt auf und lächelt, zugleich vergehen die Falten.
» Ich denke, daß ich gern mitkommen würde. Was meinst du dazu?«
Auf gar keinen Fall, will er sagen und öffnet schon den Mund, aber da hält ihn ihr Blick zurück. Ihre Augen bitten und glänzen gleichzeitig vor Abenteuerlust.
Natürlich wäre es wunderbar, wenn sie mitkäme nach Schottland! Und wäre es nicht eine gute Tarnung? Als Paar, vielleicht als Jungvermählte, würden sie doch kaum Verdacht erregen.
» Ach, das wäre zu schön«, sagt er, » ich habe nicht gewagt, dich zu fragen. Wo ich doch, wie soll ich sagen…«
» Spionieren soll«, ergänzt sie und grinst.
Er bemüht sich auch um ein Lachen. » Ja, gut. Nennen wir es lieber eine Dienstreise. Aber was wird dein Vater dazu sagen? Wird er das erlauben?«
» Das laß nur meine Sorge sein.« Sie lacht. » Vater kann mir keinen Wunsch abschlagen, obwohl er es natürlich versucht, wenn er etwas für zu verrückt hält. Aber ein paar Tage in Schottland, das ist eigentlich nicht weiter schlimm.«
Sie greift nach seiner Hand. » Er hat Vertrauen zu dir, Adrian, das haben wir doch in Kiel schon gesehen. Und wir haben ja jetzt endlich ein Telephon, hinten in Vaters Büro, da kann ich ihn anrufen, damit er sich nicht sorgt.«
» Gut«, sagt er, » ich meine, daß du mitwillst. Das freut mich sehr!«
» Und ich könnte dir helfen beim Spionieren! Vier Augen sehen mehr als zwei, nicht wahr?«
» Das ist wahr. Außerdem würde es dich nichts kosten.«
» Nein, das kommt nicht in Frage!«, sagt sie und macht eine abwehrende Geste, aber er fällt ihr ins Wort: » Die Marine zahlt alles! Es kostet mich auch nichts, und sie haben mir so viel Geld mitgegeben, daß es leicht für uns beide reicht.«
» Wirklich? Stimmt das auch?« Ganz kurz tauchen die Stirnfalten wieder auf, aber er beruhigt sie. » Ja, natürlich stimmt das! Ehrenwort!«
» Und wann geht’s los?«
» In drei Tagen, am Dienstag. Sechs bis sieben Tage, mit Hinfahrt und Rückfahrt.«
Nachts, allein in seinem Hotelbett, überfallen ihn die Sorgen. Er hätte ihr doch nicht erlauben dürfen mitzukommen. Unverantwortlich! Was, wenn etwas schiefgeht? Wenn sie zusammen verhaftet werden und man seine Aufzeichnungen findet oder gar Aufnahmen von den Hafenanlagen in Rosyth, falls er denn welche machen könnte? Oder gar von Kriegsschiffen?
Aber er konnte ja auch gar nicht anders als » Ja« sagen, nachdem er ihr seinen Auftrag als so harmlos dargestellt hat. Und mit ihr zusammen, das könnte eine Menge Spaß machen, viel mehr, als einsam und allein dort herumzulaufen. Von den Nächten im Hotel ganz zu schweigen.
Auf jeden Fall, nimmt er sich vor, werde ich nichts riskieren, nichts, was sie in Gefahr bringen könnte. Keine Leute ausfragen, kein Herumschleichen um militärische Anlagen. Alles nur von öffentlichen Wegen aus. Außerdem ist da ja meine Tarnung als Baedeker-Kundschafter. Die ist wirklich gut, etwas Besseres hätte sich Reimers gar nicht ausdenken können. Was der wohl zu meinem Plan
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