Verdeckt
das bei Suzanne anders sein?« Lacey schluckte.
Michaels bohrender Blick gab ihr beinahe das Gefühl, etwas Unanständiges gesagt oder getan zu haben.
»
Überleg’ doch mal
, Lacey. Kennst du nicht noch eine andere Turnerin mit gebrochenen Beinen?«
Es gab tatsächlich eine.
»Aber das war ein Unfall … Damals hieß es, die starke Strömung und die Felsen wären der Grund für die Brüche gewesen. Amy ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, Michael … Sie wurde nicht umgebracht. Außerdem war das in Mount Junction, etliche Jahre vor Suzannes Tod.« Ihre eigenen Worte brachten sie ins Grübeln. In Zeitlupe glitt sie von der Arbeitsplatte und schob sich auf einen Barhocker. Ihr schossen alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Es gab keine Verbindung zwischen Suzanne und Amy. Das konnte einfach nicht sein. Amy Smith, eineTurnerin und Mannschaftskameradin, war versehentlich mit ihrem Wagen im Fluss gelandet. Ihre Leiche hatte man erst nach einigen Wochen gefunden. »DeCostas Opfer hatten allesamt gebrochene Oberschenkel. Und du glaubst, Amy gehörte auch dazu?«
»Sie war Turnerin, sie war blond. Sie hatte dieselben Brüche wie die anderen und sie ist tot. Für mich sind das vier Zufälle zu viel. Ich werde der Sache nachgehen.« Michael hatte eine neue Mission. Lacey sah es seinen Augen an. Dieser Mann würde von jetzt an nicht mehr ruhen, bis seine Fragen beantwortet waren.
»Hast du mit der Polizei darüber gesprochen?« Lacey war immer noch ganz durcheinander.
Doch nicht Amy.
»Noch nicht. Bislang ist alles pure Spekulation. Ich fahre erst nach Mount Junction und recherchiere ein bisschen. Okay. Was hast du Harper erzählt?« Michael zog sich einen Hocker heran und setzte sich Lacey Knie an Knie gegenüber. Wieder der bohrende Blick seiner grünen Augen.
Lacey blinzelte. Gerade hatten sie noch von Amy gesprochen. Wie konnte Michael immer wieder derart abrupt das Thema wechseln? »Warum?«
»Oh Mann, Lace. Ich habe dir eine ganz simple Frage gestellt.«
Sie zuckte die Schultern. »Er wollte wissen, was in der Nacht passiert ist, in der Suzanne und ich überfallen wurden. Wir haben uns ein paar Minuten lang darüber unterhalten.« Sie schaute überall hin, nur nicht in Michaels Augen.
»Und ihr habt vor, ein andermal weiterzureden.«
»Und wenn schon!«, blaffte sie.
»Er war mit einem der Opfer zusammen.«
»Das weiß ich.« Lacey sah wieder beiseite. »Ich bin müde. Können wir morgen weiterreden?« Ein Blick auf die Uhr und Michael sprang vom Barhocker. Es war nach Mitternacht. »Tut mir leid, Lace. Aber du solltest wissen, mit wem du es zu tun hast.«
Michael legte ihr die Hand auf die Schulter, hob ihr Kinn und küsste sie zart auf den Mund. »Ich ruf dich morgen an.« Er betrachtete die dunklen Schatten unter ihren Augen und runzelte die Stirn. Lacey wusste, dass er das Gefühl hatte, auf sie achtgeben zumüssen, denn er glaubte, dass sie das selbst nicht ausreichend tat. Vielleicht hatte er ja recht. Jemand, der in Suzannes Fall verwickelt war, hatte Kontakt zu ihr aufgenommen.
Aber bei dem Gespräch mit Jack Harper hatte sie zum ersten Mal seit Ewigkeiten ein gewisses Interesse für einen Mann empfunden. Nachdem sie andere Menschen jahrelang von sich ferngehalten und sich innerlich wie taub gefühlt hatte, fühlte es sich unglaublich gut an, diesen Funken zu spüren. Jack hatte sicher nichts mit dem Auftauchen von Suzannes Überresten zu tun. Jack Harper gehörte zu den Guten. Sie spürte es genau.
Lacey brachte Michael zur Haustür, wo er das einfache Bolzenschloss düster beäugte. »Warum hast du immer noch keine Sicherheitstür und keine Alarmanlage? Soll ich das für dich organisieren?«
»Lass es gut sein, Michael. Ich kann heute Nacht nicht mehr mit dir streiten. Und geh zum Friseur. Bitte.« Lacey stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Einen Moment lang hielt sein Blick sie fest, dann joggte er die Verandastufen hinab. Er strahlte wilde Entschlossenheit aus.
Den Kopf voller Gedanken an Suzanne, Amy und Jack Harper ging Lacey zurück in die Küche.
Z EHN
Mason Callahan hatte einen Blick dafür, wo tatsächlich das große Geld saß. Bei diesem Harper zum Beispiel. Die Büroräume von Harper Immobilien waren in dem unaufdringlich dezenten Stil gehalten, der erfahrungsgemäß ein Vermögen kostete.
Die typischen Farben des Nordwestens bestimmten das Design: kräftige Grau- und Blautöne, dazu erdige Braunnuancen mit tannengrünen Akzenten. Die
Weitere Kostenlose Bücher