Verdeckt
hing am Bildschirm. Sie hatte feuchte Augen, weinte aber nicht. Noch nicht. Seit die DVD lief, hatte sie kein Wort gesagt.
Das viel zu kleine Vernehmungszimmer der Staatspolizei war eine düstere Kammer. Nur ein Besprechungstisch, ein paar Stühle und ein Fernseher mit DVD-Player auf einem Rolltisch standen darin. Ein neuer Anstrich war überfällig. Die Stuhllehnen hatten die schmutzigweiße Farbe von den Wänden gescheuert. Die Decke wölbte sich in einer Ecke wegen eines Wasserschadens, um den sichnie jemand gekümmert hatte, und Masons Stuhl quietschte bei jeder Bewegung erbärmlich.
»Ich denke, wir können davon ausgehen, dass Dr. Campbell beobachtet wird«, sagte Detective Ray Lusco ruhig und sachlich. Er lehnte an der Wand. Mason wusste, dass sein Partner bestrebt war, den Wettstreit der Egos am Tisch in geordnete Bahnen zu lenken, bevor der Siedepunkt erreicht war. Ray verschränkte die Arme über der breiten Brust. Sein Bizeps wölbte sich unter dem gestärkten weißen Hemd.
»Was ist mit Suzanne? Um mich geht es hier doch gar nicht.« Dr. Campbell wedelte mit der Hand in Richtung Bildschirm. »Was ist mit Suzanne passiert? Hat er sie so lang ans Bett gefesselt, bis das Kind zur Welt kam?«, fragte sie gereizt. In ihren feuchten Augen flackerte Zorn.
»Natürlich geht es um dich«, sagte Harper. »Suzanne ist tot, aber du bist am Leben. Und jemand, der weiß, was mit Suzanne passiert ist, spioniert dir hinterher. Das gefällt mir nicht.« Der letzte Satz war an Callahan gerichtet, der zustimmend nickte.
»Ich glaube, wir können mit einiger Sicherheit sagen, dass Ihr Verfolger Trenton und Cochran auf dem Gewissen hat. Die wichtigste Verbindung zwischen DeCosta und den ermordeten Männern ist Suzanne. Die Männer haben wichtige Rollen beim DeCosta-Prozess gespielt und jetzt bezahlen sie dafür mit dem Leben. Darüber haben wir schon bei Ihnen zu Hause gesprochen. Wenn dieser Verrückte nach demselben Muster weitermacht, könnten Sie auch auf seiner Liste stehen. Vielleicht sogar als nächstes Opfer.«
»Aber wozu ihr die DVD schicken und sie wissen lassen, dass sie beobachtet wird?«, warf Harper ein.
Mason schüttelte den Kopf. »Gute Frage. Wir wissen nur, dass er uns etwas sagen will. Aber nicht was. Wir müssen herausfinden, wer den Film gedreht hat. DeCosta wurde keine vierundzwanzig Stunden nach Suzannes Entführung gefasst. Er kann es also nicht gewesen sein. Es gab ganz offensichtlich eine zweite Person. Jemanden, dem er vertraute, den er zu den Opfern ließ. Wir müssen uns seine Familie vornehmen und alle, die viel mit ihm zu tun hatten.Es ist durchaus möglich, dass ein und dieselbe Person beide Teile des Films gedreht hat.« Mason bemerkte die aufflackernde Neugier in Dr. Campbells Blick. »Und es muss jemand sein, der wusste, wohin Sie gestern nach der Arbeit gingen oder der Ihnen gefolgt ist.«
»Der Kerl weiß offensichtlich von Ihrer engen Freundschaft mit Suzanne«, fügte Ray hinzu. »Mit der DVD sagt er Ihnen, dass er das Verhältnis zwischen Ihnen und Suzanne kennt. Außerdem legt er Wert darauf, uns mitzuteilen, dass er hinter den aktuellen Ereignissen steckt.«
»Was meinen Sie damit?« Dr. Campbell rieb sich die Stirn.
»Die Morde an Trenton und Cochran. Suzannes sterbliche Überreste unter meinem Mehrfamilienhaus.« Harpers Worte klangen abgehackt.
»Irgendeine Ahnung, um wen es sich handeln könnte? Haben sich in letzter Zeit Fremde an Sie herangemacht? Bei dem ausgeprägten Ego, mit dem wir es hier zu tun haben, würde es mich nicht wundern, wenn er sich Ihnen genähert oder sogar mit Ihnen gesprochen hätte.« Mason sah, wie Dr. Campbells Gesicht noch eine Spur blasser wurde.
»Für Dr. Campbell ist er vielleicht gar kein Fremder«, gab Ray zu bedenken. »Es könnte eine Person aus ihrer Vergangenheit sein. Während des DeCosta-Prozesses hatte sie es mit zig verschiedenen Leuten zu tun.«
Callahan nickte. »Sind in letzter Zeit irgendwelche alten Bekannten wieder aufgetaucht? Leute, die Sie eher selten sehen?«
Mason sah den alarmierten Blick, den Dr. Campbell Harper zuwarf, und richtete sich auf seinem geräuschvollen Stuhl auf. »Was? Was ist passiert?«
Dr. Campbell schüttelte den Kopf. Sie schien anderer Meinung zu sein als Harper, der düster nickte.
Harper schnaufte. »Wir hatten gestern eine kurze Begegnung mit ihrem Exmann.«
»Gestern Abend?«
»Vor … dem hier.« Harper nickte zum Fernseher hin. »Etwa zehn oder fünfzehn Minuten eher.«
»Und wie
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