Verdeckt
Schwangerschaft erwähnt wird, weiß ich nicht mehr.« Er versuchte, sich zu erinnern. »Aber ich schaue gleich noch einmal nach.«
Er warf Dr. Campbell einen eindringlichen Blick zu. »Und Sie machen sich am besten rar, bis die Sache geklärt ist. Dieser Bekloppte hat ein ungesundes Interesse an Ihnen. Fahren Sie eine Zeitlang weg. Machen Sie Urlaub.«
»Urlaub?«, stammelte sie. »Ich soll Urlaub machen, während hier Leute ermordet werden? Mich an den Strand legen und Mai Tais schlürfen? Ich werde mich nicht verstecken. Für das ganz normale Leben, das ich führe, habe ich lang und hart gekämpft. Auf keinen Fall lasse ich mir von irgendeinem Phantom so viel Angst einflößen, dass ich mir zu Hause oder sonst wo die Decke über den Kopf ziehe und mich nicht mehr unter die Leute wage.« Ihre Stimme versagte. Mason glaubte zu ahnen, durch welche Art von Hölle sie vor einem Jahrzehnt gegangen war. Vermutlich hatte sie jahrelang jeder Schatten erschreckt.
»Ich gehe nirgendwohin.«
Mason bemerkte den glasigen Film über ihren Augen, der vor einer Minute noch nicht dagewesen war. Sie gab sich äußerlich stark, doch in ihrem Schutzwall gab es einen alten Riss, der langsam breiter wurde. Was dahinter zum Vorschein kam, wollte er lieber nicht sehen.
Harper berührte Lacey am Arm. »Er hat recht. Du solltest die Stadt verlassen.«
Sie riss den Arm weg und funkelte ihn an. »Sag du mir nicht, was ich tun soll.« Harper zuckte zurück. Dieselbe Irritation, die auch Mason empfand, spiegelte sich auf seinem Gesicht.
Lacey stand auf, kämpfte sich in ihre dicke Jacke und schnappte ihre Handtasche. »Ich bin hier fertig.« Auf dem Weg nach draußen wich sie jedem Blickkontakt aus. Harper öffnete ihr die Tür. »Die DVD können Sie behalten. Ich will sie nicht mehr sehen.«
Mason hörte das wütende Klacken der Stiefelabsätze im Flur verhallen.
»Sie läuft nicht weg. Wir sind mit meinem Wagen hier.« Harper starrte auf die Tür. Dabei knirschte er vor Frustration mit den Zähnen. Dann beugte er sich zu Mason. »Können Sie irgendetwas für sie tun?«
»Sie schützen, meinen Sie?«
Harper nickte grimmig. »Der Typ könnte sie jederzeit von der Straße pflücken oder aus dem Bett zerren.« Er hielt inne. Mit einem düsteren Blick bezog er Ray in das Gespräch mit ein. »Sie wissen beide, dass der Kerl etwas von ihr will.« Er zeigte auf den leeren Bildschirm des Fernsehers. »Können Sie sich die Hölle vorstellen, durch die ihre Freundin gegangen ist?«, fragte er leise.
Mason traute sich das zu. Es fiel ihm auch nicht schwer, sich über dem schwangeren Körper Dr. Campbells Gesicht an Stelle von Suzannes vorzustellen.
»Offiziell können wir nicht viel tun. Im Augenblick stützen wir uns nur auf Mutmaßungen. Gleichzeitig denke ich, wir sollten sie rund um die Uhr im Auge behalten. Nur schaffen wir das leider nicht.« Mason sah Harper an.
Harper nickte bedächtig.
Als Jack Lacey vor dem Polizeigebäude nirgends entdeckte, stockte ihm der Atem. Die vereiste Straße lag verlassen da, dabei hatte sie höchstens eine halbe Minute Vorsprung. In der Hoffnung, dass sie sich beruhigt hatte und jetzt bei seinem Truck auf ihn wartete, joggte Jack durch den festgefahrenen Schnee zu dem Parkplatz. Er warf einen Blick zum Himmel. Für die nächsten zwölf Stundenwaren fünf bis zehn Zentimeter Neuschnee vorhergesagt. Wenn er Lacey dazu bringen wollte, die Stadt zu verlassen, musste er schnell sein.
Warum zerbrach er sich eigentlich ihren Kopf? Hatte er denn selbst nicht genug am Hals?
Er musste sich um seine Firma kümmern und einen schweren Imageschaden verhindern. Eigentlich hatte er gar keine Zeit, den großen Bruder zu spielen. Und abgesehen davon kannte er die Frau kaum. Doch dann flammte ihr breites Lächeln in seinem Kopf auf und fuhr ihm in die Lunge wie ein Schneidbrenner. Wem versuchte er eigentlich, etwas vorzumachen? Gefühle logisch erklären zu wollen, war sinnlos. Schließlich fühlte man sich nicht aus Vernunftgründen zu jemandem hingezogen. Er wusste nur, wie ihm im Augenblick zumute war. Am liebsten wollte er Lacey vor dem verdammten Video bewahren, ihr Gesicht an seine Brust drücken und die Hände in ihrem Haar vergraben. Der Schmerz und die Verletzlichkeit in den angstvollen braunen Augen zerrissen ihm das Herz.
Er wollte auf etwas einschlagen. Auf jemanden.
Als Jack um die Ecke des Ziegelbaus bog, entdeckte er die zierliche Gestalt neben seinem Truck. Dem Himmel sei Dank. Er würde Lacey nicht
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