Verdeckt
ihnen beiden klar.
Mason sah, wie Harper herumfuhr und mit Blicken die Umgebung absuchte.
Guter Mann. Vielleicht bist du ja der Richtige, um sie zu beschützen.
Wenn Dr. Campbell schon keinen Polizeischutz kriegen konnte, tat es ein Ex-Cop vielleicht auch. Harper schob sie in den Truck und sah sich noch einmal auf dem Parkplatz um.Dann fuhr er so rasant davon, dass die Reifen eine Schneefontäne in die Luft warfen.
Harper hatte etwas Besitzergreifendes. Darin stand er Mason in nichts nach, der sich aufführen konnte wie ein bissiger Köter, der sein Lieblingsspielzeug verteidigte. Harper würde alles Menschenmögliche tun, um Dr. Campbell zu beschützen. Wenn sie ihn ließ.
Aber was war mit diesem Reporter … Brody? Mason dachte an den blonden Mann, der Dr. Campbell bewacht hatte wie eine Bärin ihre Jungen. Unter der coolen Oberfläche dieses Typen lauerte ein aufbrausender, unberechenbarer Charakter. Mason erinnerte sich daran, dass Harper und er sich bei ihrem ersten Gespräch einig gewesen waren, dass der Mann eine Nervensäge erster Güte war.
Wie würde sich Brody in dieses kuschelige Dreieck fügen?
S IEBZEHN
»Ach Jack, verdammt!«
Lacey wühlte in dem Stapel Ordner auf ihrem Schreibtisch in der zahnärztlichen Fakultät. Die Beurteilungen, die sie noch fertig machen musste, fand sie nicht. Sie hatte Jack überredet, sie hier abzusetzen. Den Protest dagegen hatte er erst aufgegeben, als sie ihm demonstriert hatte, wie sicher sie hier war. Ins Gebäude gelangte man nur mit einer Schlüsselkarte und die Fahrzeuge des Sicherheitsdienstes standen gut sichtbar davor. Er hatte selbst etwas im Büro zu erledigen, würde sie aber in einer halben Stunde abholen. Sie hatte ihm versprechen müssen, am Fahrstuhl des Uni-Parkhauses auf ihn zu warten. »In exakt dreißig Minuten«, hatte er geknurrt.
Jack wollte unbedingt, dass sie die Stadt verließ, aber das kam nicht infrage. Sie würde eine Zeitlang im Hotel wohnen. Das war der Kompromiss, auf den sie sich eingelassen hatte. Er bestand darauf, sie zuerst zur Fakultät und dann zum Packen nach Hause zu fahren.
Es ist bloß ein Hotel und nur für ein paar Tage.
Sie würde weder Portland verlassen noch bei der Arbeit fehlen. Jack war der Meinung, sie bräuchte einen Leibwächter. Für Lacey sah es aus, als hätte er den Job bereits selbst übernommen.
Darüber sprechen wir noch mal.
Sie riss die untere Schreibtischschublade auf.
Da lagen die Dinger ja.
Jetzt erinnerte sie sich wieder daran, dass sie die Beurteilungen gestern dort hineingesteckt hatte, als ein Student vorbeigekommen war, um sie nach seinen Noten zu fragen. Sie schnaubte. Warumkonnte sie sich nicht konzentrieren? Was sie brauchte, war eine testosteronfreie Zone. Bei den Hormonmengen, die Jack und die Detectives ausdünsteten, war ihr Bedarf für Monate gedeckt.
Lacey zerrte den Laborkittel von der Stuhllehne und machte sich auf den Weg zur Damenumkleide. Dabei durchquerte sie das verlassene Dentallabor der Fakultät. Sie wunderte sich, dass kein Student die Abendstunden nutzte, um eine zahntechnische Arbeit fertigzustellen. Die vielen langen Nächte, die sie gemeinsam mit Amelia in diesem tristen Gemäuer durchgearbeitet hatte, waren ihr noch gut in Erinnerung. Irgendwann waren sie immer völlig aufgekratzt gewesen, hielten sich mit Kaffee und Schokolade wach und versuchten, nicht die Nerven zu verlieren und in Tränen auszubrechen, wenn sie eine Krone nach stundenlanger Arbeit doch vermurkst hatten.
Gelegentlich hatte jemand einen Sixpack ins Labor geschmuggelt. In solchen Nächten stieg Laceys Fehlerquote gravierend an. Schnell hatte sie gelernt, dass sie nicht gleichzeitig Kronen gießen und Bier trinken konnte. Aber heute Abend war kein Mensch hier. Anscheinend schrieb die heutige Studentengeneration um diese Tageszeit an ihren Hausarbeiten oder betrieb emsig Arbeitsvermeidung.
Den Kittel warf Lacey zu den anderen Mänteln und Schürzen in den Wäschekorb in der Umkleide. Dann sah sie auf die Uhr. In fünf Minuten erwartete Jack sie im Parkhaus.
Lacey sauste den stillen Flur entlang, legte dann aber eine Vollbremsung hin. »Mist.« Sie machte kehrt und hetzte zur Garderobe zurück. Sie hatte vergessen, ihre Kitteltaschen zu überprüfen. Einmal hatte sie aus Versehen die Laborschlüssel darin gelassen. Die Wäscherei behauptete, die Schlüssel nie gefunden zu haben. Lacey fischte den Kittel aus dem Wäschekorb und tastete die Taschen ab. In der Brusttasche spürte sie einen kleinen
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