Verdeckt
Milch gerochen. »Wollte er wieder Geld? Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten.«
»Habe ich auch. Aber
er
sich nicht von
mir
. Und was er wollte, konnte ich ihn nicht mehr fragen.« Lacey verstummte. Sie hatte Jacks Gesichtsausdruck bemerkt und folgte seinem Blick zu der Tasse in Michaels Hand. »Michael« stand in großen Buchstaben darauf.
»Wenn es nach dir ginge, müsste ich mich von vielen Leuten fernhalten, Michael.« Sie neigte den Kopf ein wenig in Jacks Richtung.
»Ja. Aber gutgemeinte Ratschläge scheinen dich nicht zu interessieren.«
Jack schnaubte in seinen Kaffee. Michael starrte ihn an. »Sind Sie anderer Meinung?«
»Sie hört auf niemanden, tut, was ihr passt, und schert sich nicht darum, was für sie am sichersten wäre.«
Nun starrten beide Männer sie vorwurfsvoll an. Sie hatten eine Schnittmenge gefunden: die Sorge um Laceys Sicherheit.
Zeit für einen Themenwechsel. »Ich dachte, du wolltest nach Mount Junction?«, sagte Lacey zu Michael.
»Ich bin quasi schon auf dem Weg zum Flughafen. Aber vorher wollte ich noch nachschauen, wie es dir geht.« Michael stellte die geleerte Tasse so auf die Arbeitsplatte, dass der Schriftzug zu Jack zeigte.
»Hast du ihm von dem Video erzählt?« Jack fixierte die Tasse. Lacey verschluckte sich an ihrem Kaffee. Im Strudel der Ereignisse der letzten Stunden hatte sie die DVD kurzfristig vergessen.
»Von was für einem Video?«
Lacey erklärte Michael, worum es sich handelte, war aber froh, dass sie die Disk bei der Polizei gelassen hatte. Sonst hätte Michael sie auf jeden Fall sehen wollen. Noch einmal würde sie das nicht ertragen.
»Wo ist das Ding? Hast du es noch?«
Sie kannte ihn einfach zu gut.
»Nein. Die DVD ist bei …«
»Ich habe eine Kopie«, sagte Jack.
Lacey starrte ihn an. Wann hatte er die Disk kopiert? Jack zuckte die Schultern. »Bevor wir uns die DVD bei der Polizei angesehen haben, hat Detective Lusco erst mal Kopien gemacht. Ich habe ihn um eine gebeten.«
»Ich will das sehen«, forderte Michael.
Jack sprang auf und marschierte zum Fernseher im Wohnzimmer.
Oh Gott.
Lacey folgte den Männern zögernd. Die Bilder waren einfach zu schrecklich.
Während Jack die DVD in den Player steckte, sank sie verzagt auf die Couch. Michael pflanzte sich neben sie, legte die Unterarme auf die Oberschenkel und konzentrierte sich auf den Bildschirm. Jack nahm in exakt derselben Haltung auf ihrer anderen Seite Platz.
»Augenblick.« Er legte ihr die Hand auf den Arm. »Bist du sicher, dass du dir das noch mal ansehen willst?«
Lacey sprang auf. »Nein. Eigentlich will ich das nicht. Ich warte in der Küche.«
Emsig räumte sie in der Küche die Kaffeetassen weg und wischte die Arbeitsplatten ab, obwohl sie völlig sauber waren. Alles war besser, als noch einmal sehen zu müssen, was sich auf der Disk befand.
»Verdammte Scheiße.«
Michaels Fluch aus dem Wohnzimmer ließ sie zusammenzucken. Das Bild der schwangeren Suzanne spukte durch ihren Kopf und trieb ihr die Tränen in die Augen. Schniefend rubbelteLacey an einem unsichtbaren Fleck auf dem Herd herum. Was hatte Suzanne damals durchgemacht? Schrecken, wie sie selbst sie kannte. Und Schrecken, die sie sich nicht ausmalen wollte.
»Oh bitte! Das glaube ich jetzt nicht!«
Was? Warum war Michael …
Lacey hörte, wie jemand zur Haustür polterte und sah gerade noch, wie Michael das Haus verließ. Über die Schulter warf er ihr einen grimmigen Blick zu. »Pass auf dich auf, Lace.« Dann zog er die Tür hinter sich zu.
Jack saß auf der Couch, die DVD lief noch. Auf dem Bildschirm sah Lacey, wie Jack ihre Autotür zuschlug.
Aha. Michael hatte den Kuss gesehen.
Die Hände in die Hüften gestemmt baute sie sich vor Jack auf. Er hatte keine Ahnung von der Freundschaft, die sie und Michael verband.
»Du bist ein echter Kotzbrocken«, erklärte sie Jack mit fester Stimme.
»Ich konnte ja nicht wissen, dass er so reagiert. Aber dass er das gesehen hat, bedauere ich nicht.«
Das klang ziemlich aufrichtig. Lacey konnte nur den Kopf schütteln. Dann rannte sie hinter Michael her.
Um acht Uhr morgens hatte Detective Callahan bereits zwei Stunden lang gearbeitet. Er knallte den Hörer auf. Wieder nichts. Der Mann, mit dem er sprechen wollte, war vor zwei Jahren bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen. Mit der Bitte, ihren Gatten ans Telefon zu holen, hatte er die Witwe ziemlich aus der Fassung gebracht. Grimmig stierte er auf seine Liste. Eigentlich hätte er das
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