Verderbnis
konnte, durch den morgendlichen Verkehr. Schier endlose Reihen roter Bremslichter leuchteten vor ihm in den Staus, als er hinter Turners Sierra über die A432 und dann auf die M4 fuhr. Sie waren weniger als vier Meilen von der Garage entfernt, als Cafferys Telefon klingelte. Er schob sich den Knopf ins Ohr und meldete sich. Es war Nick, die Familienbetreuerin bei den Costellos, und sie klang panisch. »Es tut mir leid, wenn ich Sie ständig nerve, aber ich mache mir jetzt wirklich Sorgen. Ich habe Ihnen schon drei Nachrichten hinterlassen, und ich glaube, es ist wirklich ernst.«
»Ich hatte viel um die Ohren hier oben. Hab das Telefon stumm geschaltet. Was gibt’s denn?«
»Ich bin bei den Costellos, in der neuen Wohnung in …«
»Ich weiß, wo.«
»Ich sollte hier für eine Stunde vorbeischauen, um zu sehen, wie sie zurechtkommen, aber jetzt bin ich hier und kann nicht rein.«
»Sind sie nicht da?«
»Doch, ich glaube schon, aber sie machen nicht auf.«
»Sie haben doch einen Schlüssel, oder?«
»Ja, aber ich kann die Tür nicht öffnen. Sie haben die Ketten vorgelegt.«
»Ist denn da nicht ein Corporal bei ihnen?«
»Nein. Den hat DC Prody gestern Abend weggeschickt. Aber Prody muss vergessen haben, auf dem Revier Bescheid zu sagen, wenn er geht, denn da war niemand eingeteilt, um ihn abzulösen.«
»Rufen Sie ihn an.«
»Hab ich schon getan. Sein Telefon ist abgeschaltet.«
»Dann die Costellos. Haben Sie’s bei denen schon versucht?«
»Ja, natürlich. Ich hab mit Cory gesprochen, aber der ist nicht in der Wohnung. Sagt, er war die ganze Nacht nicht da. Ich glaube, er und Janice hatten Streit. Er ist jetzt unterwegs. Er hat seine Frau ebenfalls angerufen, aber sie nimmt auch seinen Anruf nicht an.«
» Scheiße! « Caffery trommelte auf dem Lenkrad. Sie waren kurz vor der Ausfahrt auf die A46. Er konnte jetzt entweder links nach Sapperton abbiegen oder rechts nach Pucklechurch und zu der Wohnung mit den Costellos. »Scheiße.«
»Ich muss Ihnen sagen – ich hab Angst.« Nicks Stimme klang zittrig. »Hier stimmt was nicht. Sämtliche Vorhänge sind fest zugezogen. Und niemand meldet sich.«
»Ich komme.«
»Wir brauchen ein Einsatzteam für eine gewaltsame Öffnung. Diese Ketten sind massiv.«
»Okay.«
Er schwenkte nach rechts auf die A46 in Richtung Süden und wählte Turners Telefonnummer. »Planänderung, Kollege.«
»Wie jetzt?«
»Fassen Sie die Einheiten zusammen, und sichern Sie die Garage. Umzingeln Sie sie – weiträumig –, aber unternehmen Sie noch nichts. Warten Sie auf mich. Und schicken Sie mir noch ein Unterstützungsteam zur Wohnung der Costellos. Da stimmt anscheinend irgendwas nicht.«
»Drei Unterstützungseinheiten? Die Einsatzabteilung wird uns lieben.«
»Na, sagen Sie denen, dafür kommen sie in den Himmel.«
49
A uf der Straße nach Pucklechurch galt ein Tempolimit von vierzig Meilen pro Stunde. Caffery fuhr sechzig, so oft die Kolonnen der Pendler es zuließen. Als er ankam, wurde es hell; die Straßenlaternen waren ausgeschaltet. Nick stand auf dem Gehweg; sie trug einen Pepitamantel und schicke hochhackige Stiefel. Sie schaute die Straße entlang und kaute an ihren Fingernägeln. Als sie ihn entdeckte, lief sie zum Randstein und riss die Wagentür auf. »Ich hab da was gerochen. Die Tür geht gerade so weit auf, dass ich den Kopf in den Spalt schieben kann, und da ist ein Geruch.«
»Gas?«
»Eher wie Lösungsmittel. Wie diese Klebstoffschnüffler immer riechen, wissen Sie?«
Caffery stieg aus und sah zu der Wohnung hinauf, zu den geschlossenen Vorhängen hinter den Fenstern. Nick hatte die Haustür offen gelassen, so weit das mit den beiden Ketten möglich war. Er konnte den blauen Teppich auf der Treppe und ein paar Schleifspuren an den Wänden erkennen. Er warf einen Blick auf die Uhr. Das Unterstützungsteam musste jeden Augenblick eintreffen. Sie hatten keinen weiten Weg.
»Halten Sie mal.« Er zog die Jacke aus und gab sie ihr. »Und schauen Sie woandershin.«
Nick ging ein paar Schritte zurück und hob eine Hand, um die Augen abzuschirmen. Caffery warf sich gegen die Tür und drehte sich dabei halb, sodass seine Schulter als Erstes Kontakt bekam. Die Tür sprang fast aus den Angeln und erzitterte dröhnend, aber die Ketten hielten, und er wurde auf den Gehweg zurückgeschleudert. Er hüpfte ein paar Schritte, fand sein Gleichgewicht wieder und versuchte es noch einmal: Er packte die Holzpfosten der kleinen Veranda mit beiden Händen,
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