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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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ich das Netz, Boss.«
    Caffery nahm dem Officer das Telefon ab, kletterte über die Leiter, die die Spurensicherung aufgestellt hatte, aus der Grube, ging zum Fenster und beugte sich blinzelnd ins Tageslicht hinaus. »Inspector Caffery – was kann ich für Sie tun?«
    »Sir, können Sie möglichst schnell herkommen?« Es war die Familienbetreuerin bei den Bradleys, die große Brünette mit dem glänzenden Haar. Er erkannte sie an dem sanften walisischen Tonfall. »Ich meine, sofort?«
    »Wohin?«
    »Hierher – ins Safe House der Bradleys. Bitte. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Caffery hielt sich mit dem Finger das andere Ohr zu, um die Geräusche der Spurensicherung hinter ihm auszublenden. »Was ist denn los? Sie müssen langsam sprechen.«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll. In meiner Ausbildung wurde so was nicht behandelt. Es ist vor zehn Minuten gekommen, und ich kann es nicht ewig vor ihr verstecken.«
    » Was können Sie nicht ewig vor ihr verstecken?«
    »Okay.« Die Betreuerin atmete ein paarmal tief durch, um ihre Fassung wiederzufinden. »Ich hab am Frühstückstisch gesessen – die übliche Szene: Rose und Philippa auf dem Sofa. Jonathan macht wieder Tee, und Roses Telefon liegt vor mir auf dem Tisch. Und plötzlich fängt es an zu blinken. Den Rufton hat sie normalerweise eingeschaltet, aber vielleicht kriegt sie nicht viele SMS , und deshalb ist das Signal dafür stumm. Jedenfalls – ich schaue hin, ganz beiläufig, und …«
    »Und was?«
    »Ich glaube, es ist von ihm. Muss von ihm sein. Von Ted Moon. Eine Kurznachricht.«
    »Haben Sie sie gelesen?«
    »Ich trau mich nicht. Trau mich einfach nicht. Ich kann nur den Betreff lesen. Außerdem glaube ich, es ist keine Text- SMS . Es ist eine MMS .«
    Ein Foto. Scheiße. Caffery richtete sich auf. »Und warum glauben Sie, sie kommt von ihm?«
    »Wegen des Betreffs.«
    »Und der lautet?«
    »O mein Gott.« Die Betreuerin senkte die Stimme, und er konnte ihren Gesichtsausdruck vor sich sehen. »Sir – da steht: ›Martha. Die Liebe meines Lebens.‹«
    »Tun Sie nichts. Rühren Sie sich nicht, und zeigen Sie es vor allem Rose nicht. Ich bin in einer knappen Stunde da.«

54
    A uf dem Weg zum Auto warf Caffery zwei Paracetamol aus der flachen Hand in den Mund und spülte sie mit brühheißem Kaffee aus der Thermosflasche eines Officers der Unterstützungseinheit hinunter. Alle Knochen taten ihm weh. Er hatte eine Liste von Telefonaten, die er erledigen musste, während er mit Myrtle, die schläfrig auf dem Rücksitz lag, die fünfundzwanzig Meilen bis zum Safe House der Bradleys fuhr: organisatorische Anrufe bei seinem Superintendent, beim taktischen Einsatzleiter der Unterstützungsteams im Präsidium, bei der Presseabteilung. Auch in seinem Büro rief er an und erfuhr dort, dass Prody sich bereits aus dem Krankenhaus entlassen hatte; nach einer Informationsbesprechung war er wieder in der Einsatzzentrale und scharrte mit den Hufen: Er wollte etwas tun, um die Ereignisse der vergangenen Nacht gutzumachen. Caffery trug ihm auf, sich mit dem stellvertretenden Sergeant Wellard in Verbindung zu setzen und herauszufinden, ob Flea irgendwo aufgetaucht war.
    »Falls nicht …« Er hielt vor dem Safe House der Bradleys. Alles sah ganz normal aus. Die Vorhänge offen. Eine oder zwei brennende Lampen. Ein bellender Hund. »… sprechen Sie mit ihren Nachbarn, stellen Sie fest, wer ihre Freunde sind. Sie hat irgendwo einen komischen Bruder mit Scheiße im Hirn – reden Sie mit dem. Besorgen Sie sich ein Wegwerfhandy oder eins aus dem Dezernat und schicken Sie mir eine SMS , damit ich Ihre Nummer habe. Und rufen Sie mich an, wenn Sie was rausfinden.«
    »Ja, okay«, sagte Prody. »Ich hab da schon ein paar Theorien.«
    Die Familienbetreuerin machte ihm auf, und schon nach einem kurzen Blick in ihr Gesicht wusste er, dass die Lage noch schlimmer war als bei ihrem Anruf. Sie sah ihn nicht abschätzig und mit sarkastisch hochgezogenen Brauen an, ließ nicht einmal eine Bemerkung über seinen verdreckten Anzug fallen. Sie schüttelte nur den Kopf.
    »Was ist? Was ist denn los?«
    Sie wich an die Wand zurück und öffnete die Tür so weit, dass er in den Flur schauen konnte. Rose Bradley saß in einem pinkfarbenen Hausmantel und Pantoffeln auf der Treppe. Sie hatte die Arme an den Leib gedrückt und ließ den Kopf hängen. Ein dünnes Wimmern drang aus ihrem Mund. Philippa und Jonathan standen wie versteinert in der Wohnzimmertür und starrten sie hilflos an.

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