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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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verschwunden war, haben sie nie was von Moon gehört. Kein Sterbenswörtchen.«
    »Keine Zettel? Keine Briefe?«
    »Nichts. Nicht mal, als Ted verhaftet wurde. Wie Sie wissen, hat er in der Verhandlung nicht geredet, und soweit es die Familie betrifft, rechnen sie nicht damit, von ihm zu hören. Sie haben Ihrem Freund von der Hightecheinheit erlaubt, sich umzusehen. Q? Er sagt, so heißt er, aber persönlich glaube ich, er hat einen schrägen Sinn für Humor. Er hat jedes erdenkliche Gimmick benutzt, aber er konnte nichts finden. Keine Kameras, nada . Die Macys wohnen seit Jahren da, haben auch ein paarmal renovieren lassen, aber nie was Verdächtiges gefunden.«
    »Was ist mit Peter Moon und Sharons Mutter? Irgendein Techtelmechtel?«
    »Nein. Und ich hab ihr geglaubt.«
    » Fuck .« Er strich sich das Haar aus der Stirn. Wieso endete, wenn es um Ted Moon ging, jeder Weg vor einer dicken Backsteinmauer? Moon und seine Handlungen zusammenzubringen, das wollte einfach nicht funktionieren. Nicht wie in den Fällen, wo die Zusammenhänge, wenn sie einmal klar waren, so natürlich ineinanderflossen wie Honig. »Wie sieht’s damit bei den anderen aus? Bei den Bradleys und den Blunts?«
    »Auch nichts. Und das kommt geradewegs von den Familienbetreuerinnen, die, wie wir wissen, meistens die Wahrheit kennen. Vielleicht eine statistische Anomalie, aber diese beiden Paare sind vielleicht die einzigen in ganz Großbritannien, die nebenher nichts Verbotenes tun.«
    »Und Damien? Der ist nicht mit seiner Frau zusammen.«
    »Aber nicht er hat diese Ehe beendet, sondern Lorna. Falls es eine Ehe war. Er sagt, sie waren verheiratet, aber wir können keine Unterlagen darüber finden. Wir sollten wohl eher von einer internationalen Vereinbarung sprechen, nicht wahr?«
    Caffery stand auf und ging zu seinem Whiteboard. Er studierte die Bilder vom Safe House der Costellos, in das Moon eingedrungen war: die Küche, das leere Doppelbett, in dem Janice und Emily geschlafen hatten. Inzwischen müsste es Fortschritte, eine neue Perspektive geben. Er starrte das Modellfoto eines dunkelblauen Vauxhall an und die Bilder des Costello-Wagens, die das kriminaltechnische Labor aufgenommen hatte. Er betrachtete die Gesichter – Cory Costello schaute ernst in die Kamera – und die Linien, die er zwischen den Fotos gezogen hatte und die sie alle mit Ted Moon ganz oben verbanden. Er hob den Kopf und sah Ted Moon wieder in die Augen. Er spürte nichts. Nicht mal ein Flackern.
    Wortlos nahm er einen Stuhl, stellte ihn ans Fenster, setzte sich mit dem Rücken zum Zimmer und starrte hinaus auf die trostlose Straße. Der Himmel war bleigrau. Vorüberfahrende Autos rauschten durch die Pfützen. Caffery fühlte sich alt, so alt. Wenn er diesen Fall bewältigt hätte, was käme dann? Wieder ein Straßenräuber, ein Vergewaltiger, ein Kinderschänder, der ihm die Haut abzog, dass es bis in die Knochen schmerzte?
    »Sir?«, setzte Lollapalooza an, aber Turner brachte sie mit einem Sschh zum Schweigen.
    Caffery drehte sich nicht zu ihnen um. Er wusste, was das Sschh bedeutete: Turner wollte nicht, dass Lollapalooza ihn störte. Er glaubte, wenn Caffery so am Fenster saß, bedeutete das, er denke nach. Er nehme all die Informationen, die er bekommen habe, und verarbeite sie mit der Alchemie seines brillanten Gehirns. Turner glaubte wirklich und wahrhaftig, Caffery werde gleich auf seinem Stuhl herumwirbeln und eine Theorie aus dem Hut zaubern wie einen bunten Papierblumenstrauß.
    Tja, dachte er deprimiert, willkommen im Land der niederschmetternden Enttäuschungen, Kollege. Hoffe, es gefällt Ihnen hier, denn wir werden eine Weile hier wohnen.

69
    D er Tag hatte noch nicht lange begonnen, und der große Garten in Yatton Keynell war von Reif überzogen. Nick hatte im Wohnzimmer das Kaminfeuer angezündet, und Janice saß nicht weit davon entfernt in einem Sessel am Fenster, eine scharf umrissene Silhouette vor dem Licht der fahlen Wintersonne. Sie rührte sich nicht, als ihre Schwester zur verabredeten Zeit die Tür öffnete und die Gäste hereinführte. Niemand stellte Janice vor, aber alle wussten sofort, wer sie war. Sicher lag es an der Art, wie sie dasaß. Ganz von selbst kamen sie auf sie zu, nannten ihren Namen und murmelten ein paar Worte.
    »Es tut mir so leid, was ich da von Ihrer kleinen Tochter höre.«
    »Danke, dass Sie angerufen haben. Wir wollten wirklich mal mit jemand anderem sprechen.«
    »Die Polizei hat bei uns alles auseinandergenommen.

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