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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Zähnen; unkontrolliert schlugen sie aufeinander. »Es wäre nicht das erste Mal, dass die Polizei sich irrt. Vielleicht ist Ted Moon der falsche Mann.« Sie dachte an all die Männer, mit denen Emily im Lauf der Jahre Kontakt gehabt hatte. Vor ihrem geistigen Auge sah sie eine Reihe von Gesichtern – die Lehrer in der Schule, ein Footballtrainer mit unreiner Haut, der immer einen Touch zu freundlich mit den Müttern umging, der Milchmann, der manchmal an der Haustür mit Emily sprach. »Vielleicht haben wir alle eine Beziehung zu jemand anderem. Zu jemandem, an den wir noch gar nicht gedacht haben.«
    »Aber zu wem?«
    »Ich weiß es nicht … ich weiß es einfach nicht.«
    Sie schwiegen lange. Draußen waren Janices Schwester und Nick mit Philippa Bradley im Garten unterwegs. Philippa hatte ihren Spaniel mitgebracht, der jetzt mit den Labradorhunden spielte. Ab und zu sah man die drei Frauen vor der Terrassentür, eingemummelt in Mäntel und Schals, hin und her spazieren und Bälle für die Hunde werfen. Sie hinterließen schwarze Fußspuren auf dem von Reif bedeckten Rasen. Janice starrte zu ihnen hinaus und dachte daran, wie Emily früher dort draußen gespielt und gelacht hatte, weil sie sich hinter den Lavendelbüschen verstecken konnte, sodass Janice herauskam und tat, als hätte sie Angst: O nein! Mein kleines Mädchen ist verschwunden! Wo ist meine Emily? Hat das Ungeheuer sie geholt?
    Nicht Ted Moon? Aber wer dann? Wer brachte sie und Cory mit diesen anderen fünf Leuten in Zusammenhang?
    Aus der Ecke meldete Damien sich mit gedämpfter Stimme zu Wort. »Hören Sie.« Er spreizte die Hände und drehte sich zu den hinter ihm sitzenden Leuten um. »Ich hab diesen Scheißkerl auf dem Foto auch noch nie gesehen, aber ich sollte doch was sagen.« Er richtete den Zeigefinger auf Jonathan. »Sie, Mann. Tut mir leid, das zu sagen, aber ich kenne Sie von irgendwoher. Ich denk drüber nach, seit ich hier reingekommen bin.«
    Alle sahen Jonathan an. Der runzelte die Stirn. »Aus der Zeitung, meinen Sie? Ich war ja diese Woche in sämtlichen Blättern.«
    »Nein. Ich hab die Bilder in den Nachrichten gesehen und Sie nicht erkannt; sonst hätte ich der Polizei was gesagt. Aber als ich eben hier reinkam und Sie sah, da dachte ich: Doch, ich kenne den Mann von irgendwoher.«
    »Woher denn?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein.«
    »Gehen Sie in die Kirche?«
    »Nicht mehr seit meiner Kindheit. Bei den Siebenten-Tags-Adventisten in Deptford. Aber nicht mehr, seit ich von zu Hause weg bin. Bei allem Respekt, aber Sie würden mich nicht mal tot in der Kirche finden.«
    »Und Ihr Kind?«, fragte Jonathan. »Ihre Tochter? Wie heißt sie?«
    »Alysha.«
    »Genau. Die Polizei hat mich gefragt. Ich kannte mal eine Alysha, aber die hieß nicht Alysha Graham. Sie hieß Alysha Morefield oder Morton. Ich kann mich nicht genau erinnern.«
    Damien starrte ihn an. »Moreby. Alysha Moreby. Das ist der Name ihrer Mutter, und unter dem Namen hat Lorna sie in der Schule angemeldet.«
    Jonathans Gesicht nahm langsam Farbe an. Alle im Zimmer waren ein Stück nach vorn gerückt und starrten die beiden Männer an. »Moreby. Alysha Moreby. Ich kenne sie.«
    »Woher? Wir sind nie mit ihr in der Kirche gewesen.«
    Jonathans Mund stand halb offen, als sähe er eine schreckliche Wahrheit heraufdämmern, die gleich offenbar werden würde. Etwas, das die ganze Zeit über da gewesen war und die Welt hätte retten können, wenn er nur früh genug daran gedacht hätte. »Aus der Schule«, sagte er abwesend. »Vor meiner Priesterweihe war ich Schulleiter.«
    »Ich hab’s.« Damien schlug sich auf die Schenkel und stieß mit dem Finger in die Luft. »Mr. Bradley  – natürlich. Ich erinnere mich an Sie, Mann. Ich meine, ich hab Sie nie kennengelernt – Lorna hat sich immer um Alyshas Schulkram gekümmert. Aber ich hab Sie gesehen. Ich hab Sie gesehen – am Tor und so.«
    Janice saß vorgebeugt da. Sie hatte Herzklopfen. »Jemand in der Schule. Sie beide kannten Leute in der Schule.«
    »Nein. Ich hatte nie was mit der Schule zu tun«, sagte Damien. »Praktisch gar nichts. Die Schule war Lornas Sache.«
    »Keine Elternpflegschaftsversammlungen?«
    »Nein.«
    »Schulfeste? Basare?«
    »Nein.«
    »Sie haben die anderen Eltern wirklich nicht kennengelernt?«
    »Ich schwör’s. Ich hatte einfach nie was damit zu tun. So war’s in unserer Familie immer. Die Schule ist Sache der Frau.«
    »Aber Ihre Frau«, erklärte

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