Verderbnis
das verdammte Boot .«
Jemand lachte und machte ein paarmal ping-ping wie ein U-Boot-Suchsonar.
»Verflucht, das ist nicht komisch. Dieses Loch kann jederzeit einstürzen. Sieh dir die Risse da an.«
»Okay, okay. Mach mir ein bisschen mehr Platz auf dieser Seite.« Ein Ruck. Ein Beben. Spritzendes Wasser. »So, gut, das war’s.«
Dann wieder Wellards Stimme: »Sie machen es großartig, Boss. Dauert jetzt nicht mehr lange. Entspannen Sie sich. Machen Sie die Augen zu.«
Sie gehorchte. Dankbar ließ sie zu, dass etwas vor ihrem Gesichtsfeld aufstieg und sie kopfüber in eine Kinoleinwand voller Bilder stürzen ließ. Thom, Wellard, Misty Kitson. Eine kleine Katze, die sie als Kind gehabt hatte. Dann Dad – er war neben ihr und streckte lächelnd die Hand aus.
»Es hat funktioniert, Flea.«
»Was hat funktioniert?«
»Das Bonbon. Es hat funktioniert. Hat geknallt, nicht wahr?«
»Ja. Es hat funktioniert.«
»Jetzt noch den letzten kleinen Rest, Flea. Du hast alles so gut gemacht.«
Sie öffnete die Augen. Weniger als einen halben Meter neben ihr glitt eine Wand vorbei. Kalkstein, von Farn und grünem Schleim überwuchert. Das Licht, das von oben kam, war gewaltig und gleißend hell. Ihre Füße hingen nach unten, ihr Kopf befand sich oben. Sie wollte die Hände ausstrecken, um sich abzustützen, aber sie waren an ihren Körper geschnallt. Neben sich erblickte sie das Gesicht eines Mannes, der einen Kletterhelm trug. Es leuchtete hell, als wäre ein Spotlight darauf gerichtet; sie sah jede Pore, jede Falte schwindelerregend klar und auch den von Schmutz und Ruß verschmierten Mund. Der Blick des Mannes war nach unten gerichtet, und er konzentrierte sich auf den Aufstieg.
»Korbtrage«, sagte sie mit schwerer Zunge. »Ich bin in einer Korbtrage.«
Der Mann sah sie ein wenig überrascht an. »Wie bitte?«
»Martha«, sagte sie. »Ich weiß, wo er sie vergraben hat. In einer Grube. Unter dem Wellblech.«
»Was war das?«, rief eine Stimme von oben. »Wovon redet sie?«
»Keine Ahnung. Ihr wird schlecht.« Der Mann schaute ihr prüfend ins Gesicht. »Alles okay?« Er lächelte. »Sie machen’s großartig. Nicht schlimm, wenn Ihnen schlecht wird. Wir haben Sie.«
Sie schloss die Augen und lachte matt. »In einer Grube unter dem Wellblech «, wiederholte sie. »Er hat sie unter dem Wellblech vergraben. Aber Sie verstehen nicht, was ich sage. Oder?«
»Ich weiß, dass Ihnen schlecht ist«, antwortete er. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben Ihnen etwas gegeben. Sie werden sich bald besser fühlen.«
79
W as hat sie gesagt? Wovon redet sie?« Caffery musste schreien, um das Getöse des zweiten Rettungshubschraubers zu übertönen, der jetzt hundert Meter weiter auf der Lichtung am Ende des Weges landete. »Wovon?«
Der Sanitäter kletterte aus dem Loch, und Wellard und zwei Mann seines Teams oben bugsierten die Trage aus dem Schacht. »Sie sagt, ihr wird schlecht «, schrie er. »Schlecht.«
»Schlecht?«
»Das hat sie die ganze Zeit gesagt. Es beunruhigt sie, dass ihr schlecht wird.« Er und Wellard legten Flea mit dem Backboard auf eine fahrbare Trage. Der Notarzt aus dem Rettungshubschrauber – ein kleiner Mann mit dunklem Haar und einer Haut, so schrumplig wie eine Walnussschale – kam herüber, um sie zu untersuchen. Er hob den tragbaren Monitor auf und warf einen Blick darauf, drückte ihren Fingernagel zwischen seinem Daumen und Zeigefinger und überprüfte, wie lange das Blut brauchte, um in das Gewebe zurückzufließen. Flea stöhnte, als er das tat. Sie versuchte, sich auf dem Backboard zu bewegen und die Hand auszustrecken. In ihrem zerrissenen blauen Neoprenanzug sah sie aus wie eine verunglückte Surferin am Strand von Cornwall. Ihr Gesicht war sauber bis auf die schwarz verschmierten Stellen unter den Nasenlöchern, die beim Einatmen nach der Explosion entstanden waren. Ihr Haar hing voller Schlamm und Laubfetzen, und ihre Hände und Fingernägel waren blutverkrustet. Caffery versuchte nicht, in ihre Nähe zu kommen, und ließ den Arzt seine Arbeit tun.
»Mit Ihnen alles okay?«
Caffery hob den Kopf. Der Arzt half dem Sanitäter, das Backboard auf der Trage festzugurten, dabei war sein Blick auf Caffery gerichtet.
»Wie bitte?«
»Ob mit Ihnen alles okay ist?«
»Natürlich. Wieso?«
»Sie wird wieder gesund«, erklärte der Arzt. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
»Ich mache mir keine Sorgen.«
»Ja, ja.« Der Arzt trat die Bremse an der fahrbaren Trage los.
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