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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Kabeltrommel ein paar Schritte weit am Schachtrand entlang. Dann hockte er einen Moment lang da, die Hand auf der Trommel, den Blick auf den LCD -Monitor gerichtet. Schließlich sagte er: »Ich glaube … ja, da ist was.«
    Er drehte den Bildschirm so, dass die andern ihn besser sehen konnten. Caffery und der Bronze Commander beugten sich vor und hielten den Atem an. Caffery konnte sich keinen Reim auf das Bild machen; er sah nur das zerfetzte Metall des Lastkahns.
    Der Techniker zoomte heran. »Da!« Er deutete auf den Schlick und Schlamm am unteren Bildrand. Dort bewegte sich etwas. »Da ist was. Sehen Sie?«
    Caffery strengte sich an. Es sah aus, als blubberten Teerblasen im Kanal. Das Scheinwerferlicht blitzte auf dem Wasser auf, als das, was da war, sich wieder bewegte. Dann wurde etwas für einen kurzen Moment weiß und wieder dunkler. Und noch einmal weiß. Erst nach ein paar Sekunden begriff Caffery, um was es sich handelte: ein Augenpaar, das sich öffnete und schloss. Der Blick dieser Augen durchfuhr ihn wie ein Blitz. » Scheiße !«
    » Das ist sie !« Wellard hängte den Karabinerhaken an seiner Taille an das Petzl-Abseilgerät, trat an den Schacht und lehnte sich rückwärts über den Rand. Prüfend zog er am Seil; sein Blick war konzentriert. » Fuck , das ist sie, und dafür werde ich sie umbringen .«
    »Hey. Was, zum Teufel, haben Sie vor?« Der Bronze Commander trat zu ihm. »Sie gehen da noch nicht runter.«
    »Der Gastest war negativ. Was immer da explodiert ist, ist jetzt weg. Und ich gehe runter.«
    »Aber unsere Zielperson ist da unten.«
    »Das ist okay.« Er klopfte auf die Taschen an seinem Schutzanzug. »Wir haben Taser.«
    »Und das hier ist mein Einsatz, und ich sage, Sie gehen da nicht runter. Wir müssen herausfinden, was es mit dem Geräusch auf sich hat. Und das ist ein Befehl!«
    Wellard biss die Zähne zusammen und starrte den Einsatzleiter durchdringend an. Aber er entfernte sich ein paar Schritte weit vom Rand des Schachts und blieb schweigend stehen. Unbewusst spannte und löste er den Griff am Abseilgerät.
    »Finden Sie heraus, woher das Geräusch kommt«, befahl der Commander dem Kameratechniker. »Stellen Sie fest, was dieses gottverdammte Geröchel ist. Denn von ihr kommt es nicht.«
    »Yep.« Das Gesicht des Technikers wirkte angespannt. »Ich tue mein Bestes. Ich hab nur ein … O Gott!« Er beugte sich zum Bildschirm vor. »O Gott, ja, ich glaube, das ist es – das ist es, was Sie wollten.«
    Alle drängten sich heran. Was sie sahen, war nicht menschlich. Es war verkohlt, verbrannt, blutig. Jetzt wussten sie, warum sie im Wasser des Kanals nichts gesehen hatten. Prody war nicht dort unten. Die Explosion hatte ihn hochgeschleudert, und eine Eisenscherbe hatte ihn oben an die Kanalwand gespießt. Er hing dort wie ein Gekreuzigter. Als die Kamera sich auf ihn zubewegte, rührte er sich nicht. Er konnte sie nur anstarren und nach Luft schnappen, und die Augen quollen ihm aus den Höhlen.
    »Heilige Scheiße«, flüsterte der Bronze Commander beeindruckt. »Heilige Scheiße. Der ist im Arsch. Wirklich im Arsch.«
    Mit klopfendem Herzen starrte Caffery den Monitor an. Unfassbar, wie clever Prody gewesen war. Er hatte sie ausgetrickst, immer und immer wieder. Er hatte sie dazu gebracht, alle ihre Anstrengungen auf diesen Tunnel zu konzentrieren, während die Mädchen, die nur noch Stunden oder vielleicht Minuten zu leben hatten, sich ganz woanders befanden. Und der ultimative Trick, der unüberbietbare Stinkefinger vor dem Gesicht der Polizei wäre es, wenn er jetzt sterben sollte, ohne ihnen irgendetwas zu erzählen.
    Caffery richtete sich auf und wandte sich an Wellard. »Schaffen Sie Ihr Team da runter«, sagte er leise. »Und zwar sofort .«

78
    D ie Sonne war fort, und das Tal lag still da. Der Nachhall des Donners rollte über die Hügelhänge. Aschewolken hingen tief. Vögel aus schwarzem Öl sammelten sich am Horizont.
    Dad schaute staunend zum Himmel. »Also das«, murmelte er, »das nenne ich ein Gewitter .«
    Flea stand ein paar Schritte weit entfernt. Ihr war bitterkalt und so übel wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Das Gewitter hatte einen Gestank hinterlassen, bei dem sich ihr der Magen umdrehte. Es stank nach Wasser, Elektrizität und gekochtem Fleisch. Die Würmer in ihren Eingeweiden, die gefressen hatten und angeschwollen waren, bis sie ihr Inneres verstopften, drückten an ihre Lunge, und es wurde eng in ihrer Brust.
    In der neuen Stille, die über dem

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