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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wollte nicht, dass einer von ihnen jetzt abschweifte und begann, über den Fall Kitson zu reden. Dafür hatte er seine Gründe. »Wer saß an diesem Morgen in Ihrem Auto?«
    »Nur ich und Cleo.«
    »Wo befand sich Ihr Mann?«
    »Neil hatte an dem Tag schon früh eine Sitzung – er arbeitet im Bürgerbüro und berät die Leute in Sorgerechtsfragen und solchen Dingen. Ich fürchte, die Brötchen verdiene ich. Der Kampf ums Dasein ist meine Aufgabe. Ich raffe den schnöden Mammon zusammen.«
    Aber das machte sie gut, dachte Caffery. Cleo war zur King’s School in Bruton gegangen. Eine solche Erziehung kostete ein paar Pfund.
    »Und es passierte vor der Schule?«
    »Nicht direkt davor. Um die Ecke, in der High Street, genauer gesagt. Ich hatte da auf dem Weg zur Schule angehalten, um noch rasch etwas einzukaufen. Als ich zum Wagen zurückkam, ist er einfach … aufgetaucht . Aus heiterem Himmel. Er rannte.«
    »Hat er etwas gesagt? Können Sie sich an irgendetwas erinnern?«
    »Ja. Er sagte: ›Weg da, Schlampe.‹«
    Caffery blickte von seinen Notizen auf. »Wie bitte?«
    »Er sagte: ›Weg da, Schlampe.‹«
    »Der Typ, der uns überfallen hat, hat auch so was gesagt«, berichtete Damien. »Zu mir sagte er: ›Runter, du Scheißer‹, und die Missus hat er ›Schlampe‹ genannt und gesagt, sie soll ihren Arsch bewegen.«
    »Warum?«, fragte Simone. »Ist das wichtig?«
    »Ich weiß es nicht.« Caffery sah Simone unverwandt an. Dieselben Worte hatte der Kerl in Frome zu Rose gesagt. Ganz hinten in seinem Kopf fing etwas zu ticken an. Er räusperte sich, schaute hinunter auf seinen Notizblock und notierte »Redeweise«. Fragezeichen. Einen Kreis um das Ganze. Dann lächelte er zuversichtlich. Damien und Simone musterten ihn mit ernster Miene.
    »Wenn es sich um denselben Mann handelte«, sagte Simone, »ist es dann nicht ein bisschen zu viel Zufall? Drei verschiedene Autos? Jedes Mal mit einem anderen Mädchen darin? Ich meine« – sie senkte die Stimme –, »fragen Sie sich da nicht, ob er es nicht vielleicht weniger auf die Autos abgesehen hat als auf die Mädchen? Fragen Sie sich da nicht, was er womöglich mit Martha angestellt hat?«
    Caffery tat, als hätte er nichts gehört. Er ließ sein Lächeln noch breiter werden, um ihnen zu signalisieren, dass alles, aber wirklich alles gut werden würde. »Ich danke Ihnen beiden für Ihre Zeit.« Er schaltete den MP3 -Rekorder aus und deutete zur Tür. »Wollen wir nachsehen, ob jemand von CAPIT gekommen ist?«

8
    C afferys Büro wurde nur von einem winzigen, ächzenden Radiator in der Ecke beheizt, aber bald waren die Fenster beschlagen, als sich vier Personen in den kleinen Raum zwängten, um Cleo Blunt zu befragen. Caffery stand mit verschränkten Armen in einer Ecke. Eine zierliche Frau in den Fünfzigern, die einen hellblauen Rock mit einem dazu passenden Pullover anhatte, saß an seinem Schreibtisch und hielt eine Liste von Fragen in der Hand. Sie war ein Sergeant von CAPIT . Auf Drehstühlen ihr gegenüber saßen Simone und die zehnjährige Cleo. Cleo trug einen braunen Pullover, Cordjeans und dazu pinkfarbene Kickers. Ihr blondes Haar war zu Zöpfen geflochten. Nachdenklich rührte sie in dem Becher mit heißer Schokolade, die Lollapalooza in der Küche für sie aufgetrieben hatte. Caffery brauchte die reiche Mummy nicht neben ihr sitzen zu sehen, um zu begreifen, dass diese kleine Person Privatschule und Ponyklub-Mitgliedschaft sozusagen im Blut hatte. Man erkannte es an ihrer Haltung. Süß war sie trotzdem. Nicht unangenehm.
    »So«, begann die CAPIT -Frau. »Wir haben dir gesagt, warum du hier bist, Cleo. Ist dir das recht?«
    Cleo nickte. »Ja, alles in Ordnung.«
    »Gut. Also, der Mann, der Mummys Auto gestohlen …«
    »Und nie zurückgebracht hat.«
    »Und nie zurückgebracht hat. Ich weiß, dass du schon einmal über ihn reden musstest. Als ich mit der Polizistin gesprochen habe, die dir all diese Fragen gestellt hat, war sie ziemlich beeindruckt von dir. Sie sagte, du seist wahnsinnig gut darin, dich an Sachen zu erinnern. Du hättest über die Fragen nachgedacht, und wenn du keine Antwort wusstest, hättest du auch keine erfunden. Sie sagt, du warst absolut ehrlich.«
    Cleo lächelte kurz.
    »Aber wir müssen dich jetzt noch einmal befragen. Zum Teil sind es die gleichen Fragen wie beim ersten Mal. Das klingt vielleicht langweilig, aber es ist wichtig.«
    »Ich weiß, dass es wichtig ist. Er hat wieder jemanden, stimmt’s? Ein anderes

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