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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Morgenstunden hatte der Cheftechniker sich noch einmal die Abgüsse der Fußspuren angesehen und neigte dazu, Flea recht zu geben: Die Kratzer sahen tatsächlich so aus, als wären sie mit einem Festmachhaken erzeugt worden. Der Fahndungsberater erschien mit dem ersten Tageslicht auf dem Gelände und markierte einen Abschnitt des Kanals für die Suche. Die Teams erhielten Watstiefel und bekamen einen Zwei-Meilen-Abschnitt zu beiden Seiten der Stelle, wo der Yaris gefunden worden war, zum Absuchen zugewiesen. Aber der Thames und Severn Canal besaßen eine Eigenart, der die Standardsuchteams nicht gewachsen waren: Ein Zwei-Meilen-Abschnitt verlief völlig unsichtbar und unbemerkt durch einen Tunnel tief unter Feldern und Wäldern – der Sapperton-Tunnel. Aufgegeben und äußerst instabil. Eine zwei Meilen lange Todesfalle, nicht mehr und nicht weniger. Nur eine Einheit war dazu ausgebildet, hier zu suchen.
    Um acht hatten sich bereits mehr als vierzig Leute an der Westeinfahrt des Sapperton-Tunnels versammelt. Auf der Zinnenbrüstung über dem Portal standen ungefähr zwanzig Journalisten, die hofften, einen Blick auf das Geschehen unter ihnen zu erhaschen, und eine Handvoll MCIU -Officer in Zivil. Alle schauten hinunter zu Flea und Wellard, die bis zu den Oberschenkeln im schwarzen, stehenden Kanalwasser standen und ihr kleines Zodiac-Schlauchboot bereit machten und mit allem beluden, was sie brauchten, um in den Tunnel einzufahren – mit Sprechfunkgeräten und Sauerstoffzylindern.
    Die Unterwassersucheinheit wusste bereits ein wenig über den Tunnel. Sie hatten ihn vor Jahren benutzt, als sie die Durchsuchung beengter Räume trainierten. Die Stiftung, der er gehörte, hatte ihnen strukturelle Informationen über den Tunnel gegeben: Er war ernsthaft instabil und führte gefährlich nah an der Golden-Valley-Bahnlinie entlang, und jedes Mal, wenn ein Zug vorbeifuhr, brachen große Brocken Bleicherde und Oolith aus der Decke. Die Stiftung legte Wert auf die Feststellung, dass sie nicht mit Sicherheit sagen könne, was sich da drinnen abspiele: Für eine ordnungsgemäße Begehung sei es zu gefährlich dort. Nur eines konnten sie mit Bestimmtheit sagen: Ein massiver, unüberwindlicher Einbruch blockierte mindestens eine Viertelmeile im Tunnel. An der Oberfläche war er undeutlich als eine Reihe baumbewachsener Krater erkennbar, und er begann nicht weit hinter der östlichen Einfahrt und reichte weit in den Tunnel hinein. Zwei von Fleas Leuten hatten Schutzhelme aufgesetzt und waren relativ mühelos die zweihundert Meter zum östlichen Ende des Einbruchs gewatet. Dort hatten sie eine Sonde hineingeschoben – in der vagen Hoffnung, dass sie auf das Team, das vom Westeingang kam, treffen würde. Aber jetzt würden sie vom anderen Eingang aus in den Tunnel eindringen und eineinviertel Meilen weit unter der Erde gehen müssen, bis sie die andere Seite des Einbruchs erreichten. Und hoffentlich würde sich dabei keiner der instabilen Brocken aus der Decke lösen.
    »Sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen?« Caffery war skeptisch. Er trug eine wattierte Jacke und hatte die Hände tief in den Taschen vergraben. Jetzt spähte er an ihnen vorbei in die Dunkelheit, wo Müll und Baumabfälle auf der schwarzen Wasserfläche schwammen. »Und dass die Abteilung für Arbeitssicherheit nichts dagegen hat?«
    Sie nickte, ohne ihm in die Augen zu sehen. Tatsache war, dass die Abteilung für Arbeitssicherheit einen Anfall bekäme, wenn sie wüsste, was sie vorhatte. Aber sie würden es erst erfahren, wenn die verdammte Pressemeute darüber berichtete, und bis dahin wäre die Suche vorbei. Und sie hätten Martha gefunden. »Ja«, sagte sie. »Ich bin sicher.«
    Dabei richtete sie den Blick nach Süden. Wenn er ihre Augen sähe, dachte sie, würde er wissen, dass sie diesem unbeschreiblichen Gefühl folgte: einer Ahnung, die sie ungeduldig an der Leine zerren ließ. Martha zu finden, das war inzwischen nicht mehr nur eine hübsche Feder für den Hut ihrer Einheit. Es bedeutete ihr mehr. Es bedeutete Wiedergutmachung dafür, dass sie vorher so wenig Einsatz gezeigt hatte.
    »Ich weiß nicht.« Caffery schüttelte den Kopf. »Eine mögliche Übereinstimmung bei den Abgüssen – und das ist alles? Eine dürftige Begründung dafür, Polizisten einem solchen Risiko auszusetzen.«
    »Wir wissen, was wir tun. Ich setze keinen von uns einem Risiko aus.«
    »Ich glaube Ihnen, wenn Sie das sagen.«
    »Gut. Immer schön, wenn einem jemand

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