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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Spielerisches mehr. »Sie sind dazu ausgebildet, Fragen zu stellen. Hat man Ihnen nicht auch beigebracht zu erkennen, wann Sie die Klappe halten müssen?«
    »Sie haben mir mal erzählt, jeder Schritt, den Sie tun, sei eine Vorbereitung. Sie haben gesagt, Sie wollen ihr folgen. Für mich war es ein Rätsel, warum Sie wandern. Aber ich glaube es inzwischen zu wissen. Sie sagen, Sie sind kein Seher, aber Sie können über denselben Boden gehen wie ich und darin hundert Dinge erkennen, die ich niemals bemerken würde.«
    »Reden Sie, so viel Sie wollen, Polizist, aber ich verspreche Ihnen nicht, dass ich zuhören werde.«
    »Dann werde ich reden. Ich werde Ihnen alles sagen, was ich weiß über das, was Sie tun. Was es mit dem Wandern auf sich hat, ist mir bekannt. Ein paar andere Dinge hab ich noch nicht herausgefunden. Die Krokusse – sie bilden eine Linie, und das bedeutet etwas, aber ich weiß nicht, was. Dann ist da der Van, den Evans im Steinbruch bei Holcombe abgestellt hat, nachdem er ihre Leiche beseitigt hatte. Der wurde Ihnen in Shepton Mallet gestohlen, und ich weiß nicht, warum Sie so weit von da entfernt sind, wo es passiert ist. Aber ich weiß alles andere. Sie suchen sie immer noch. Sie suchen ihr Grab.«
    Der Walking Man hielt seinem Blick stand. Seine Augen wirkten dunkel und wild.
    »Ihr Schweigen sagt alles«, stellte Caffery fest. »Wissen Sie nicht, dass man durch das, was einer nicht sagt, mehr über ihn erfahren kann als durch das, was er sagt?«
    »Man erfährt mehr über einen Mann aus dem, was er nicht sagt, als aus dem, was er sagt. Ist das ein Polizistenspruch? Eine Binsenweisheit aus den gemütlichen Büros der Gesetzeshüter Ihrer Majestät?«
    Caffery verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Sie verspotten mich nur, weil ich einen wunden Punkt berührt habe.«
    »Nein, ich verspotte Sie, weil ich weiß, wie schwach und nutzlos Sie in Wirklichkeit sind. Sie sind wütend, und Sie bilden sich ein, es wegen des Bösen in der Welt zu sein, aber in Wahrheit macht es Sie rasend, dass Sie dieser Frau gegenüber so hilflos sind. Sie tragen Handschellen und Zwangsjacke. Und das können Sie nicht ertragen.«
    »Und Sie sind wütend, weil Sie wissen, dass ich recht habe. Sie sind wütend, weil Sie trotz all Ihren Einsichten und Ihrem sechsten Sinn auf so etwas hier stoßen« – er wedelte mit der Hand in Richtung des Fabrikgeländes –, »und weil Sie nicht hineinkommen, um es zu durchsuchen. Und es gibt nicht das Geringste, was Sie dagegen tun können.«
    »Gehen Sie weg von meinem Feuer. Gehen Sie weg von mir.«
    Caffery stellte seinen Becher hin. Er stand auf, rollte sorgfältig die Isomatte zusammen und legte sie neben die Teller und die anderen Habseligkeiten des Walking Man. »Danke, dass Sie meine Fragen beantwortet haben.«
    »Ich habe sie nicht beantwortet.«
    »Doch, das haben Sie. Glauben Sie mir. Das haben Sie.«

31
    A ls Caffery am nächsten Morgen um acht ins Büro kam, hatten bereits Meetings stattgefunden, Vernehmungen, Telefonate. Unter dem Heizkörper hinter seinem Schreibtisch baute er für Myrtle einen behelfsmäßigen Schlafplatz aus einem alten Handtuch und stellte ihr eine Schüssel Wasser hin. Anschließend wanderte er durch die Gänge und nippte unterwegs an einem sehr heißen Kaffee, nur halb wach und mit rotgeränderten Augen. Er hatte nicht gut geschlafen; das tat er nie, wenn er mitten in einem Fall steckte. Nach dem Streit mit dem Walking Man war er in das von ihm gemietete abgelegene Cottage in den Mendips gefahren, um die Nacht über die Zeugenaussagen zu Emilys Entführung zu studieren. Irgendwann hatte es ein bisschen Scotch gegeben. Die Kopfschmerzen, unter denen er jetzt litt, hätten einen Elefanten umgehauen.
    Der Bürochef brachte ihn auf den neuesten Stand. Lollapalooza und Turner waren immer noch dabei, dem Richter Durchsuchungsbeschlüsse für die letzten Anwesen in den Cotswolds aus den Rippen zu leiern. Die Spurensicherung hatte Janice Costellos Audi auseinandergenommen und ihn, nachdem sie nichts gefunden hatte, unten auf dem Parkplatz abgestellt. Die Familie hatte ihn am Abend zuvor auf dem Weg zu Janices Mutter in Keynsham abgeholt. DC Prody hatte gestern den halben Tag freigenommen. Wahrscheinlich aus Trotz, aber über Nacht schien er offenbar zur Besinnung gekommen zu sein, denn er war seit fünf Uhr da und kümmerte sich um das Material aus den Überwachungskameras. Caffery nahm sich vor, mit ihm Frieden zu schließen. Er ging mit seinem

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