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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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inzwischen leeren Becher in Prodys Büro. »Gibt’s eventuell einen Kaffee?«
    Prody blickte von seinem Schreibtisch auf. »Ich denke schon. Setzen Sie sich.«
    Caffery zögerte. Prody klang mürrisch. Nicht darauf eingehen, dachte er. Tu’s einfach nicht. Er schloss die Tür mit dem Fuß, stellte seinen Becher auf den Schreibtisch, setzte sich und starrte die Wand an. Das Zimmer wirkte inzwischen freundlicher. Die Deckenbeleuchtung funktionierte, an den Wänden hingen Bilder, und in der Ecke lag eine Abdeckplane mit einem Walzenabstreifgitter auf ein paar Farbdosen. Der Geruch von Farbe war überwältigend. »Die Maler waren da, ja?«
    Prody stand auf und schaltete den Wasserkocher ein. »Nicht dass ich darum gebeten hätte. Aber vielleicht hat jemand entschieden, dass man mich ordentlich willkommen heißen sollte. Elektrisches Licht hab ich auch. Soll ich ehrlich sein? Ich bin nur ein bisschen enttäuscht, dass ich nicht zuerst ein Moodboard gekriegt habe.«
    Caffery nickte. Noch immer hörte er diesen mürrischen Unterton. »Und? Was ist über Nacht reingekommen?«
    »Nicht viel.« Prody löffelte Pulverkaffee in die Becher. »Die Straßen rund um die Stelle, wo Emily entführt wurde, sind durchforstet worden, und der einzige dunkelblaue Vauxhall besaß ein anderes Kennzeichen. Wie sich rausstellte, gehörte er einer netten Lady mit zwei Hunden, die in der Nähe einen Friseurtermin hatte.«
    »Und die Kameras in den Bahnhöfen?«
    »Nichts. Bei zweien überhaupt keine Daten, und der, wo man den Yaris fand – Avoncliffe? –, ist eine Bedarfshaltestelle.«
    »Eine Bedarfshaltestelle?«
    »Man streckt den Arm raus, und der Zug hält.«
    »Wie ein Bus?«
    »Wie ein Bus. Aber am Wochenende hat niemand den Zug angehalten. Er hat den Yaris da abgestellt und muss dann zu Fuß weggegangen sein. Die örtlichen Taxiunternehmen haben auch niemanden mitgenommen.«
    Caffery fluchte leise vor sich hin. »Wie macht der Scheißkerl das? Er hat auch die Kennzeichenerfassungskameras umfahren und konnte doch nicht geahnt haben, wo die Einheiten stehen würden, oder?«
    »Ich wüsste nicht, woher.« Prody schaltete den Wasserkocher aus und goss das heiße Wasser in die Kaffeebecher. »Die sind ja mobil, nicht fest installiert.«
    Caffery nickte nachdenklich. Eben war ihm eine vertraute Akte auf Prodys Fensterbrett ins Auge gefallen. Gelb. Aus der Revisionsabteilung. Schon wieder.
    »Zucker?« Prody hielt einen vollen Löffel über einen der Becher.
    »Bitte. Zwei.«
    »Milch?«
    »Ja.«
    Er reichte Caffery den Becher. Der schaute ihn an, nahm ihn aber nicht. »Paul.«
    »Ja?«
    »Ich habe Sie gebeten, sich nicht mit dieser Akte zu beschäftigen. Ich habe Sie gebeten, sie dem Revisionsteam zurückzugeben. Warum ignorieren Sie das?«
    Nach einer kurzen Pause fragte Prody: »Wollen Sie den Kaffee jetzt oder nicht?«
    »Nein. Stellen Sie ihn hin. Erklären Sie mir, warum diese Akte noch hier ist.«
    Prody wartete ein, zwei Sekunden. Dann stellte er den Kaffee auf den Tisch, ging zum Fenster und nahm die Akte in die Hand. Er zog einen Stuhl heran, setzte sich Caffery gegenüber und legte die Akte auf den Schoß. »Ich lasse es auf eine Auseinandersetzung mit Ihnen ankommen, denn ich kann das nicht auf sich beruhen lassen.« Er blätterte in der Akte, bis er eine Landkarte gefunden hatte, die er auf seinem Knie auseinanderfaltete. »Das hier ist Farleigh Wood Hall und das ungefähr der Radius, in dem Sie anfänglich gesucht haben. Sie haben einen großen Teil Ihrer Ressourcen auf die Felder und Dörfer in diesem Radius konzentriert und Haus-zu-Haus-Befragungen außerhalb dieses Radius durchgeführt. Hier ungefähr.«
    Caffery vermied es, den Blick auf die Karte zu richten. Aus dem Augenwinkel sah er, dass die Stelle, auf die Prody zeigte, ungefähr eine halbe Meile weit von der entfernt war, wo Flea den Unfall gehabt hatte. Aber er schaute Prody die ganze Zeit ins Gesicht und hielt sein Wut im Zaum. Er hatte sich geirrt. Prody würde niemals ein Polizist mit ruhiger Hand werden. Da gab es noch etwas anderes hinter der Fassade: eine harte, messerscharfe Intelligenz, die ihn unter den richtigen Umständen zu einem ausgezeichneten Polizisten machen konnte – und zu einem gefährlichen, wenn die Umstände nicht passten.
    »Aber meist haben Sie sich außerhalb dieses Radius weit weg bewegt, in die größeren Städte. Nach Trowbridge, Bath, Warminster. Haben sich Bahnhöfe und Bushaltestellen angesehen und auch ein paar Dealer in der

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