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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Nacht im Haus ihrer Mutter war Cory mühelos eingeschlafen. Während er schnarchte und andere Geräusche von sich gab, hatte sie wach gelegen und verfolgt, wie das Scheinwerferlicht der Autos über die Zimmerdecke wanderte, und darauf gewartet, dass eins anhielt. Hatte auf Schritte gehorcht und die Ohren gespitzt, damit ihr auch nicht das winzigste Geräusch von draußen entging. »Ich sag dir was.« Sie holte das T-Shirt und die Jogginghose, die Cory in der Nacht zuvor getragen hatte. Sie lagen in einem unordentlichen Haufen in dem Koffer, in den er sie am Morgen geschmissen hatte. Sie hob sie auf und warf sie auf das Beistellbett. Dann zog sie Emilys Pyjama aus dem Rucksack und schob ihn unter Corys Kopfkissen. »Was sagst du dazu?«
    »Ich soll bei dir schlafen?«
    »Genau.«
    » Super .« Emily hüpfte fröhlich auf und ab. » Super .«
    »Ja, wirklich super.« Cory stand in der Tür. Er trug einen Anzug, und sein Haar war glatt nach hinten gekämmt. »Und ich kriege das Campingbett. Herzlichen Dank auch.«
    Janice stemmte die Hände in die Hüften und musterte ihn eingehend von oben bis unten. Der Anzug war der teuerste, den er besaß – YSL  – und hatte sie ein kleines Vermögen gekostet. Am Abend zuvor, als sie damit beschäftigt gewesen war, Spielzeug, Lebensmittel, Schlafsäcke und Kleider für Emily einzupacken, hatte er diesen Anzug aus dem Schrank genommen. Jetzt war er damit beschäftigt, die winzigen Paul-Smith-Manschettenknöpfe zu befestigen, die sie ihm letztes Jahr zu Ostern geschenkt hatte. »Du siehst schick aus«, sagte sie kühl. »Was hast du vor? Ein heißes Date?«
    »Ja, so richtig heiß. Ich gehe arbeiten. Warum?«
    » Arbeiten ? Herrgott, Cory.«
    »Was spricht dagegen?«
    »Na, Emily zum Beispiel. Sie hat furchtbare Angst. Du kannst nicht einfach verschwinden.«
    »Ihr seid hier zu viert. Nick geht nirgendwohin, und außerdem sitzt draußen noch ein Officer. Ihr werdet bewacht. Wasserdicht – wirklich wasserdicht . Mein Job dagegen ist nicht ganz so sicher. Unser Lebensunterhalt, Janice , unser Haus, dein Auto – das alles ist nicht ganz so sicher. Also verzeih mir, wenn ich mich diesem Problem widme.«
    Er wandte sich ab und ging in die Diele. Janice sprang auf, lief ihm nach und schloss die Tür hinter sich, damit Emily nichts hören konnte. Cory stand vor dem kleinen, schmutzigen Spiegel neben der Wohnungstür und überprüfte den korrekten Sitz seiner Krawatte. »Cory.«
    »Was ist?«
    »Cory, ich …« Sie holte tief Luft, schloss die Augen und zählte bis zehn. Emily hatte genug zu ertragen. Sie brauchte nicht auch noch zu hören, wie ihre Eltern einander an die Gurgel gingen. »Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du so hart arbeitest«, sagte sie gepresst. Dann öffnete sie die Augen und lächelte. Strahlte. Tätschelte sein Revers. »Das ist alles. Einfach sehr dankbar. Und jetzt wünsche ich dir einen schönen Tag im Büro.«

39
    D ie Highstreet war typisch für tausend andere in England; es gab ein Superdrug, ein Boots und dazwischen ein paar Einzelhandelsgeschäfte. Die Schaufensterbeleuchtungen versuchten sich gegen den Regen und die einsetzende Dämmerung zu behaupten. Acht Mann warteten auf Caffery, als er am Sammelpunkt auf einem Supermarktparkplatz, zweihundert Meter weit von Richard Moons Wohnung entfernt, eintraf. Sie waren in Schutzkleidung: trugen Kevlar-Westen und hielten Schilde und Helme in den Händen. Er erkannte ein paar von ihnen; sie gehörten zur Unterwassersucheinheit und befanden sich hier im allgemeinen Unterstützungsdienst, den sie von Zeit zu Zeit ausübten.
    »Wo ist Ihr Sergeant?« Die Scheinwerfer des Vans brannten noch, und die Türen standen offen. »Noch im Wagen, ja?«
    »Tag, Sir.« Ein eher kleiner Mann mit kurzen blonden Haaren trat vor und streckte die Hand aus. »Stellvertretender Sergeant Wellard. Wir haben telefoniert.«
    »Stellvertretend? Wo ist denn Sergeant Marley?«
    »Sie kommt morgen wieder. Sie können sie auf dem Handy erreichen, wenn Sie sie brauchen.« Wellard stellte sich so hin, dass er den anderen Männern den Rücken zuwandte, damit sie ihn nicht hören konnten, und senkte die Stimme. »Sir? Ich weiß nicht, wer da gequatscht hat, aber ein paar von den Jungs haben sich in den Kopf gesetzt, dass es dieser Carjacker ist, den wir heute hochnehmen. Stimmt das?«
    Caffery blickte an Wellard vorbei zur Einmündung der kleinen Seitenstraße in die große Hauptstraße und zum Eingang von Moons Wohnung. »Sagen Sie den

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