Verderbnis
Rücken zu, als würde es ihm reichen.
»Prody, verdammt. Benehmen Sie sich nicht wie ein Kind.«
»Ja, schön, aber im Moment komme ich mir genauso vor, Boss. Wahrscheinlich war er an meinem Computer. Offenbar hat das Ding deshalb nie auf Stand-by geschaltet. Da ist alles drin.« Er wedelte mit der Hand über seine Schulter. »Alles. Der ganze Kram. Meine sämtlichen E-Mails. So hat er es geschafft.«
Caffery nagte an der Unterlippe, sah auf die Uhr. »Ich hab einen Job für Sie. Sie müssen jemanden besuchen.«
Prody drehte sich auf seinem Stuhl um. »Ja?«
»Die Erbsenzähler jammern wegen ihrer Etats und schmeißen ihr Spielzeug aus dem Kinderwagen, weil der Personalaufwand im neuen Safe House so hoch ist. Fahren Sie hin, und geben Sie dem Constable für den Nachmittag frei. Sprechen Sie mit den Costellos und mit Nick. Bringen Sie sie auf den neuesten Stand – und versuchen Sie, Janice zu beruhigen, denn sie wird durchdrehen, wenn sie das alles hört. Wenn Sie mit all dem fertig sind – und lassen Sie sich ruhig Zeit, wenn es sein muss –, dann soll das örtliche Revier jemanden schicken, der sie ablöst.«
Prody musterte ihn finster. Er sollte zu einer Frau gehen, die beinahe ihre Tochter verloren hatte, und ihr erklären, dass sie wussten, wer der Scheißkerl war? Dass sie schon längst etwas gegen ihn hätten unternehmen können? Das war nicht gerade die leichte Variante, sondern eine versteckte Strafe. Trotzdem schob er seinen Stuhl zurück, nahm seinen Regenmantel vom Haken und kramte seinen Schlüssel heraus. Wortlos, und ohne jemanden anzusehen, ging er zur Tür.
»Bis später!«, rief Turner ihm nach, aber er gab keine Antwort. Er schloss die Tür hinter sich und ließ die beiden anderen stehen. Turner schaute Caffery an und wollte etwas sagen, aber da klingelte sein Handy. Er meldete sich, hörte zu, beendete das Gespräch, steckte das Telefon ein und fixierte den DI mit ernster Miene.
»Ich nehme an, sie stehen bereit?«, sagte Caffery.
Turner nickte. »Alles bereit.«
Sie blickten einander in die Augen, und jeder wusste, was der andere dachte. Sie hatten Richard Moons Adresse und einen Zeugen, der bestätigte, dass Moon zu Hause war, und jetzt wartete ein Einsatzkommando vor Ort. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass Moon mit ihnen rechnete. Vielleicht saß er gerade nichtsahnend mit einer Tasse Tee vor dem Fernseher.
Aber natürlich würde es so nicht sein. Turner und Caffery wussten es beide. Bis jetzt hatte Moon sie ständig überlistet. Er war hinterhältig und gefährlich. Es gab keinen Grund zu glauben, dass sich daran etwas ändern würde. Trotzdem mussten sie den Versuch wagen. Im Grunde blieb ihnen gar nichts anderes übrig.
38
J asper gefällt es hier nicht. Jasper glaubt, der Mann wird da durch das Fenster hereinkommen.« Die kleine Emily saß auf dem Bett in der Wohnung, in die DI Caffery die Costellos verlegt hatte, und drückte ihren Stoffhasen an die Brust. Zum Lunch hatten sie Spaghetti mit Fleischsauce gegessen, und jetzt bezogen sie die Betten. Emily sah ihre Mutter stirnrunzelnd an. »Dir gefällt es hier auch nicht, oder, Mum?«
»Ich finde es nicht toll .« Janice zog Emilys Barbie-Schlafsack aus dem Müllbeutel, in dem sie ihn transportiert hatte, und schüttelte ihn aus. Das Schlafzimmer hier war hübscher als das zuvor. Tatsächlich war die ganze Wohnung besser als das Polizeihaus. Sauberer, aufgeräumter, mit cremefarbenen Teppichen und weiß lackiertem Holzwerk. »Ich finde es nicht toll , aber auch nicht abscheulich. Und ich weiß, dass es etwas Besonderes hat.«
»Was denn?«
»Ich weiß, dass es sicher ist, dass niemand dir etwas antun wird, solange wir hier sind. Diese Fenster sind spezielle Sicherheitsfenster; dafür haben Nick und die anderen Polizisten gesorgt. Der böse Mann kann dir hier nichts tun, und Jasper auch nicht.«
»Und dir auch nicht?«
»Mir auch nicht. Und Daddy und Nanny nicht. Keinem von uns.«
»Nannys Bett ist zu weit weg.« Emily deutete durch den Korridor zur Tür am hinteren Ende der Wohnung. »Nannys Bett ist da ganz hinten.«
»Aber Nanny gefällt ihr neues Zimmer.«
»Und mein Bett ist zu weit von deinem weg, Mummy. Ich kann dich nachts nicht sehen. Gestern Nacht hatte ich Angst.«
Janice richtete sich auf und schaute hinüber zu dem kleinen Beistellbett, das Nick für Emily in die Ecke geschoben hatte. Dann fiel ihr Blick auf das wacklige Kiefernholzbett, in dem sie und Cory schlafen sollten. In der vergangenen
Weitere Kostenlose Bücher