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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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auf dem Silbertablett serviert haben.«
    Er nahm die Unterlagen von Prodys Schreibtisch, die per Fax aus der Personalabteilung gekommen waren. Ein Foto war an das oberste Blatt geheftet. Richard Moon, einunddreißig. Bei der Polizei vor einem Jahr als »Wartungsofficer« eingestellt, bei der MCIU seit acht Wochen, betraut mit allgemeinen Hausmeisteraufgaben im Gebäude: Wände und Holzwerk anstreichen, Lampen reparieren, lose Fußleisten festnageln, zerbrochene Kloschüsseln auswechseln. Marthas Entführung planen und zusehen, dass er seinen Gewohnheiten nachgehen konnte, ohne erwischt zu werden.
    Prody hatte den Zusammenhang hergestellt, als er sich an einen Zettel erinnerte, den er an jenem Morgen auf seinem Schreibtisch gefunden, zerknüllt und in den Papierkorb geworfen hatte. Eine Mitteilung von Hausmeister Moon: Entschuldigen Sie den Farbgeruch. Und fassen Sie den Heizkörper nicht an . Der Barack-Obama-Kriminaltechniker, der sich mit Handschriften ein wenig auskannte, war sicher gewesen, dass der Zettel von derselben Person stammte, die auch die Briefe an die Bradleys verfasst hatte. Dann hatte jemand darauf hingewiesen, dass die Briefe an die Bradleys und die Costellos auf einem Papier geschrieben worden waren, das verdächtig viel Ähnlichkeit mit den Notizblöcken aufwies, die sie von der Zentrale zugeteilt bekamen. Der Entführer schrieb seine Botschaften auf dem Büromaterial der Polizei. Gerissener ging es kaum.
    Moon hatte am Morgen gearbeitet, aber sein Dienst war mittags zu Ende gewesen. Er musste das Gebäude verlassen haben, als die Besprechung mit dem Spurensicherer begann. Er war hier gewesen, vor ihrer Nase. Caffery betrachtete das Foto und erinnerte sich, dass er den Kerl, groß und übergewichtig, schon ein- oder zweimal auf dem Gelände gesehen hatte. Meist trug er einen Overall, aber auf dem Foto hatte er ein khakifarbenes T-Shirt an. Ein Weißer mit olivfarbener Haut, breiter Stirn, weit auseinanderliegenden Augen, einem vollen Mund. Dunkles Haar, sehr kurz geschnitten. Caffery betrachtete die Augen und versuchte herauszufinden, was sie reflektierten. Die Augen, die gesehen hatten, was mit Martha Bradley passiert war. Den Mund, der Gott weiß was mit ihr angestellt hatte.
    Verdammt, dachte er, was für eine Riesensauerei. Hier würden Köpfe rollen.
    »Auf seinen Namen ist kein Auto zugelassen«, berichtete Turner. »Aber er ist mit einem zur Arbeit gekommen. Viele haben ihn gesehen.«
    »Ich auch«, brummte Prody.
    Die beiden anderen drehten sich zu ihm um. Er saß mit hängenden Schultern auf seinem Stuhl. Viel hatte er noch nicht gesagt; anscheinend war er wütend auf sich, weil er nicht schon früher darauf gekommen war. Eine Zeit lang hatte Caffery sich versucht gefühlt, dieses Versäumnis als Knüppel zu benutzen, um auf ihn einzuprügeln, dass sie Moon eher auf die Schliche gekommen wären, wenn er sich ausschließlich auf diesen Fall konzentriert hätte. Aber Prody war schon beschämt genug. Wenn es hier eine Lektion zu lernen gab, war er sich selbst ein guter Lehrer.
    »Ja … er hatte einen Wagen.« Prody lächelte angewidert. »Raten Sie mal, was für einen.«
    »Oh, bitte«, sagte Caffery matt. »Sagen Sie es nicht. Einen Vauxhall.«
    »Ich hab ihn einmal damit gesehen. Ist mir noch aufgefallen, weil er genauso blau war wie mein Peugeot.«
    »O Gott.« Turner schüttelte entgeistert den Kopf. »Das glaub ich nicht.«
    »Ja, okay. Sie brauchen mich nicht so anzusehen. Ich weiß, dass ich ein Penner bin.«
    »Sie waren heute bei der Umsiedlung der Costellos mit dabei«, warf Caffery ein. »Sagen Sie mir, dass er nicht mit im Raum war. Dass er das Gespräch nicht mit angehört hat.«
    »Nein, hat er nicht. Ganz bestimmt.«
    »Und als Sie die Kennzeichenermittlungskameras postiert haben? Sind Sie sicher, dass er da nicht …?«
    Prody schüttelte den Kopf. »Das war spätabends. Da musste er schon weg gewesen sein.«
    »Woher wusste er es dann? Denn er wusste ganz genau, wo die Kameras standen.«
    Prody wollte etwas sagen, klappte jedoch den Mund gleich wieder zu, als wäre ihm plötzlich ein Licht aufgegangen. Er wandte sich seinem Computer zu und schüttelte die Maus. Der Bildschirm leuchtete auf, er starrte ihn an, und sein Gesicht wurde knallrot. »Fabelhaft.« Er warf die Hände in die Luft. » Fuck , das ist einfach fabelhaft.«
    »Was ist los?«
    Misslaunig schob er den Stuhl zurück, drehte sich damit zur Wand und blieb mit verschränkten Armen sitzen. Er wandte dem Raum den

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