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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Stück weiter auf, langte um den Rahmen herum und knipste das Licht an.
    »Polizei!«
    Wieder wartete er. Das Team stand im Korridor. Alle drückten sich mit dem Rücken an die Wand. Sie hatten Schweiß auf der Stirn. Nur ihre Augen bewegten sich; ihre Blicke huschten umher und kehrten zu Wellard zurück. Als von drinnen keine Antwort kam, gab Wellard ihnen ein Zeichen und stieß die Tür weit auf. Sofort stürmten die Männer hinein und gingen hinter ihren Schilden in Deckung. Vom Korridor aus sah Caffery das verschwommene Spiegelbild des Zimmers auf den Polykarbonatvisieren ihrer Helme. Ein Fenster, ein offener Vorhang. Ein Bett. Sonst nichts. Hinter dem Spiegelbild bewegten sich die Augen der Polizisten hin und her und erfassten, was vor ihnen lag.
    »Oberbett«, flüsterte einer der Männer Wellard zu.
    Wellard brüllte um den Türrahmen herum: »Werfen Sie bitte das Oberbett herunter, Sir. Bitte werfen Sie das Oberbett vor den Polizisten auf den Boden, damit sie es sehen können.«
    Einen Moment lang herrschte Stille, dann hörte man ein leises Rascheln. Das Oberbett lag auf dem Boden, in einem schmuddeligen Bettbezug mit geometrischem Muster.
    »Sir?« Der am nächsten stehende Mann ließ seinen Schild ein wenig sinken. »Er ist kooperativ. Sie können hereinkommen.«
    »Kooperativ«, sagte Wellard zu Caffery und zog seine Handschellen unter der Schutzweste hervor. »Sie können jetzt ran.« Er schob die Tür mit der Schulter noch weiter auf und hielt inne, als sein Blick ins Zimmer fiel. »Äh …« Er drehte sich zu Caffery um. »Vielleicht sollten Sie reinkommen.«
    Caffery legte eine Hand an die Tür und trat vorsichtig ein. Das Schlafzimmer war klein, die Luft darin abgestanden. Überall lag Männerkleidung verstreut. An der Wand stand eine billige Kommode mit einem verschmierten Spiegel. Aber alle Blicke richteten sich auf den Mann, der da im Bett lag. Er war gigantisch – und nackt. Wahrscheinlich wog er knapp zweihundert Kilo. Seine Hände zitterten, als würde elektrischer Strom durch seinen Körper fließen. Ein hohes Wimmern, fast wie ein Pfeifen, drang aus seinem Mund.
    »Richard Moon?« Caffery hielt seinen Ausweis hoch. »Sind Sie Richard Moon?«
    »Das bin ich«, fiepte der Mann. »Ja.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir. Was dagegen, wenn wir uns ein bisschen unterhalten?«

40
    J anice bestand darauf, dass Nick sie einkaufen gehen ließ. Ohne ein paar häusliche Annehmlichkeiten konnte sie hier nicht länger herumsitzen. Sie suchte ihre Familienkreditkarte heraus, und Nick fuhr sie ins Cribbs-Causeway-Shoppingcenter nach Bristol. Bei John Lewis besorgte sie Bettwäsche, Decken und eine Cath-Kidston-Teekanne, und in einem Ein-Pfund-Supermarkt am Ende der Mall erstand sie eine Rieseneinkaufstüte mit Putzmitteln. Dann stöberten sie bei Marks & Spencer herum und kauften alles, was ihnen dort gefiel: Nachthemden für Janices Mutter, Pantoffeln mit Pompoms für Emily, einen Lippenstift und eine Strickjacke für Janice. Nick fand ein »Juicy«-T-Shirt, und Janice bestand darauf, es ihr zu schenken. Dann suchten sie die Lebensmittelabteilung auf und beluden ihre Körbe mit exotischem Beuteltee, Eccles-Gebäck, einer Schale Kirschen und einem halben Lachs, den Janice am Abend mit Dillsauce zubereiten wollte. Es tat gut, die hellen Lichter und die Einkaufsbummler in ihren bunten Sachen zu sehen. Vielleicht, dachte Janice, würde Weihnachten dieses Jahr noch ganz schön werden.
    Als sie zu der kleinen Wohnung zurückkehrten, erwartete sie ein Mann in einem anthrazitgrauen Anzug, der vor dem Haus in einem blauen Peugeot saß. Als Nick stehen blieb, stieg er aus und hielt seinen Ausweis hoch. »Mrs. Costello?«
    »Das bin ich«, sagte Janice.
    »Ich bin Detective Corporal Prody, MCIU .«
    »Sie kamen mir schon bekannt vor. Wie geht’s Ihnen?«
    »Ganz gut.«
    Ihr Lächeln verblasste. »Was ist denn? Warum sind Sie hier?«
    »Ich wollte sehen, ob Sie sich eingerichtet haben.«
    Sie hob die Brauen. »Ist das alles?«
    »Kann ich hereinkommen?«, fragte er. »Es ist kalt hier draußen.«
    Sie sah ihn lange und nachdenklich an. Dann gab sie ihm eine Einkaufstüte und ging auf die Haustür zu.
    Die Zentralheizung lief, und in der Wohnung war es warm. Emily half Nick und Janices Mutter dabei, die Einkäufe auszupacken. Janice schaltete den Wasserkocher ein. »Ich mache jetzt Tee«, sagte sie zu Prody. »Ich brauche jetzt dringend eine gute Tasse. Emily muss Lesen üben; das kann sie mit meiner Mum tun,

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