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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wenn es abends Zeit wurde, ins Bett zu gehen?
    Sein Vater würde seiner Mutter helfen, entschied er. Sie war nie über den Verlust Ewans hinweggekommen und würde immer Hilfe benötigen.
    So war es eben.

42
    E s war nach sieben und Cory noch nicht zurück. Aber das kümmerte Janice nicht. Sie hatte einen fabelhaften Nachmittag verbracht. Wirklich fabelhaft – in Anbetracht der Umstände. Prody hatte Wort gehalten und war geblieben. Er hatte nicht ferngesehen oder telefoniert, sondern die meiste Zeit auf dem Boden gesessen und mit Emily gespielt. Emily war hellauf begeistert von ihm; sie hatte ihn als Kletterturm benutzt und sich auf ihn gestürzt, sich an seine Schultern gehängt und an ihm auf eine Weise hochgezogen, die Cory rasend gemacht hätte. Jetzt war Nick gegangen und Emily mit ihrer Großmutter im Bad. Janice saß mit Prody in der Küche, und der Lachs schmorte im Ofen.
    »Ich glaube, Sie haben auch Kinder.« Mit beiden Daumen drückte Janice den Korken aus der Flasche Prosecco, die sie bei Marks & Spencer besorgt hatte. »Sie sind so was wie ein … Naturtalent, wissen Sie.«
    »Na ja, schon irgendwie …« Er zuckte die Achseln.
    » Schon irgendwie ?« Sie zog eine Braue hoch. »Ich glaube, das müssen Sie mir erklären.« Der Korken knallte. Sie goss den Spumante in zwei Gläser, die sie hinten in einem Schrank entdeckt hatte, und reichte Prody eins davon. »Kommen Sie. Der Lachs braucht noch ein Weilchen. Wir setzen uns ins Wohnzimmer, und Sie erzählen mir alles über ›schon irgendwie‹.«
    »Tu ich das?«
    Sie lächelte. »O ja. Das tun Sie.«
    Im Wohnzimmer zog Prody sein Handy aus der Tasche, schaltete es aus und setzte sich. Emilys Spielsachen lagen überall im Zimmer herum. Normalerweise hätte Janice längst aufgeräumt, damit Ordnung herrschte, wenn Cory nach Hause kam. Doch heute war ihr das egal. Sie hatte die Schuhe abgestreift, die Füße hochgezogen und den Arm auf das Kissen gelegt. Am Anfang brauchte Prody ein bisschen Ansporn. Über diese Dinge rede er nicht gern, sagte er, und überhaupt, sie habe doch selbst genug Probleme, oder?
    »Nein. Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Es hilft mir, meine eigene Situation zu vergessen.«
    »Aber es ist keine schöne Geschichte.«
    »Das macht nichts.«
    »Na ja …« Er lächelte verlegen. »Sie geht so. Meine Ex hat das volle Sorgerecht für die Kinder. Die Sache ist nie vor Gericht gekommen, weil ich mich zurückgezogen und ihr ihren Willen gelassen habe. Sie wollte vor Gericht aussagen, ich hätte sie geschlagen, sie und meine Söhne, seit dem Tag ihrer Geburt.«
    »Und haben Sie das?«
    »Der Älteste hat wohl mal einen Klaps gekriegt.«
    »Was meinen Sie mit ›Klaps‹?«
    »Auf den Hintern.«
    »Aber das ist kein ›Schlagen‹.«
    »Meine Frau wollte unbedingt weg. Sie hatte jemand anderen kennengelernt und wollte die Jungs behalten, und sie hat Freunde und Verwandte dazu überredet, für sie zu lügen. Was konnte ich da machen?«
    »Die Kinder hätten doch etwas gesagt, wenn es nicht wahr wäre, oder?«
    Prody lachte kurz auf. »Sie hat sie dazu gebracht, auch zu lügen. Sie sind zu einem Anwalt gegangen und haben ihm erzählt, ich hätte sie geschlagen. Danach waren dann alle auf ihrer Seite – die Sozialarbeiter, sogar die Lehrer.«
    »Aber warum sollten die Kinder lügen?«
    »Es war nicht ihre Schuld. Sie hat ihnen gedroht, sie würde sie hassen und ihnen das Taschengeld streichen, wenn sie es nicht täten. Und wenn sie es doch täten, würde sie mit ihnen zu Toys R Us fahren. Solche Sachen. Das weiß ich von meinem Ältesten. Er hat mir vor zwei Wochen einen Brief geschrieben.« Prody zog ein zusammengefaltetes blaues Blatt aus der Tasche. »Er sagt, es tue ihm leid, was er den Leuten erzählt hat, aber Mum hätte ihm ein Wii versprochen.«
    »Sieht so aus – und es tut mir leid, dass ich so etwas sage, denn sie ist ja Ihre Exfrau –, aber sieht so aus, als wäre sie ein richtiges Drecksstück.«
    »Es gab eine Zeit, da hätte ich Ihnen recht gegeben. Da dachte ich, sie ist einfach nur bösartig. Aber inzwischen glaube ich, sie hat wahrscheinlich nicht anders gekonnt.« Er steckte den Brief wieder ein. »Ich hätte ein besserer Vater sein können, hätte mehr darauf achten sollen, dass der Job nicht überhandnimmt – die vielen Überstunden, der Schichtdienst. Nennen Sie mich altmodisch, aber ich wollte immer der Beste in meinem Job sein. Es hat keinen Sinn, etwas zu tun, wenn man es nicht perfekt tut.« Er knetete

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